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150 Jahre alte Proben: Warum das Plankton schwächelt

Wie sich die Ozeanversauerung auf die marine Lebenswelt auswirkt, haben britische Forscher nun ziemlich genau an Plankton bemessen: Die Einzeller werden dünnhäutiger.
Rund 150 Jahre alte Probe von den Expeditionen der HMS Challenger

Warum die Ozeane immer mehr versauern, wissen Forscher im Großen und Ganzen: Durch die steigende Menge an Kohlendioxid in der Atmosphäre wird mehr CO2 im Wasser der Weltmeere gelöst. Das wirkt sich auch auf die Meeresbewohner aus, vor allem auf solche mit einem Gehäuse aus Kalk. Denn Säure rückt Kalk zu Leibe. Wie sehr, das legt nun eine Studie in »Scientific Reports« nahe. Die Geochemikerin Lyndsey Fox von der Kingston University London hat mit Kollegen vom dortigen Natural History Museum 150 Jahre alte Planktonproben untersucht. Verglichen mit heutigen Einzellern derselben Arten, so stellten die Forscher fest, seien deren Gehäuse um zirka zwei Drittel dünner geworden. Die Ursache ist vermutlich der gesunkene pH-Wert der Meere.

Lyndsey Fox und ihre Kollegen haben Foraminiferen der Arten Globigerinoides ruber und Neogloboquadrina dutertrei untersucht. Diese weniger als einen Millimeter großen Einzeller tragen ein Gehäuse aus Kalziumkarbonat. Vor 150 Jahren hatte das britische Forschungsschiff »HMS Challenger« im Ostpazifik Proben solcher Foraminiferen geborgen. Mit Hilfe der damaligen Forschungsdokumente konnten Fox und ihre Kollegen neue Proben analysieren, die 2011 an denselben Orten und zur selben Jahreszeit – im September – genommen wurden. Dann haben die Wissenschaftler in einem Nano-Computertomografen die Dicke der Kalkhüllen gemessen und verglichen. Ihr Ergebnis: In den vergangenen 150 Jahren sind die Gehäuse der Einzeller um 76 Prozent dünner geworden.

Dieser Verlust wirke sich vor allem auf den Kohlenstoffkreislauf aus, erklären die Forscher. »Große Mengen an Kohlenstoff werden durch dieses kalkhaltige Plankton zum Meeresboden befördert«, schreibt Koautor Stephen Stukins vom Natural History Museum auf der Website der Einrichtung. Dadurch bildet Plankton dieser Art eine wichtige Kohlenstoffsenke. Weil die Foraminiferen aber offenbar dünnere Schalen als früher ausbilden, seien die Meereslebewesen nicht nur schlechter geschützt, sondern es werde auch weniger Kohlenstoff dauerhaft als Karbonat gebunden. Mehr davon verbleibe daher in der Atmosphäre, die bereits durch den erhöhten Ausstoß von Kohlendioxid belastet ist.

Für ihre Studie haben Fox und ihre Kollegen Proben verwendet, die am Natural History Museum in London untergebracht sind. Zwischen 1872 und 1876 hatten Forscher mit dem britischen Marineschiff »HMS Challenger« verschiedene Meeresregionen erkundet. Die Wissenschaftler legten damals ungefähr 13 000 Kilometer zurück und sammelten rund 4700 Proben verschiedener Meereslebewesen.

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