Erdfrühzeit: Warm trotz schwacher Sonne
Während der ersten zwei Milliarden Jahre ihrer Existenz war die Erde wärmer, als es die Sonneneinstrahlung eigentlich erlaubt hätte: Unser Zentralgestirn feuerte nur mit 70 Prozent seiner heutigen Leistung – zu wenig, um beispielsweise flüssiges Wasser und damit die Entwicklung von Leben zu ermöglichen. Stattdessen sollte unsere Heimat als Eisplanet durchs All kreisen. Dennoch wissen Geologen aus fossilen Belegen, dass es damals geregnet hat und erste Ozeane über den Planeten schwappten. Robin Wordsworth und Raymond Pierrehumbert von der University of Chicago liefern nun eine neue Erklärung für dieses paradoxe Phänomen: Zahlreich zusammenstoßende Wasser- und Stickstoffmoleküle in der frühen Erdatmosphäre sorgten dafür, dass von der Erdoberfläche reflektiertes Sonnenlicht in Form von Infrarot "geschluckt" wurde und die Lufthülle aufheizte – ein sehr früher Treibhauseffekt.
Gesteinsanalysen zeigen laut den Wissenschaftlern, dass vor 3,8 Milliarden Jahren im Erdzeitalter des Archaikums mindestens fünf bis zehn Prozent der Atmosphäre aus Wasserstoff bestanden; heute ist das Gas dagegen mit 0,55 ppm (parts per million) nur in winzigsten Spuren vorhanden: Vulkane setzten damals große Mengen an Wasserstoff frei, der jedoch nur langsam zu Wasser oder anderen Verbindungen umgesetzt wurde. Zudem habe auch die Konzentration an Stickstoff höher gelegen als gegenwärtig, so die Forscher weiter. Erst später wurde er biogeochemisch gebunden und so der Luft entzogen, bis die heutigen Werte erreicht waren. Das in früheren Theorien als potenzieller Verursacher genannte Kohlendioxid scheidet dagegen aus: Statt des prognostizierten 30-prozentigen Anteils an der Atmosphäre betrug er nur ein Promille – zu wenig, um damals eine nachhaltige Erwärmung zu garantieren.
Den Temperaturanstieg führten stattdessen die kollidierenden Stickstoff- und Wasserstoffmoleküle herbei, die sich eigentlich relativ reaktionsträge verhalten, da sie symmetrisch aufgebaut sind und keine Ladung aufweisen. Auf Grund ihrer hohen Konzentrationen in der Atmosphäre kam es damals jedoch sehr häufig zu Zusammenstößen, aus denen Dimere hervorgingen. Wenn Infrarotstrahlung auf diese trifft, beginnen diese zu schwingen und speichern dabei die Energie der Photonen. Laut den Berechnungen von Wordsworth und Pierrehumbert reichte das aus, um einen Treibhauseffekt zu bewirken, der die frühe Erde um bis zu zehn Grad Celsius aufheizte – genug, damit der Planet nicht einfror. Erst als frühe methanogene Mikroben (vor allem Archaea) Wasserstoff und Kohlendioxid zu Methan umsetzten und damit dem System Wasserstoff entzogen, kühlte sich das System wieder etwas ab, bevor sich nach und nach die Sonnenstrahlung verstärkte und sich die heutige Atmosphäre mit ihrer Treibhauswirkung herausbildete.
Die Erkenntnisse der beiden Geologen interessieren auch Exoplanetenforscher. Denn sie legen nahe, dass sich lebensfreundliche Bedingungen auch auf sonnenferneren Planeten oder Monden entwickeln könnten: Es muss nur genügend Wasserstoff in der Gashülle vorhanden sein. Das erweitert die potenziell habitable Zone bis hinaus zu einer Umlaufbahn, die dem des Saturns entspräche.
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