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Schwarze Löcher: Warum das galaktische Feuerwerk floppte

Ein großes astronomisches Spektakel wurde angekündigt, passiert ist nichts: Warum der Sturz einer Gaswolke ins Schwarze Loch der Milchstraße ausblieb.
Das galaktische Zentrum

Niente. Nada. Nix. Genau das sahen Astronomen, als sie in diesem Frühjahr ihre Teleskope auf das Zentrum der Milchstraße richteten. Dabei hatten sie ein Feuerwerk von galaktischen Ausmaßen erwartet. Eine enorme Gaswolke sollte in das Schwarze Loch im galaktischen Zentrum stürzen. Aber stattdessen: Fehlanzeige.

Warum das vier Millionen Sonnenmassen schwere Schwarze Loch, das Sagittarius A* bezeichnet wird, nicht das erwartete Blitzlichtgewitter zeigte, will nun ein Wissenschaftlerteam herausgefunden haben. Die Forscher vermuten, dass es sich bei der Wolke in Wirklichkeit gar nicht um ein isoliertes Gebilde handelt. Stattdessen meinen sie nun, dass die Wolke bloß ein Klumpen innerhalb eines kontinuierlichen, dünnen Materiestroms ist, von dem beständig Gas auf die Materiescheibe um das Schwarze Loch weht.

Röntgenbild von Sagittarius A* | Mit dem Röntgensatelliten Chandra und dem Weltraumteleskop Hubble gelang diese Ansicht des massereichen Schwarzen Lochs im Zentrum unseres Milchstraßensystems. Die Aufnahme ist ein Komposit aus Bildern im Röntgenbereich (blau) und Infrarot (rote und gelbe Farben). Im Inset ist das unmittelbare Umfeld des Schwarzen Lochs im Röntgenlicht sichtbar: Es zeigt sich eine längliche Wolke aus heißem Gas, die das Schwarze Loch umgibt. Von ihr geht der größte Teil der mit Chandra gemessenen Röntgenstrahlung aus.

Ein Feuerwerk, wie es die Forscher prognostizierten, tritt hingegen nur dann auf, wenn die Materiescheibe um das Schwarze Loch plötzlich und heftig getroffen wird – zum Beispiel von einer Gaswolke.

Eine solche hatten im Jahr 2012 Forscher um Stefan Gillessen vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching beobachtet und berichtet, dass sich das Objekt mit der Bezeichnung G2 dem Zentrum der Milchstraße nähert und von der Schwerkraft des zentralen Schwarzen Lochs zerrissen werden wird.

Zwei Wolken in identischem Orbit

Aus ihren Beobachtungen leiteten sie damals die Voraussage ab, dass ein Großteil von G2 eine Parabelbahn um das Schwarze Loch nehmen würde, ein kleiner Teil jedoch fortgerissen und dabei auf die Akkretionsscheibe prallen würde. Die heftige Kollision mit der umlaufenden Materie würde sich durch intensive Strahlungsausbrüche verraten.

Um zu erklären, warum ihre Vorhersage sich nicht erfüllte, griffen sie jetzt auf Infrarotaufnahmen zurück, die vom Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte aufgenommen wurden. Sie errechneten daraus die Flugbahn von G2 und die Bahn einer ganz ähnlichen Wolke G1, die das Schwarze Loch vor 13 Jahren passierte. Dabei zeigte sich, dass beide Objekte einen nahezu identischen Orbit haben.

Offenbar sind beide Wolken ebenso wie der Gasschweif, den G2 hinter sich herzieht, in Wirklichkeit Bestandteile eines einzigen großen Gasstroms, meinen die Wissenschaftler. Das Material, aus dem der Strom besteht, könnte womöglich einem Stern entrissen worden sein, der vor 100 bis 200 Jahren in zu geringer Entfernung an Sagittarius A* vorüberzog. Ihre Ergebnisse hat das Team um Gillessen nun auf dem Preprint-Server arXiv veröffentlicht.

Zu einem ganz ähnlichen Schluss kamen James Guillochon und Avi Loeb vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge. Ihre Studie veröffentlichten sie im April in den "Astrophysical Journal Letters".

Die Hoffnung wird zuletzt verschluckt

Laut Gillessen könne das Very Large Telescope zwar keine genauen Strukturen im Gasschweif hinter G2 auflösen, aber es scheine so, als befänden sich dort noch weitere Klümpchen. Es könnte sein, dass G2 noch weitere Gaswolken im Schlepptau habe, die in naher Zukunft vom Schwarzen Loch verspeist werden könnten.

© ESO / Stefan Gillessen, MPE / Marc Schartmann / Luís Calçada
Simulation des erwarteten Spektakels
So hätte das Aufeinandertreffen des supermassereichen Schwarzen Lochs und der Gaswolke aussehen sollen – zumindest laut den Berechnungen der Forscher um Gillessen. Warum es nicht stattfand, versuchen die Wissenschaftler nun herauszufinden.

Andrea Ghez von der University of Califonia in Los Angeles, die mit ihrem Team ebenfalls das galaktische Zentrum untersucht, findet das von Gillessen skizzierte Szenario jedoch nicht überzeugend. Die Bilder ihrer Gruppe, die nicht das Gas, sondern den mit G2 assoziierten Staub zeigen, deuten darauf hin, dass sich im Innern von G2 ein versteckter Stern befindet. Dessen Anziehungskraft könnte dafür sorgen, dass die Wolke am Stück bleibt und keine Bestandteile an das Schwarze Loch verliert, schrieben die Forscher in einem Telegramm der Internationalen Astronomischen Union. Sollten sie damit Recht behalten, wäre der Gasstrom, dessen Bestandteil G2 ist, nicht so kontinuierlich wie Gillessen und Kollegen meinen.

Die Hoffnung auf eine ordentliche Show um Sagittarius A* muss man dennoch noch nicht aufgeben, wenn sie sich auch erst in ein paar Jahren oder Jahrzehnten abspielen dürfte. Dann schwenkt G2 auf eine Spiralbahn um die Staub- und Gasscheibe ein, von der man annimmt, dass sie das Schwarze Loch umgibt. Wie lange es dauert, bis G2 die Scheibe durchquert hat, wird einiges verraten über die Eigenschaften solcher Scheiben und die Fressgewohnheiten supermassereicher Schwarzer Löcher ganz allgemein, sagt Loeb.

Dieser Artikel erschien unter dem Titel "Why galactic black hole fireworks were a flop" bei Nature News.

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