Ökologie: Warnsignale aus der Wüste
In Europa hat der "Schwarze Tod" längst seinen Schrecken verloren, doch in Asien, Afrika und Amerika schlägt die Pest auch heute noch immer wieder zu. Wüstenrennmäuse könnten verraten, wann wieder ein Ausbruch droht.
Almaty, die ehemalige Hauptstadt Kasachstans, die bis 1994 unter dem Namen Alma-Ata bekannt war, gehörte ab den 1960er Jahren zu den Zentren des sowjetischen Biowaffenprogramms. Auch das Kasachische Wissenschaftszentrum für Quarantäne und Zoonosen leistete unter strenger Geheimhaltung militärische Forschung, auch wenn hier angeblich keine biologischen Waffen, sondern lediglich Impfstoffe entwickelt worden sein sollen – so auch gegen die Pest.
Denn der "Schwarze Tod", der im Mittelalter bekanntermaßen mehrfach seinen Tribut gefordert, in Europa aber inzwischen seinen Schrecken verloren hat, ist noch längst nicht besiegt. Nicht nur in Zentralasien, auch in Ost- und Zentralafrika, Südamerika und in den Rocky Mountains der USA gibt es pestverseuchte Reservoire, aus denen die Krankheit immer wieder ausbricht. Dabei überlebt der Erreger, das Bakterium Yersinia pestis, in wild lebenden Nagetieren, wie beispielsweise der Großen Rennmaus (Rhombomys opimus).
Die kasachischen Wissenschaftler hatten daher versucht, die Infektionsraten der Wüstenrennmäuse zu überwachen, um so vor neuen Ausbrüchen rechtzeitig gewarnt zu sein. Das ist aber nicht nur ziemlich aufwändig, sondern vor allem auch kostspielig. Auf Grund der permanenten Finanznot wurde das Programm immer sporadischer durchgeführt; Yersinia pestis konnte sich daher immer häufiger der Überwachung entziehen.
Die Europäische Union, die seit längerem mit Sorge die Entwicklung im fernen Kasachstan verfolgt, versucht daher, zusammen mit dem in Moskau beheimateten Internationalen Wissenschafts- und Technologiezentrum, das sich ebenfalls der Verhinderung der Weitergabe von Massenvernichtungswaffen verschrieben hat, die Arbeit in Almaty zu unterstützen. Deshalb machten sich auch Forscher aus Dänemark, Belgien, Großbritannien und Norwegen unter der Leitung von Herwig Leirs von der Universität Antwerpen auf den Weg, um zusammen mit kasachischen Wissenschaftlern über Pestepidemien zu forschen.
Als die Forscher nun in den handschriftlichen Archiven ihrer kasachischen Kollegen stöberten, konnten sie einen wahren Schatz heben: Hier waren akribisch genau die Populationsgrößen der Wüstenrennmaus sowie die Pestfälle in Kasachstan seit den 1950er Jahren aufgezeichnet.
Wie viele Wühlmäuse, zu denen auch die bekannten Lemminge zählen, zeigt auch die Große Rennmaus drastische Schwankungen in ihren Populationsgrößen, die sich in mehrjährigen Zyklen wiederholen. Bei der Korrelation dieser Populationsschwankungen mit den Pestfällen offenbarte sich ein klarer Zusammenhang: Immer etwa zwei Jahre, nachdem die Population einen Gipfel überschritten hatte, schlug die Pest zu.
Damit ließe sich allein durch die Verfolgung der Populationsschwankungen der Nager die Gefahr einer Pestepidemie verhältnismäßig zuverlässig vorhersagen. Mit einer Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahren hätten die Ärzte genug Zeit, um entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.
Wenn sich die Methode in Zukunft bewähren sollte, dann hätten die Wissenschaftler ein preisgünstiges Mittel in der Hand, rechtzeitig vor dem Schwarzen Tod zu warnen – und vielleicht nicht nur vor diesem, wie Michael Begon von der Universität Liverpool betont: "Der Bedarf war niemals größer, von Wildtieren übertragene Krankheiten wirksam zu überwachen – und zwar sowohl neue Krankheiten wie die Vogelgrippe oder Sars als auch alte Feinde wie die Pest."
Denn der "Schwarze Tod", der im Mittelalter bekanntermaßen mehrfach seinen Tribut gefordert, in Europa aber inzwischen seinen Schrecken verloren hat, ist noch längst nicht besiegt. Nicht nur in Zentralasien, auch in Ost- und Zentralafrika, Südamerika und in den Rocky Mountains der USA gibt es pestverseuchte Reservoire, aus denen die Krankheit immer wieder ausbricht. Dabei überlebt der Erreger, das Bakterium Yersinia pestis, in wild lebenden Nagetieren, wie beispielsweise der Großen Rennmaus (Rhombomys opimus).
Die kasachischen Wissenschaftler hatten daher versucht, die Infektionsraten der Wüstenrennmäuse zu überwachen, um so vor neuen Ausbrüchen rechtzeitig gewarnt zu sein. Das ist aber nicht nur ziemlich aufwändig, sondern vor allem auch kostspielig. Auf Grund der permanenten Finanznot wurde das Programm immer sporadischer durchgeführt; Yersinia pestis konnte sich daher immer häufiger der Überwachung entziehen.
Nach dem Untergang des sowjetischen Imperiums konnte das Institut nur noch unter Mühen weiterarbeiten – und barg damit neue Gefahren: "Hinter einer Holztür mit einem primitiven Schloss" wurden die gefährlichen Krankheitserreger aufbewahrt, beschreibt Dastan Eleukenov, der für das Nichtverbreitungsprogramm von Massenvernichtungswaffen des Monterey-Instituts für Internationale Studien in Almaty tätig ist, die damaligen chaotischen Verhältnisse.
Die Europäische Union, die seit längerem mit Sorge die Entwicklung im fernen Kasachstan verfolgt, versucht daher, zusammen mit dem in Moskau beheimateten Internationalen Wissenschafts- und Technologiezentrum, das sich ebenfalls der Verhinderung der Weitergabe von Massenvernichtungswaffen verschrieben hat, die Arbeit in Almaty zu unterstützen. Deshalb machten sich auch Forscher aus Dänemark, Belgien, Großbritannien und Norwegen unter der Leitung von Herwig Leirs von der Universität Antwerpen auf den Weg, um zusammen mit kasachischen Wissenschaftlern über Pestepidemien zu forschen.
Als die Forscher nun in den handschriftlichen Archiven ihrer kasachischen Kollegen stöberten, konnten sie einen wahren Schatz heben: Hier waren akribisch genau die Populationsgrößen der Wüstenrennmaus sowie die Pestfälle in Kasachstan seit den 1950er Jahren aufgezeichnet.
Wie viele Wühlmäuse, zu denen auch die bekannten Lemminge zählen, zeigt auch die Große Rennmaus drastische Schwankungen in ihren Populationsgrößen, die sich in mehrjährigen Zyklen wiederholen. Bei der Korrelation dieser Populationsschwankungen mit den Pestfällen offenbarte sich ein klarer Zusammenhang: Immer etwa zwei Jahre, nachdem die Population einen Gipfel überschritten hatte, schlug die Pest zu.
Damit ließe sich allein durch die Verfolgung der Populationsschwankungen der Nager die Gefahr einer Pestepidemie verhältnismäßig zuverlässig vorhersagen. Mit einer Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahren hätten die Ärzte genug Zeit, um entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.
Wenn sich die Methode in Zukunft bewähren sollte, dann hätten die Wissenschaftler ein preisgünstiges Mittel in der Hand, rechtzeitig vor dem Schwarzen Tod zu warnen – und vielleicht nicht nur vor diesem, wie Michael Begon von der Universität Liverpool betont: "Der Bedarf war niemals größer, von Wildtieren übertragene Krankheiten wirksam zu überwachen – und zwar sowohl neue Krankheiten wie die Vogelgrippe oder Sars als auch alte Feinde wie die Pest."
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