Onkologie: Warum bekommen so viele junge Menschen Krebs?
Unter den vielen jungen Menschen, die Cathy Eng wegen Krebs behandelt hat, stach ein Mädchen besonders hervor. Die 16-Jährige war von China nach Texas geflogen, um dort ihren Darmkrebs behandeln zu lassen – eine Erkrankung, die sonst typischerweise bei über 60-Jährigen auftritt. Ihre Eltern hatten das Haus verkauft, um die Therapie bezahlen zu können, aber es war bereits zu spät. »Die Krankheit war so weit fortgeschritten, dass ich nicht mehr viel tun konnte«, erzählt Eng, die heute als Onkologin am Vanderbilt University Medical Center in Nashville, Tennessee, arbeitet.
Eng ist auf Tumorerkrankungen bei Erwachsenen spezialisiert. Die 16-Jährige, die sie Mitte der 2010er Jahre behandelte, war zwar ihre jüngste Patientin jemals. Doch sie war nicht der einzige von Krebs betroffene Mensch, der zu jung und zu gesund für seine Krankheit schien.
Tausende Kilometer von Nashville entfernt, im indischen Mumbai, fiel dem Chirurgen Savio George Barreto ebenfalls auf, dass die Zahl der Krebsfälle im Jugendalter zunahm. Er war rasch persönlich davon betroffen: Freunde und Familienmitglieder erhielten Diagnosen, die normalerweise erst in höherem Lebensalter gestellt werden. »Und dann unterlief mir ein Fehler, den man nie machen sollte«, erinnert sich Barreto, der heute an der Flinders University in Adelaide, Australien, arbeitet. »Ich versprach ihnen, dass ich der Sache auf den Grund gehen würde.«
Es dauerte Jahre, diese Zusage einzulösen, da die Onkologen hierfür Unmengen von Daten sammeln mussten. Aber mittlerweile sprechen die Statistiken aus aller Welt eine eindeutige Sprache: Die relativen Fallzahlen von mehr als einem Dutzend Krebsarten nehmen bei Erwachsenen unter 50 zu. Der Anstieg fällt zwar je nach Land und Tumorart unterschiedlich aus. Doch Computermodelle auf Basis globaler Erhebungen sagen vorher, dass die Gesamtzahl der Krebserkrankungen im frühen Lebensalter zwischen 2019 und 2030 um etwa 30 Prozent wachsen wird. In den USA ist Darmkrebs, der typischerweise Personen ab Mitte 60 befällt, inzwischen zur häufigsten Krebstodesursache bei Männern unter 50 avanciert. Bei jungen Frauen verursacht er mittlerweile jeden zweiten krebsbedingten Todesfall.
Während die Forderungen nach besserer Aufklärung, Vorsorge und Behandlung immer lauter werden, versuchen Forscherinnen und Forscher herauszufinden, warum die Krebsraten steigen. Die wahrscheinlichsten Ursachen – darunter die grassierende Fettleibigkeit und die bessere Früherkennung – erklären den Anstieg nicht vollständig. Einige Fachleute vermuten den Grund in Veränderungen des Darmmikrobioms oder in den Genomen der Tumorzellen. Viele andere meinen, die Antworten lägen noch immer in Studien verborgen, die das Leben und die Gesundheit von Kindern analysiert haben, welche vor einem halben Jahrhundert geboren wurden. »Gäbe es einen einzigen relevanten Faktor, der den Anstieg früher Krebserkrankungen verursacht, hätten die Daten längst auf ihn hindeuten müssen«, sagt Sonia Kupfer, Gastroenterologin an der University of Chicago in Illinois. »Doch das scheint nicht der Fall zu sein – es handelt sich offenbar um eine Kombination aus vielen verschiedenen Phänomenen.«
Auf dem Vormarsch
In einigen Ländern, darunter den USA, nimmt die Zahl krebsbedingter Todesfälle ab, was sich auf verbesserte Vorsorgeuntersuchungen, verminderten Tabakkonsum und neue Behandlungsmöglichkeiten zurückführen lässt. Weltweit betrachtet aber ist Krebs auf dem Vormarsch (siehe »Beunruhigender Anstieg«). Tumorkrankheiten im frühen Lebensalter – oft definiert als solche, die bei Erwachsenen unter 50 auftreten – machen zwar nur einen Bruchteil aller Fälle aus, doch ihre Prävalenz steigt. Dieser Effekt hat zusammen mit dem Wachstum der Erdbevölkerung dazu geführt, dass tödlich verlaufende Krebsleiden bei jüngeren Menschen global betrachtet zwischen 1990 und 2019 um 28 Prozent häufiger geworden sind.
Krebs im frühen Lebensalter betrifft oft das Verdauungssystem, wobei die Fallzahlen bei Darm-, Bauchspeicheldrüsen- und Magenkrebs am stärksten wachsen. Dickdarmtumoren treten besonders oft auf und ziehen deshalb viel Aufmerksamkeit auf sich. Aber auch andere Krebsarten – einschließlich solcher der Brust und der Prostata – breiten sich aus.
In den USA, wo einschlägige Daten akribisch erfasst werden, hat der Anteil der unter 50-Jährigen mit Gebärmutterhalskrebs seit Mitte der 1990er um 2 Prozent jährlich zugenommen. Bei Brustkrebs waren es zwischen 2016 und 2019 etwa 3,8 Prozent pro Jahr.
Die Krebsrate unter jungen Erwachsenen in den USA ist bei Frauen schneller gestiegen als bei Männern und bei Menschen lateinamerikanischen Ursprungs rascher als bei solchen europäischer Herkunft. Darmkrebs breitet sich bei jungen Indigenen schneller aus als bei jüngeren Weißen (siehe »Ungleichverteilung«). Schwarze wiederum erhalten ihre Darmkrebsdiagnose im Schnitt in einem jüngeren Alter sowie in einem fortgeschritteneren Krankheitsstadium als Weiße. »Wahrscheinlich spielen gesundheitsrelevante soziale Faktoren hierbei eine Rolle«, sagt Sonia Kupfer. Dazu gehören etwa der Zugang zu gesunden Lebensmitteln, die finanziellen Möglichkeiten sowie Alltagsdiskriminierung.
Die steigenden Krebsfallzahlen bei jungen Erwachsenen haben eine Debatte um frühere Vorsorgeuntersuchungen angestoßen. Manche befürworten Screening-Programme für unter 50-Jährige. Im Jahr 2018 rief die American Cancer Society dazu auf, sich ab 45 auf Darmkrebs untersuchen zu lassen statt wie bisher ab 50.
Tagelange Anreise zur Vorsorgeuntersuchung
In Alaska empfehlen führende Gesundheitsexperten den Indigenen seit 2013 sogar, ab 40 Jahren zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen. Doch die Hürden dafür sind hoch: Viele Gemeinden haben keine Straßenanbindung, und manche Einwohner müssen lange Reisen einschließlich Flug auf sich nehmen, um eine medizinische Einrichtung zu erreichen, die eine Darmspiegelung anbietet. »Bei schlechtem Wetter kann das bis zu eine Woche dauern«, sagt Diana Redwood, Epidemiologin beim Alaska Native Tribal Health Consortium in Anchorage.
Trotz dieser Schwierigkeiten haben sich die Screening-Quoten der indigenen Gemeinschaft über die zurückliegenden drei Jahrzehnte mehr als verdoppelt. Sie übertreffen nun sogar jene der nichtindigenen Einwohner Alaskas. Leider hat das aber die Sterblichkeitsrate bei Darmkrebs nicht reduziert, wie Redwood darlegt. Die relative Darmkrebshäufigkeit sinkt bei den über 50-Jährigen, die am ehesten zur Vorsorgeuntersuchung gehen, doch bei den jüngeren Indigenen klettert sie jedes Jahr um 5,2 Prozent nach oben.
Hinweise im Genom
Der Anstieg bei den Tumorerkrankungen des Verdauungstrakts fällt zusammen mit einer veränderten Ernährung in zahlreichen Ländern. Aus den Daten geht hervor, dass die um sich greifende Fettleibigkeit und der zunehmende Konsum hoch verarbeiteter Lebensmittel zu dem Anstieg beitragen. Laut statistischen Analysen erklären diese Faktoren jedoch nur einen Teil des Phänomens, wie Daniel Huang betont, Gastroenterologe an der National University of Singapore. »Viele Fachleute haben vermutet, Fettleibigkeit und Alkoholkonsum seien maßgeblich für die Häufung entsprechender Krebserkrankungen verantwortlich«, sagt er. »Aber es sieht so aus, als sei die Wirklichkeit komplexer.«
Das deckt sich mit anekdotischen Erfahrungen vieler Kliniker: Oft sind die jungen Krebspatienten und -patientinnen, die sie behandeln, augenscheinlich fit und gesund und tragen nur ein geringes Krankheitsrisiko. Eine 32-jährige Frau beispielsweise, die bei Eng in Therapie war, bereitete sich auf einen Marathonlauf vor. Das Blut in ihrem Stuhl hatten die Mediziner zunächst auf ein vermeintliches Reizdarmsyndrom zurückgeführt, verursacht durch intensives Training. »Sie wirkte kerngesund«, schildert Eng. »Niemand, der sie ansah, hätte vermutet, dass ihre Leber bereits zur Hälfte aus Tumormasse bestand.«
Fachleute rund um den Globus versuchen herauszufinden, was den Anstieg von Krebserkrankungen im frühen Lebensalter verursacht. Namhafte Geldgeber für die Krebsforschung, darunter das National Cancer Institute der USA und die gemeinnützige Organisation Cancer Research UK, unterstützen diese Arbeiten mit umfangreichen Fördermitteln. Ein Ansatz besteht darin, nach genetischen Merkmalen zu suchen, die Tumoren junger Menschen von denen älterer Personen unterscheiden. So scheinen früh auftretende, aggressive Wucherungen mitunter recht effektiv darin zu sein, die körpereigene Immunreaktion zu unterdrücken. Der Pathologe Shuji Ogino von der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts, und sein Team haben entdeckt, dass die Immunabwehr jüngerer Krebspatienten häufig nur eingeschränkt arbeitet. Das gilt freilich ebenso für viele ältere Betroffene. Deshalb sieht Ogino derzeit keine systematischen Unterschiede zwischen den Altersgruppen, die eine klare Abgrenzung begründen würden. »Es ist keine Zweiteilung, sondern eher ein Kontinuum.«
Forscherinnen und Forscher haben sich weiterhin mit den Mikroorganismen im und auf dem menschlichen Körper befasst. Störungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms, verursacht etwa durch eine veränderte Ernährung oder Antibiotika, stehen mit Entzündungen und einem erhöhten Risiko für verschiedene Krankheiten einschließlich Krebs in Verbindung. Ob es einen Zusammenhang zwischen der mikrobiellen Besiedlung und Krebserkrankungen im frühen Lebensalter gibt, ist unklar. Es gebe nicht viele belastbare Erkenntnisse dazu; insbesondere sei es schwierig, Langzeitdaten zu sammeln, wie Christopher Lieu erläutert, Onkologe am University of Colorado Cancer Center in Aurora. »Die Zusammensetzung des Mikrobioms hängt maßgeblich davon ab, wovon sich der jeweilige Mensch ernährt hat. Versucht man, das rückblickend zu rekonstruieren, stößt man schnell an Grenzen.«
Großer Unterschied zwischen benachbarten Staaten
Umfangreichere Studien aufzulegen, könnte helfen. Cathy Eng möchte die Zusammenhänge zwischen dem Mikrobiom und Krebs in jungen Jahren erforschen und plant hierfür ihre gewonnenen Daten mit denen von Fachleuten in Afrika, Europa und Südamerika zusammenzuführen. Da nur relativ wenige Menschen in früheren Lebensabschnitten von Krebs betroffen sind, ist diese Art der internationalen Koordination wichtig, um hinreichend viele Daten für aussagekräftige statistische Analysen zu bekommen.
Ein anderer Ansatz lautet, zwischenstaatliche Unterschiede zu untersuchen. Japan und Südkorea zum Beispiel liegen nahe beieinander und ähneln sich wirtschaftlich. Doch in Südkorea greife früh auftretender Darmkrebs schneller um sich als in Japan, sagt der Krebsepidemiologe Tomotaka Ugai von der Harvard Medical School. Ugai und seine Gruppe wollen herausfinden, warum.
»Ich dachte: Ich bin jung, ich bin schwarz, warum habe ich diese Krankheit?«Boitumelo Ramasodi, Regionaldirektorin für das südliche Afrika bei der Global Colon Cancer Association
Aus manchen Ländern liegen freilich kaum verwertbare Ergebnisse vor. In Südafrika beispielsweise werden Krebsdaten nur von jenen 16 Prozent der Bevölkerung erhoben, die krankenversichert sind. Die anderen würden nicht gezählt, sagt Boitumelo Ramasodi, Regionaldirektorin für das südliche Afrika bei der Global Colon Cancer Association, einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Washington D.C. Und die betroffenen Familien selbst dokumentierten nur selten, wer an Krebs gestorben sei. Viele Schwarze in Südafrika betrachteten Krebs als eine Krankheit der Weißen; sogar Ramasodi tat sich anfangs schwer damit, ihre eigene Darmkrebsdiagnose im Alter von 44 Jahren zu akzeptieren. Sie sei der Ansicht gewesen, dass schwarze Menschen keinen Krebs bekommen. »Ich dachte damals: Ich bin jung, ich bin schwarz, warum habe ich diese Krankheit?«
Lange zurückliegende Ursachen
Einige Faktoren, die zur Zunahme früher Krebserkrankungen beigetragen haben, dürften weit in der Vergangenheit liegen – davon ist zumindest die Epidemiologin Barbara Cohn vom Public Health Institute in Oakland, Kalifornien, überzeugt. Die Forschung habe gezeigt, dass Tumorleiden noch viele Jahre nach einer Exposition gegenüber Krebs auslösenden Substanzen wie Asbest oder Zigarettenrauch auftreten können. Wenn man aufklären wolle, was sie in jungen Jahren verursacht, müsse man möglichst schon die frühesten Lebensabschnitte in den Blick nehmen.
Dazu benötigen die Fachleute Daten, die einen Zeitraum von 40 bis 60 Jahren überspannen und von vielen tausend Menschen stammen. Nur so lässt sich eine ausreichende Zahl früh auftretender Krebserkrankungen erfassen. Cohn betreut eine Sammlung von medizinischen Untersuchungsergebnissen und Blutproben, die seit 1959 von rund 20 000 werdenden Müttern während der Schwangerschaftsphase gesammelt worden sind. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben viele der ursprünglichen Teilnehmerinnen und ihre Kinder seither weiter beobachtet.
Cohn sowie Caitlin Murphy, Epidemiologin am University of Texas Health Science Center in Houston, haben damit begonnen, die Datensammlung nach Faktoren zu durchforsten, die in Verbindung mit Krebserkrankungen in jungen Lebensjahren stehen. Sie fanden einen möglichen Zusammenhang zwischen frühem Darmkrebs und der vorgeburtlichen Exposition gegenüber einer synthetischen Form des Steroidhormons Progesteron, die manchmal zur Verhinderung vorzeitiger Wehen eingesetzt wird. Das ist jedoch noch unsicher und muss in weiteren Studien bestätigt werden.
Chemikalienkontakt im Mutterleib
An Studien zu kommen, die eine hinreichende Zahl an Menschen von der vorgeburtlichen Phase bis zum Erwachsenenalter beobachten, ist schwer. Eine solche Untersuchung sollte tausende werdende Mütter in mehreren Ländern einschließen, medizinische Daten und Blut-, Speichel- sowie Urinproben von ihnen und ihren Kindern sammeln und diese Menschen dann über Jahrzehnte hinweg begleiten, wie Ogino darlegt. Entsprechende Arbeiten sind jetzt mit Unterstützung von Cancer Research UK, dem US National Cancer Institute und weiteren Institutionen auf den Weg gebracht worden. Murphy und Cohn hoffen, dass sich dabei ebenso die Daten der Väter einbeziehen lassen. Gemeinsam mit Fachkollegen analysieren sie die Blutproben von Probandinnen und Probanden, um nach weiteren Chemikalien zu suchen, mit denen die Nachkommen im Mutterleib in Berührung gekommen sein könnten.
»Mittlerweile ist ziemlich klar, dass es ein ganzes Bündel von Risikofaktoren für frühen Darmkrebs gibt«Caitlin Murphy, Epidemiologin am University of Texas Health Science Center in Houston
Murphy erwartet komplexe Ergebnisse. »Mittlerweile ist ziemlich klar, dass nicht nur eine Einflussgröße über das Auftreten von frühem Darmkrebs bestimmt, sondern dass es ein ganzes Bündel von Risikofaktoren gibt.«
Vorerst ist es wichtig, dass Mediziner und Medizinerinnen ihre Daten über früh auftretende Krebserkrankungen untereinander austauschen. Auch sollten sie ihre Patientinnen und Patienten nach abgeschlossener Therapie weiter beobachten, um mehr über die bestmögliche Behandlung herauszufinden, betont Irit Ben-Aharon, die als Onkologin am Rambam Health Care Campus in Haifa, Israel, arbeitet. Die Krebstherapie bei jungen Menschen birgt Risiken: Einige Medikamente können, noch Jahre nachdem sie verabreicht worden sind, Herz-Kreislauf-Probleme oder sogar Sekundärtumoren verursachen – ein Risiko, das in frühen Lebensabschnitten schwerer wiegt als in späten.
Angst vor den Folgen der Behandlung
Darüber hinaus machen sich junge Erwachsene etwa Sorgen darüber, wie Krebsmedikamente ihre Fruchtbarkeit beeinflussen; für Menschen, die ihre fruchtbaren Jahre hinter sich haben, spielt das keine Rolle. Frauen können sogar zum Diagnosezeitpunkt schwanger sein. Außerdem stehen sie oft mitten im Erwerbsleben und befürchten, dass die Krebsbehandlung langfristig kognitive Schäden verursacht, die ihre Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen könnten.
»Ich wusste nicht, welche Fragen ich stellen sollte, und so entschieden andere über meine Behandlung«Candace Henley, Krebspatientin
Ein Beispiel: Als die 35-jährige Candace Henley eine Darmkrebsdiagnose bekam, war sie allein erziehende Mutter von fünf Kindern. Nach der Behandlung mit weit reichenden operativen Eingriffen konnte sie ihren Beruf als Busfahrerin nicht mehr ausüben und ihre Familie wurde obdachlos. »Ich wusste nicht, welche Fragen ich stellen sollte, und so entschieden andere über meine Behandlung«, erzählt Henley. Sie gründete später die Blue Hat Foundation for Colorectal Cancer Awareness in Chicago, Illinois. Die Organisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, über Darmkrebs aufzuklären, das Bewusstsein dafür zu schärfen und es sozial benachteiligten sowie medizinisch unterversorgten Personen zu ermöglichen, kostenlos an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen.
Seit erkennbar geworden ist, dass die Zahl der Krebsfälle unter 50 Jahren steigt, gibt es mehr medizinische Informationsangebote, die sich an ein jüngeres Publikum richten. Menschen mit früh auftretenden Krebserkrankungen sind heute im Schnitt besser informiert und holen häufiger eine ärztliche Zweitmeinung ein, wenn ihre Symptome nicht ernst genommen werden. Das könnte zur Folge haben, dass ihre Tumorleiden öfter erkannt werden, bevor sie fortgeschritten und dadurch schwieriger zu behandeln sind.
Mediziner wie Savio George Barreto hoffen darauf, dass in einigen Jahren deutlich umfangreichere Datenbanken zur Verfügung stehen, um die Ursachen von frühen Krebserkrankungen aufzuklären. Vorgeburtliche Belastungen infolge von Alkohol-, Zigaretten- und anderem Drogenkonsum der Eltern oder auch Mangelernährung könnten sich dabei als bedeutsam entpuppen. Dass es derzeit an empirischen Erkenntnissen dazu mangelt, sei verständlich, sagt Barreto: »Wir haben das nicht kommen sehen. Aber wenn wir in 20 Jahren immer noch keine Datenbanken haben, um solche Zusammenhänge zu erfassen, dann wird das unser Versagen sein.«
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