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Blasenphysik: Warum Champagner perlt und Cola blubbert

Die Gasblasen im Champagner perlen in Reih und Glied – anders als bei Cola & Co. Damit widersetzen sie sich scheinbar der Physik. Ein chemischer Effekt erklärt das Phänomen.
Mehrere hohe Gläser mit Champagner.
Die hohe Form von Sekt- und Champagnergläsern dient auch dazu, die Ketten aufsteigender Gasbläschen sichtbar zu machen.

Die fein perlenden Gasblasen des Champagners sind nicht nur wichtiger Bestandteil des Trinkgenusses, sondern auch ein physikalisches Rätsel. In geordneten Reihen steigen die winzigen Bläschen nach oben – dabei sollten sie nach den Regeln der Hydrodynamik trichterförmig auseinanderlaufen. Das geschieht in Getränken wie Cola. Dort entstehen durch das strömende Wasser hinter den Blasen Wirbel, die dahinter aufsteigende Blasen zur Seite wegdrücken. Dass das in Sekt oder Champagner nicht geschieht, liege an einer chemischen Besonderheit dieser Getränke, berichtet nun eine Arbeitsgruppe um Omer Atasi von der Université libre de Bruxelles. Laut ihrer jetzt in der Fachzeitschrift »Physical Review Fluids« veröffentlichten Analyse lagern sich die Fettsäuren in diesen Getränken an die Grenzfläche zwischen Wasser und Gas an und verändern das Strömungsverhalten so, dass die Wirbel die Blasen in der Spur halten.

Die gelöste Kohlensäure in den Getränken perlt an Unebenheiten der Gefäßwänden als Kohlendioxid aus und erzeugt Abfolgen von unzähligen feinen Blasen, die nach oben steigen. Das Wasser umströmt den kugeligen Hohlraum und erzeugt zwei lang gestreckte, in entgegengesetzte Richtungen rotierende Wirbel hinter der Blase, die die nächste Blase beeinflussen. In Wasser oder auch Getränken wie Cola rotieren diese Wirbel bei aufeinander folgenden Blasen jeweils mit spiegelverkehrtem Drehsinn. Das treibt die Kette seitlich auseinander. Denn jede Blase übt auf die folgende eine Kraft, die entgegengesetzt zu jener ist, die sie selbst durch die Blase über ihr erfährt. Das geschieht in den meisten kohlensäurehaltigen Getränken – doch nicht in Champagner oder Sekt.

Wie die Arbeitsgruppe um Atasi in ihrer Publikation berichtet, hat das einen chemischen Grund. Getränke sind kein reines Wasser, sondern sie enthalten eine Vielzahl chemischer Stoffe. Verantwortlich für das seltsame Verhalten der Blasen sind große Mengen so genannter oberflächenaktiver Substanzen. Diese Stoffe haben einen gut in Wasser löslichen Molekülteil und einen anderen, der nur schlecht mit Wasser wechselwirkt – bei Champagner sind das insbesondere Fettsäuren. Sie lagern sich deswegen an die Blasenwände an, so dass der wasserlösliche Teil in der Flüssigkeit bleibt und der schlecht lösliche Rest ins Gas ragt.

Die umströmende Flüssigkeit treibt die angelagerten Moleküle vom oberen zum unteren Ende der Blase, wo sie schließlich wieder in die Flüssigkeit übergehen. Dadurch ist die Konzentration der Stoffe unten an der Blase höher als oben, und das hat kuriose Auswirkungen. Zum einen nämlich steigen Gasblasen in Champagner langsamer auf als in Cola. Die höhere Konzentration an der Unterseite senkt dort die Oberflächenspannung des Wassers im Vergleich zur Oberseite. Dadurch wirkt auf die Flüssigkeit um die Blase plötzlich eine Kraft in Richtung der höheren Oberflächenspannung, der so genannte Marangoni-Effekt. Das Wasser strömt langsamer an der Blase vorbei und sie braucht länger für den Weg zur Oberfläche.

Das bremst aber nicht nur das Aufsteigen der Blase, sondern verändert ihre Eigenschaften. Je mehr oberflächenaktive Stoffe die Flüssigkeit enthält, desto stärker »blockiert« der Effekt die Strömung in der Grenzfläche zwischen Gas und Wasser. Die Luftblase verhält sich immer mehr wie eine Kugel mit steifer Wand statt wie ein Hohlraum im umgebenden Wasser – was wiederum die Wirbel rund um die Blase verändert, wie das Team um Atasi in einer Computersimulation zeigt. Demnach findet der größte Teil der Wirbelbildung nun oberhalb und neben der Blase statt statt dahinter. Insbesondere aber sind die Wirbel aufeinander folgender Blasen nicht mehr spiegelbildlich zueinander, sondern gleich orientiert, so dass die Kräfte auf alle Blasen der Kette gleich sind.

Dadurch bleiben die Blasen im Champagner in einer sauber geordneten Reihe, während sie in anderen Getränken trichterförmig auseinandergedrückt sind. Ein Sonderfall unter den kohlensäurehaltigen Getränken sei allerdings Bier, berichtet das Team. Im Bier nämlich lagern sich vor allem Proteine an die Blasen an; diese verhalten sich ganz anders als Fettsäuren, denn sie entfalten sich teilweise, wenn sie sich an eine Blase anlagern. Sowohl theoretische Überlegungen als auch Beobachtungen an Bieren legen nahe, dass die Blasen dort je nach Umständen gerade laufende oder auseinanderlaufende Blasenketten bilden könnten. Um diese Prozesse genauer zu entschlüsseln, seien jedoch weitere gründlich durchgeführte Experimente mit Bier nötig, heißt es in der Veröffentlichung.

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