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Mondforschung: Warum auf dem Mond keine Vulkane mehr spucken

Mondkrater Shorty

Ein Forscherteam um Mirjam van Kan Parker von der Freien Universtät Amsterdam konnte mit Hochdruckexperimenten feststellen, warum auf dem Erdmond keine Vulkane mehr aktiv sind. Allgemein gilt der Mond als eine geologisch tote Welt, deren Oberfläche eigentlich nur noch durch die Einwirkung externer Ereignisse wie dem Einschlag von Asteroiden verändert wird. Dennoch weisen die Auswertungen von Mondbebendaten, die in den 1970er Jahren registriert wurden, auf die Anwesenheit von größeren Mengen an Schmelze im tiefen Mondinneren hin. Dort ist es wegen der Zerfallswärme radioaktiver Elemente nach wie vor heiß genug, dass sich die Gesteine zumindest teilweise verflüssigen.

Künstliches Mondgestein im Rasterelektronen-Mikroskop | Nur etwa einen halben Millimeter messen die Gesteinsproben aus künstlichem Mondgestein, welche das Forscherteam um Mirjam van Kan Parker in Hochdruckexperimenten untersuchte. Das Bild zeigt die dabei entstandene Schmelze bei Raumtemperatur nach dem Versuch und wurde mit einem Rasterelektronen-Mikroskop aufgenommen.
Normalerweise haben aber Gesteinsschmelzen geringere mittlere Dichten als die sie umgebenden festen Gesteine. Sie sollten deshalb nach oben in Richtung der Oberfläche aufsteigen und in Vulkanen als Lava in Erscheinung treten. Die Forscher um van Kan Parker konnten nun mit Hochdruckexperimenten nachweisen, dass die derzeit im Mondinneren befindlichen Magmen zumindest die gleiche oder sogar eine höhere Dichte als die Gesteine des Mondmantels in mehr als 1100 Kilometer Tiefe aufweisen. Somit können diese Schmelzen anders als bei der Erde nicht unter ihrem eigenen Auftrieb aufsteigen und zur Oberfläche gelangen. Dies könnte erklären, warum auf dem Mond schon seit mehreren Milliarden Jahren keine Vulkane mehr ausbrechen.

Für ihre Hochdruckexperimente stellten die Forscher kleine Probenmengen aus künstlichem Mondgestein her. Sie legten dabei die chemische Zusammensetzung spezieller Gesteinsproben zu Grunde, die im Rahmen der bemannten Mission Apollo 14 im Jahr 1971 im Fra-Mauro-Gebiet eingesammelt wurden. Es waren kleine Tröpfchen aus einem Gesteinsglas, deren Zusammensetzung derjenigen des Mondmantels nahekommt und größere Mengen an Titandioxid enthält. Alle anderen vulkanischen Gesteine, die von den Astronauten der Apollo-Flüge zur Erde geschafft wurden, sind als Schmelze weniger dicht als ihre Muttergesteine.

Probenbehälter für die Hochdruckexperimente | Einen komplexen Aufbau haben die Probenbehälter, in denen die Versuche an künstlichem Mondgestein unter hohem Druck und hoher Temperatur ablaufen. Die eigentliche Gesteinsprobe ist der kleine orangefarbene Zylinder. Er befindet sich in einem aus natürlichem Diamant in Edelsteinqualität geschliffenen Probenhalter und ist von weiteren Materialien umgeben, welche die Druckfestigkeit des Aufbaus bei hoher Temperatur garantieren sollen.
Die Forscher um van Kan Parker setzten ihre künstlichen Mondgesteine Drücken von 45 Kilobar, dem 45 000-fachen des Luftdrucks an der Erdoberfläche und Temperaturen von 1500 Grad Celsius aus. Sie platzierten die nur millimetergroßen Gesteinsproben in spezielle Hochdruckbehälter, so genannte Autoklaven, die aus Gründen der Druck- und Temperaturfestigkeit sogar teilweise aus klarem Diamant gefertigt sind. Für den notwendigen Druck sorgte eine mächtige Presse und gleichzeitig wurde die Probe elektrisch aufgeheizt.

Um festzustellen, was im Hochdruckbehälter bei den Bedingungen des Mondinneren passiert, wurde dieser mit extrem starken Röntgenstrahlen durchleuchtet. Um den Probenbehälter zu durchdringen, benötigten die Forscher die stärkste derzeit verfügbare Röntgenquelle. Dafür reichte die klassische Strahlerzeugung mit einer Röntgenröhre nicht mehr aus, so dass die Forscher das Synchrotron der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) im französischen Grenoble einsetzten. Diese besondere Bauart von Teilchenbeschleuniger erzeugt einen sehr energiereichen und scharf gebündelten Röntgenstrahl, so dass sich die Mineralphasen in den winzigen Proben in den Hochdruckbehälten nachweisen und analysieren lassen. Dabei zeigte sich, dass die Schmelzen, die aus dem künstlichen Mondgestein entstanden, mindestens die Dichte der Ausgangsmaterialien hatten, teilweise sogar noch dichter waren. Sie könnten also nicht unter ihrem eigenen Auftrieb zur Mondoberfläche aufsteigen und blieben im tiefen Mondinnern gefangen.

Aber nicht alle Planetenforscher gehen davon aus, dass die geologische Aktivität auf dem Mond völlig erloschen ist. Eine Forschergruppe um Thomas Watters am National Air and Space Museum in Washington, D.C., stieß kürzlich in Bildern der NASA-Mondsonde Lunar Reconnaissance Orbiter auf Grabenbrüche. Dort wurde die Mondkruste um wenige hundert Meter auseinandergezogen, wodurch diese an der Oberfläche einriss und längliche Gesteinsschollen um einige Dutzend Meter absackten. Die Forscher vermuten, dass diese Strukturen erst vor rund 50 Millionen Jahren entstanden. Was sie allerdings über das Innere des Mondes aussagen, muss noch geklärt werden.

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