Waldbrände: Die weiteren Aussichten: Feuerwetter in Deutschland
Manchmal reicht ein kleiner Funke: In bislang heißen und trockenen Sommern wie 2023 kann aus ein paar kleinen Funken im Handumdrehen ein riesiges Flammenmeer werden. Mit mehr als 100 Sensoren beobachtet das Frühwarnsystem IQ FireWatch deshalb die rund 1,1 Millionen Hektar Wald in Brandenburg. Immer auf der Suche nach Rauch und Hitze, die auf einen entstehenden Waldbrand hindeuten könnten. Immerhin gilt Brandenburg als das Bundesland mit der höchsten Feuergefahr in Deutschland. Allein im Jahr 2022 hat das dortige Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz 523 Waldbrände registriert, die sich auf insgesamt 1426 Hektar ausweiteten.
Damit die Feuerwehren eine Chance haben, die Brände zu löschen, müssen die Flammen möglichst früh entdeckt werden. Dabei kommt modernste Technik zum Einsatz. Die Kameras von IQ FireWatch stammen ursprünglich aus der Weltraumforschung. Sie wurden vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und gemeinsam mit dem Global Fire Monitoring Center in Freiburg für die Entdeckung und Charakterisierung von Vegetationsbränden zur Anwendung gebracht. Die Berliner Firma IQ Technologies for Earth and Space hat die Technik dann für ihre neue Aufgabe fit gemacht. In Brandenburg hat das System die mit Ferngläsern ausgerüsteten Menschen auf den Feuerwachtürmen schon vor 20 Jahren abgelöst. Mittlerweile ist IQ FireWatch in sieben Bundesländern im Einsatz.
Sobald der Deutsche Wetterdienst auch nur eine mittlere Waldbrandgefahr feststellt, registriert der technische Helfer jedes verdächtige Indiz über den Baumkronen und schlägt automatisch Alarm. Er erkennt die kleinste Rauchwolke noch aus 20 Kilometer Entfernung und arbeitet seit zwei Jahren mit künstlicher Intelligenz, um möglichst wenige Fehlalarme zu produzieren. In den Waldbrandzentralen überprüfen Fachleute an Überwachungsmonitoren die eingehenden Meldungen und alarmieren wenn nötig die Feuerwehr.
Schon im Mai erster Waldbrand
Die musste 2023 schon ausrücken, als der Sommer noch gar nicht richtig angefangen hatte. Bereits am 31. Mai brach ein Feuer auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Jüterbog in Brandenburg aus. Dort entwickelt die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg ein Wildnisgebiet, in dem die Natur weitgehend sich selbst überlassen bleibt. Das heißt allerdings nicht, dass man Feuer dort unkontrolliert um sich greifen lässt. Die Sicherheit von Menschen, Infrastruktur und umliegenden Flächen habe oberste Priorität, betont die Organisation. Und auch die Flächen selbst wolle man vor Bränden schützen.
Dazu hat die Stiftung in Abstimmung mit Feuerwehr, Landkreis, Forstverwaltung und weiteren Partnern ein Waldbrandschutzsystem eingerichtet. Brunnen und Entnahmestellen für Löschwasser wurden angelegt, Wege für mögliche Feuerwehreinsätze von Munition geräumt und Brandschutzschneisen von Vegetation befreit. Trotz allem aber waren mehr als 700 Hektar Fläche verbrannt, bis die Feuerwehr die Lage unter Kontrolle gebracht hatte und die Stiftung am 14. Juni 2023 Entwarnung geben konnte. Da beherrschen dann schon die nächsten großen Feuer bei Lübtheen und Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern die Schlagzeilen.
»Vor 2018 waren Waldbrände kein so großes Thema. Wir sehen ganz klar, dass sich die Lage verschärft«
Waldbrand-Experte Johann Georg Goldammer
Nicht nur die oft am Rand der Erschöpfung arbeitenden Feuerwehrleute haben den Eindruck, dass sich solche Ereignisse in letzter Zeit häufen. Und Waldbrandexperte Johann Georg Goldammer bestätigt diesen Trend. Feuer habe es in Wäldern und anderen Landschaften Deutschlands zwar auch früher immer mal wieder gegeben. »Vor 2018 war das aber kein so großes Thema«, erinnert sich der Leiter des Global Fire Monitoring Center. »Wir sehen ganz klar, dass sich die Lage verschärft.« Dabei sei es kein Zufall, dass der Osten Deutschlands besonders häufig betroffen ist. »Dort treffen gleich mehrere Faktoren zusammen, die Landschaftsbrände begünstigen.«
Der Feuer-Cocktail
Dieser explosive Cocktail besteht aus einer Mischung von natürlichen und menschengemachten Zutaten. Klima und Böden spielen ebenso eine Rolle wie brennbare Kiefernplantagen und gefährliche Munitionsreste aus den Weltkriegen und dem militärischen Übungsbetrieb. So reicht eine Ursache der heutigen Feuerprobleme mehr als 10 000 Jahre zurück in die Vergangenheit. Mehrfach haben die Eiszeiten große Teile der heutigen Norddeutschen Tiefebene mit dicken, gefrorenen Panzern überzogen. Gletscher und Schmelzwasserflüsse hinterließen in vielen Regionen große Mengen Sand, der die Böden dort bis heute prägt. Die sprichwörtliche »Märkische Streusandbüchse« in Brandenburg ist durch diese Vorgänge entstanden.
Solche trockenen und nährstoffarmen Böden bieten für viele Pflanzen keine idealen Wachstumsbedingungen. Doch es gibt Überlebenskünstler, die damit zurechtkommen. »Dazu gehört zum Beispiel die Kiefer«, erläutert Pierre Ibisch, der an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) zu Fragen des Waldschutzes forscht. »Das war einer der ersten Bäume, die nach der Eiszeit in das nördliche Mitteleuropa zurückgekommen sind und eine weitere Waldentwicklung eingeleitet haben.«
»An heißen, trockenen und windigen Tagen kann eine einzige Zigarettenkippe ein großes Feuer auslösen, das bis in die Baumkronen reicht«
Pierre Ibisch, Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Geschafft hat die Kiefer das aus eigener Kraft. Ihren späteren Siegeszug aber hat der Mensch direkt und indirekt unterstützt. Erst hat er die nach der Eiszeit entstandenen Laubmischwälder gerodet. Dann wurden durch Beweidung und Streunutzung die humusreichen Oberböden zerstört, die diese in Jahrtausenden gebildet hatten. So trat der alte Eiszeitsand wieder zu Tage. »Für Landwirtschaft waren die degradierten, armen Sandböden einfach nicht ertragreich genug«, erklärt der Biologe. Stattdessen wurden die Flächen später mit Kiefern aufgeforstet. Resultat waren die ausgedehnten Nadelbaumplantagen, die heute viele Landschaften in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern prägen – und die sich lange als durchaus lukrativ erwiesen.
Kiefernwälder verstärken die Gefahr
Allerdings sind diese Monokulturen äußerst feueranfällig. Denn trockene Nadeln, Reisig und Zapfen brennen nicht nur wie Zunder, sondern verändern auch das Erdreich. Sie schaffen saure Verhältnisse, mit denen viele Bodenbewohner schlecht zurechtkommen – vor allem diejenigen, die für den Abbau von organischem Material zuständig sind. »Dadurch zersetzt sich die Streu viel langsamer als etwa in einem Buchenwald, und es wird kein Humus in den Boden eingearbeitet«, erklärt Pierre Ibisch. Mit der Zeit kann sich so ein dicker Teppich aus Rohhumus und brennbarem Material anhäufen, der nur wenig Wasser speichert.
Für viele andere Pflanzen ist das kein sonderlich attraktives Substrat. »Deshalb wächst unter den Kiefern vor allem Gras und Moos, sonst aber eher wenig«, sagt Pierre Ibisch. Und das mache die Sache nicht besser, weil diese Pflanzen bei Dürre austrocknen. Das Mikroklima in solchen Beständen sei viel trockener als in Laubwäldern, zudem könne der Wind besser hindurchfegen. »An heißen, trockenen und windigen Tagen kann dann eine einzige Zigarettenkippe ein großes Feuer auslösen, das bis in die Baumkronen reicht«, so der Forscher.
Ein explosives Erbe
Wenn dann auch noch Munition im Boden liegt, wird es besonders gefährlich. Und das ist gerade im Osten Deutschlands keineswegs ein Ausnahmefall. Allein in Mecklenburg-Vorpommern sind nach Angaben des Forstministeriums 57 400 Hektar Fläche mit Kampfmitteln aus den Weltkriegen oder dem militärischen Übungsbetrieb belastet. In Brandenburgs Wäldern gilt das sogar für rund 290 000 Hektar – ein bundesweiter Rekord.
All die explosiven Überreste sind für die Feuerwehr ein Riesenproblem. Denn wenn es auf den belasteten Flächen brennt, dürfen die Einsatzkräfte aus Sicherheitsgründen nicht näher als 500 Meter an das Feuer heran. Und das gilt nicht nur nach den Seiten, sondern ebenfalls nach oben. »Deshalb dürfen in solchen Situationen eigentlich auch keine Hubschrauber und Löschflugzeuge eingesetzt werden«, betont Johann Georg Goldammer. »Wenn die alten Kampfmittel explodieren, können herumfliegenden Splitter sogar noch in einem Kilometer Entfernung zu schweren Verletzungen führen.« Sicher bekämpfen könne man einen solchen Brand nur mit einem Löschpanzer.
Kontrollierte Brände als Lösung
Empfehlungen, wie man mit diesem Problem umgehen könnte, haben er und sein Team schon vor zehn Jahren bei einem Projekt im Naturschutzgebiet Heidehof-Golmberg bei Jüterbog entwickelt. Auch das ist ein ehemaliger Truppenübungsplatz voller Munition, der mittlerweile wegen seiner wertvollen Heideflächen unter Schutz steht. »Wir sind damals zu dem Ergebnis gekommen, dass man diese Gebiete etwa alle 15 Jahre gezielt mit Feuer behandeln sollte«, so der Forscher. Denn dieses kontrollierte Brennen sorge nicht nur für die ökologisch wichtige Verjüngung der Heidevegetation. »Gleichzeitig kann man so auch die Munition nach und nach frei legen und dann abtransportieren oder vor Ort sprengen.«
Das militärische Erbe bleibt nämlich nicht irgendwo tief im Untergrund liegen. Ähnlich wie die Steine in einem Acker wird es im Winter durch Frostprozesse immer weiter Richtung Oberfläche transportiert. Und wenn es da angekommen ist, sollte es beseitigt werden. »Diese Ideen haben wir der Landesregierung schon 2015 vorgelegt«, erinnert sich Goldammer. »Passiert ist allerdings noch nichts.«
Dabei sieht er das Kampfmittelproblem immer drängender werden. Denn an Granaten, Bomben und Behältern mit Flakmunition nagt der Zahn der Zeit. Wenn sie durchrosten, können sich phosphorhaltige Kampfmittel bei Sonneneinstrahlung und hohen Sommertemperaturen sogar selbst entzünden. Eine achtlos weggeworfene Zigarette ist dann gar nicht mehr nötig, um ein Großfeuer auszulösen. Zumal brandgefährliche Wetterlagen im Zuge des Klimawandels immer häufiger werden.
Weniger Wasser, mehr Feuer
»Wir merken jetzt schon, dass wir immer mehr Hitzetage bekommen und in eine immer größere Trockenheit laufen«, so Pierre Ibisch. »Feuerwetter« nennt er das. Sorge machen dem Biologen dabei nicht nur die ausbleibenden Niederschläge. Sondern auch ein Phänomen, das Fachleute als »Dampfdruckdefizit« bezeichnen. »Auf einer unserer Versuchsflächen in Brandenburg hat dieser Wert 2022 neue Rekorde erreicht«, berichtet der Waldforscher.
Was das bedeutet, zeigt ein Blick auf die Physik der Atmosphäre. Grundsätzlich gilt da ein einfacher Zusammenhang: Je wärmer es ist, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen. Allerdings hat die tatsächlich darin gemessene Wassermenge in den letzten Jahren nicht mit den steigenden Temperaturen Schritt gehalten. Das liegt unter anderem daran, dass weniger Wasser aus den Ozeanen verdunstet ist. Die Gründe dafür sind noch unklar. Jedenfalls ist die Differenz zwischen der tatsächlichen und der maximal möglichen Wassermenge in der Atmosphäre dadurch größer geworden. Und zwar weltweit.
Das aber hat Folgen für die Physiologie der Pflanzen. Wie genau die aussehen, untersucht ein Team um Charlotte Grossiord von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Lausanne. Auch wenn viele Details noch unklar sind, an einem lassen die Experimente im Labor und im Freiland keinen Zweifel: Ein hohes Dampfdruckdefizit setzt viele Bäume unter Wasserstress. Die Gewächse schließen die Spaltöffnungen in ihren Blättern, damit daraus nicht zu viel wertvolle Flüssigkeit verdunstet und in ihren Wasserleitungen keine Embolien entstehen. Diese Sparmaßnahme aber hat ihren Preis. Denn dadurch können die Gewächse nur noch wenig Kohlendioxid aufnehmen, das sie zur Energiegewinnung brauchen. Allzu lange können sie sich das nicht leisten, sonst droht ihnen Hunger oder sogar der Tod. Und das ist noch nicht alles.
Zusätzlich zu den direkten Auswirkungen auf die Pflanzen beschleunigt ein hohes Dampfdruckdefizit die Austrocknung der Böden. Dadurch erwärmen sich die Landflächen noch stärker, und die Vegetation gerät noch mehr unter Wasserstress – ein Teufelskreis, der sich selbst verstärkt. »Das Wasser wird dadurch regelrecht aus der Landschaft gezogen«, sagt Pierre Ibisch. Und auch das kann die Feuergefahr vor allem bei extremen Hitzewellen weiter erhöhen.
Wohin mit dem Totholz?
Was also tun, um die Wälder angesichts solcher Aussichten möglichst feuerfest zu machen? Eine schwierige Frage, bei der selbst Fachleute in einigen Punkten zu durchaus unterschiedlichen Antworten kommen. Umstritten ist etwa, wie man mit abgestorbenen Bäumen und Ästen umgehen sollte. Angesichts der verheerenden Brände der letzten Jahre würde so mancher dieses Material wohl am liebsten ganz aus dem Wald verbannen. Vertreter dieser Fraktion sehen darin vor allem gefährliches Brennmaterial und potenzielle Feuerleitern, auf denen die Flammen noch schneller vom Boden in die Kronen klettern können. Naturschützer betonen dagegen, dass Totholz ein wichtiger Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Pilze ist.
»Das stimmt ja auch«, bestätigt Johann Georg Goldammer. Auch er würde in Zukunft gern einen Wald sehen, der gleichzeitig artenreich, produktiv und feuerfest ist. Allerdings hat er Zweifel, ob sich das in Zeiten des Klimawandels noch überall verwirklichen lässt. »Wir brauchen einen Krisenwald mit Brandschutzkorridoren ohne Totholz«, findet der Forstwissenschaftler. Die Bemühungen, in Deutschlands Wäldern wieder mehr Wildnis zu wagen, sieht er wegen der Brandgefahr skeptisch – vor allem auf munitionsbelasteten Flächen. Dort drohe das gefährliche militärische Erbe dann endgültig einzuwachsen und könne überhaupt nicht mehr geborgen werden.
Pierre Ibisch dagegen gehört zu den Verfechtern der Wildnisstrategie und kommt in Sachen Totholz zu anderen Schlüssen. Dabei will er gar nicht bestreiten, dass das abgestorbene Material besonders in Nadelbaum-Monokulturen zum Problem werden kann. Vor allem Äste und dürrer Reisig von Nadelbäumen könnten ausgezeichnetes Brennmaterial abgeben, weil sie sehr rasch austrocknen. »Totholz ist aber nicht gleich Totholz«, betont der Biologe. Um welche Art von Bäumen handelt es sich? Wie alt und wie dick sind sie? Wie schnell fallen sie um, wenn sie einmal abgestorben sind? Und wie schnell wird ihr Holz dann zersetzt?
Totholz kühlt auch den Waldboden
Das alles spielt in seinen Augen eine Rolle. »Wichtig sind vor allem die alten, dickeren Stämme, die auf dem Boden liegen und verrotten«, erklärt der Forscher. Denn die speichern Wasser und wirken kühlend auf den Untergrund. Wie groß dieser Effekt sein kann, hat er auf kahl geschlagenen Waldflächen in verschiedenen Teilen Deutschlands gemessen. Wo man die abgestorbenen Stämme weggeräumt hatte, stieg die Temperatur an der Bodenoberfläche schon bei Lufttemperaturen um 25 Grad und Sonnenschein mitunter auf 60 bis 70 Grad an. Unter Totholz erreichten die Werte dagegen meist weniger als 15 bis 20 Grad.
Allerdings weiß Pierre Ibisch, dass auch diese Art der natürlichen Klimaanlage ihre Grenzen hat: Wenn es so trocken wird, dass die Zersetzung ins Stocken gerät, fällt sie irgendwann aus. Und dann kann dickes Totholz ebenso austrocknen und brennen. »Das passiert dann mit vergleichsweise hohen Temperaturen, die auf Grund längerer Verweilzeit tiefer in den Boden eindringen und dort Bodenorganismen und Wurzeln des stehenden Waldbestands zum Absterben bringen können«, ergänzt Johann Georg Goldammer.
Blick in die Zukunft
Genau da sieht der Feuerexperte die Gefahr. Seiner Einschätzung nach könnte der Klimawandel solche Ausmaße annehmen, dass bewährte Rezepte aus früheren Zeiten nicht mehr richtig funktionieren. Besorgnis erregend findet er es zum Beispiel, dass immer mehr Feuer in Laubwäldern ausbrechen. Oder dass es selbst vermeintlichen Zukunftsbaumarten wie der Buche mancherorts schon zu trocken wird. Denn das könnte bedeuten, dass eine der populärsten Antifeuerstrategien an ihre Grenzen kommt: Die Umwandlung von Nadelforsten in abwechslungsreiche Laubmischwälder. »Im alten Klima hat das in Brandenburg funktioniert, und das ist ein Erfolg«, sagt der Forscher. »Aber es gibt keine Garantie dafür, dass das auch in Zukunft klappen wird.«
Deshalb ist er auch nicht unbedingt dafür, die Kiefern komplett zu verbannen. Vielleicht könne man ja etwas von natürlichen Beständen dieser Bäume lernen, hofft der Forstwissenschaftler. Er denkt da zum Beispiel an die so genannte helle Taiga in Sibirien, wo die Nadelbäume seit Jahrhunderten vom Feuer beeinflusst werden. »Man sieht das an ihren Jahresringen«, weiß der Experte aus mehr als 30 Jahren Forschungs- und Entwicklungsarbeit in Sibirien. Wundreaktionen und Besonderheiten im Wachstum verraten genau, in welchem Jahr der Stamm angebrannt ist.
Bei einer Kiefer von einer Versuchsfläche in Sibirien fanden sich zum Beispiel die Spuren von acht Feuern, die in der Zeit zwischen 1585 und 1998 gebrannt hatten. Und trotzdem hat die Kiefer überlebt. »Das zeigt, wie gut diese Bestände mit Feuer umgehen können«, sagt Johann Georg Goldammer. Die lichten Naturwälder, in denen kaum Brennmaterial am Boden liegt, sehen allerdings auch völlig anders aus als herkömmliche deutsche Kiefernplantagen. Für letztere sieht der Feuerfachmann keine Zukunft mehr – es sei denn, dass ihr Umbau in Lichtwälder naturnahen Vorbilds gelingen würde.
»Wenn sich die Klimakrise ungebremst verschärft, wird es eng«
Pierre Ibisch, Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Pierre Ibisch betont allerdings, dass der Nordosten Deutschlands unter den aktuellen und zukünftigen Klimabedingungen nicht mit Gebieten in Sibirien zu vergleichen sei. »Wir sehen in Brandenburg bereits, dass es der Kiefer zu heiß wird und sie teilweise flächig abstirbt. Je offener und trockener die Kiefernbestände, desto heißer und schwächer werden sie«, erklärt der Forscher. Dagegen könne man auch in den aktuellen Extremjahren sehen, dass die Laubbäume trotz Klimawandel immer noch Überlebens- und Gestaltungskräfte hätten. So hat der Wissenschaftler auf seinen Versuchsflächen in Brandenburg erlebt, dass diese Gewächse die Ausbreitung von Feuern zumindest bremsen können. Und dass einige von ihnen Überlebenskünstler sind, die nach einem Brand auch wieder austreiben.
Wie der Wald der Zukunft tatsächlich aussehen wird, können beide Wissenschaftler allerdings nicht mit Sicherheit sagen. Und auch sonst niemand. »Wenn sich die Klimakrise ungebremst verschärft, wird es eng«, sagt Pierre Ibisch. »Aber im Moment sollten wir alles dafür tun, das Waldpotenzial zu erhalten – und das geht nur mit Boden und Vegetation, die kühlen und Wasser speichern können.«
Der Erfolg wird sich zeigen. Einfach wird der Kampf gegen die Landschaftsbrände der Zukunft jedenfalls nicht. Zwar gibt es durchaus Möglichkeiten, den Umgang mit den Feuern zu verbessern: Die Palette der Ideen reicht dabei von speziell ausgebildeten und ausgerüsteten Bekämpfungstruppen über eine effektivere Regelung der Zuständigkeiten bis hin zu mehr Geld für die Munitionsräumung. Doch einen 100-prozentigen Schutz gegen Waldbrände wird es nicht geben. Die Feuermelder mit den wachsamen Hightech-Augen sind weiterhin gefragt. Denn die nächste Rauchwolke kommt bestimmt.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.