Wahrnehmung: Wir sehen, was wir hören
Welchem Sinnesorgan trauen Sie eher: Ihren Augen oder Ihren Ohren? Die meisten Menschen würden auf diese Frage wohl eher zu den Augen tendieren. Doch Geräusche können einen großen Einfluss auf unsere Wahrnehmung haben – auch auf das, was wir zu sehen glauben.
Wie sehr akustische Reize unsere visuelle Wahrnehmung beeinflussen, demonstrierten Fachleute der University of California in San Diego und der École Polytechnique Fédérale de Lausanne. Sie zeigten 185 Versuchspersonen schematische Abbildungen von zwei miteinander kombinierten Objekten – also etwa eine Mischung aus Flugzeug und Rabe oder aus Hammer und Seehund. Diese »Morphs« waren aus unterschiedlich großen Anteilen beider Gegenstände zusammengesetzt. Manchmal war also mehr Flugzeug als Rabe zu erkennen oder umgekehrt. Zudem bekamen die Probanden zu verschiedenen Zeitpunkten während der Experimente Geräusche vorgespielt, die entweder zu einem der beiden Objekte passten oder nichts damit zu tun hatten.
Im Anschluss sollten die Probanden rekonstruieren, was sie eben gesehen hatten. Dazu sollten sie mit einem Schieberegler das richtige »Mischverhältnis« der Gegenstände reproduzieren. Es zeigte sich: Wurde beispielsweise ein hämmerndes Geräusch abgespielt, während eine Mischung aus Hammer und Seehund zu sehen war, zogen die Versuchspersonen den Regler stärker in Richtung Hammer, als sie es allein auf Grund der Abbildung getan hätten. Außerdem reagierten sie schneller.
Dieser Effekt trat aber nicht auf, wenn das Geräusch vor oder nach der Einblendung erklang. Es gehe also nicht um mit dem Ton verknüpfte Erwartungen oder um nachträgliche Bewertungen des Gesehenen, schlussfolgern die Autorinnen und Autoren. Die Wahrnehmung an sich werde durch die Zugabe von auditiven Informationen verändert. »Unsere Studie demonstriert, wie wichtig es ist, die visuelle Verarbeitung als einen integrativen und nicht als einen isolierten Prozess zu untersuchen«, schreiben sie in ihrer Veröffentlichung im Fachmagazin »Psychological Science«
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