Wahrnehmung: Männern steht der Ärger ins Gesicht geschrieben
Männern sehen wir besser als Frauen an, dass sie verärgert sind – vor allem, wenn sie die Rolle des Chefs innehaben. Darauf deutet nun eine Studie von Forschern um Marc Méhu von der Webster Vienna Private University hin. Méhu und seine Kollegen zeigten ihren Versuchsteilnehmern Bildern von Männern und Frauen, die entweder überrascht, glücklich, traurig, ängstlich oder verärgert dreinblickten oder ihr Missfallen zum Ausdruck brachten. Zu jeder der dargestellten Person legten sie zudem eine Art Lebenslauf vor, der sie entweder als Vorgesetzter am Arbeitsplatz oder als einfacher Angestellter auswies. Die Aufgabe der Versuchspersonen war es schließlich, die entsprechenden Emotionen korrekt zu benennen.
Im Ergebnis ergab sich dabei ein deutlicher Unterschied zwischen den Geschlechtern: So konnten die Probanden vor allem männlichen Chefs den Ärger leichter am Gesicht ablesen als Frauen. In den Augen von Méhu hängt das damit zusammen, dass "Hierarchien und Wettbewerb für Männer wichtige Dimensionen ihrer sozialen Interaktion sind" und Ärger in diesem Rahmen ein bedeutendes Ausdrucksmittel sei. Frauen würden dagegen oft mehr Wert auf ein stabiles soziales Umfeld legen und daher dazu tendieren, ihre Wut zu verbergen. Entsprechend erwarten wir den Ausdruck von Ärgern im Umkehrschluss auch schlicht eher bei einem Mann als bei einer Frau. Bei Frauen identifizierten die Versuchspersonen dagegen häufiger Traurigkeit korrekt, vermutlich weil diese Emotion mit Empathie und Sorge im Zusammenhang steht, so die Forscher. Verglichen sie die Ergebnisse auch im Bezug auf den beruflichen Status der auf dem Bild dargestellten Personen miteinander, so fiel zudem auf, dass die Versuchsteilnehmer durchweg die Gesichtsausdrücke der vermeintlichen Chefs und Chefinnen besser einschätzen konnten. Alles in allem deutet sich damit an, dass es sowohl vom Geschlecht als auch vom beruflichen Status einer Person abhängen kann, ob wir in der Lage sind, ihre Emotionen richtig zu interpretieren, so die Schlussfolgerung der Autoren.
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