Fake News: Wann wir hemmungslos Unsinn verbreiten
Eine Falschmeldung als »Fake« zu kennzeichnen, genügt nicht, denn auch dann verbreitet sie sich zunehmend weiter. Das ist das Fazit aus einer Reihe von Experimenten, die jetzt in »Psychological Science« erschienen sind. Wie Daniel Effron von der London Business School und Medha Raj von der Stanford School of Business berichten, habe in den USA rund jeder siebte Erwachsene nach eigenen Angaben schon einmal Nachrichten geteilt, die er für falsch hielt.
Der Psychologe und die Wirtschaftswissenschaftlerin wollten wissen, ob das wiederholte Lesen von Falschmeldungen die Skrupel schwinden lässt. Dazu legten sie insgesamt rund 2000 Onlineversuchspersonen erfundene Schlagzeilen vor, beispielsweise über einen vermeintlichen Alkoholrausch von Hillary Clinton und über eine vermeintliche Amtsenthebung von Donald Trump. Einen Teil davon bekamen die Probanden vorab schon ein- oder mehrmals zu lesen, unter dem Vorwand, ihren Unterhaltungswert zu beurteilen. Etwas später sollten sie diese und andere Schlagzeilen daraufhin bewerten, wie wahr und wie moralisch sie ihnen erschienen. Des Weiteren sollten sie angeben, ob sie die News in den sozialen Medien »liken« oder teilen würden. Zuvor wurden sie informiert, dass es sich laut unparteiischen Recherchen durchweg um Falschmeldungen handelte.
Trotzdem wollten sie eine Meldung desto eher weitergeben, je öfter sie sie bereits gelesen hatten. »Es ist das erste Experiment, das zeigt, dass das Wiederholen einer Fake-News-Schlagzeile die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Menschen sie teilen«, schreiben Effron und Raj. Es handle sich auch um den ersten Beleg dafür, dass es weniger unmoralisch erscheine, eine Fehlinformation zu verbreiten, wenn man ihr schon wiederholt begegnet sei. Der Effekt sei zwar klein. Er könne aber in der Summe dazu beitragen, dass sich selbst offenkundig falsche Behauptungen nicht so schnell aus der Welt schaffen lassen.
Als mögliche Erklärung führen die Autoren unter anderem den »Mere-Exposure-Effekt« an: Wir mögen Menschen und Dinge, die uns vertraut sind, lieber. Das Gehirn könne Bekanntes nachweislich leichter verarbeiten, und womöglich halten wir vertraute Fehlinformationen aus diesem Grund auch eher für wahr. Oder, so eine weitere Erklärung, es handle sich schlicht um Gewöhnung: Jedes Mal, wenn wir einer Falschmeldung begegnen, regen wir uns weniger über sie auf.
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