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Verhandlungen: Wann krumme Gebote überzeugen - und wann nicht

Bisher empfahlen Forscher: Wer mit einem möglichst präzisen Startgebot eine Verhandlung beginnt, hat bessere Chancen, den Preis in die gewollte Richtung zu beeinflussen. Ist der Verhandlungspartner ein Experte, könnte diese Taktik allerdings nach hinten losgehen.
Ein Haufen Geld

980 000 Euro oder 978 781,63 Euro – was ist das bessere Anfangsgebot, wenn man zum Beispiel um den Kaufpreis eines Eigenheims feilscht? Das kommt ganz darauf an, wer der Verhandlungspartner ist, sagen nun Forscher um den Sozialpsychologen David Loschelder von der Leuphana Universität Lüneburg: Bei einem unerfahrenen Gegenüber kann man tatsächlich mit einer krummen Summe besser punkten und den Preis in die gewünschte Richtung drücken. Bei echten Experten sollte man dagegen lieber auf Startgebote mit moderater Präzision setzen.

Loschelder erforscht bereits seit einigen Jahren, mit welcher Taktik Menschen in Verhandlungen am besten fahren – egal ob es um Immobilien, Autos oder Gehälter geht. In früheren Studien entdeckte er gemeinsam mit seinen Kollegen, dass sehr genaue Summen überraschenderweise einen besseren "Anker" für Verhandlungen bieten: Wirft ein Gesprächspartner zu Beginn eine exakte Zahl in den Raum, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man sich am Ende auf einen Preis einigt, der noch relativ nahe am Anfangsgebot liegt. Allerdings vermutete Loschelder schon damals, dass sich dieses Prinzip nicht unendlich weit ausreizen lässt.

Mit 230 Verhandlungsnovizen und 223 professionellen Immobilienmaklern machte er gemeinsam mit seinem Team daher nun noch einmal die Probe aufs Exempel: Die Wissenschaftler legten allen Probanden die gleichen Informationen für eine Immobilie vor, variierten aber die Anzahl der Nullen in dem ausgeschriebenen Preis: Während manche Teilnehmer etwa 980 000 Euro für das Eigenheim zahlen sollten, lautete das Angebot bei anderen beispielsweise 978 000 Euro. Das ging so weit, das ein Teil der Probanden schließlich eine auf Heller und Pfennig genaue Summe genannt bekam. Anschließend sollten die Versuchspersonen ein eigenes Gegenangebot abgeben – und außerdem erklären, wie viel sie maximal bereit wären, für die Immobilie am Ende auszugeben.

Profis mögen keine Centbeträge

Bei der Auswertung der Daten entdeckten die Forscher, dass ein genauer Preis bei den unerfahrenen Probanden wie in früheren Untersuchungen mächtig Eindruck zu schinden schien. Wurden sie mit einer besonders krummen Summe konfrontiert, konterten sie auch mit einem höheren Gegenangebot und trauten sich offenbar nicht, weit mit dem Preis nach unten zu gehen. Anders sah es dagegen bei den Immobilienexperten aus: Bei ihnen zog ein moderat genauer Preis mit fünf präzisen Zahlen das höchste Entgegenkommen nach sich. Angebote, die bis auf die letzte Nachkommastelle ausformuliert waren, sorgten dagegen eher dafür, dass sie versuchten, den Preis stärker zu drücken.

Dieses Phänomen beobachteten die Wissenschaftler nicht nur bei Immobilienmaklern, sondern etwa auch bei Schmuckexperten und Laien, die für eine Diamanthalskette bieten sollten. Die Wissenschaftler glauben, dass Amateure und Profis besonders krumme Summen gleichermaßen ungewöhnlich finden, daraus aber unterschiedliche Schlüsse ziehen: "Amateure scheinen interessanterweise zu denken: 'Diese Zahl ist so präzise, mein Gegenüber muss wirklich einige Zeit über dieses Gebot nachgedacht haben. Oder er oder sie muss sehr kompetent sein.' Experten zweifeln dagegen bei solchen Geboten eher an der Kompetenz des anderen", so Loschelder. Befragungen unter den Probanden stützen diese These.

Eine gute Begründung kann den negativen Eindruck allerdings wieder wettmachen: Präsentierten die Forscher ihren Probanden wirklich gute Gründe, warum es genau dieser und kein anderer Preis sein sollte, ließen sich auch Experten stärker auf die Gebote mit Centbeträgen ein.

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