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News: Warum der Urknall immer schneller wird

Noch vor wenigen Jahren war die Welt der Kosmologen in schönster Ordnung: Direkt nach dem Urknall dehnte sich das Universum unheimlich schnell aus, wobei kleinste Unregelmäßigkeiten zur Bildung von Galaxien führten. Danach expandierte das Weltall immer gemächlicher, so dass eine der wichtigsten Fragen lautete, ob die Ausdehnung für immer anhalten oder das Universum irgendwann unter der eigenen Schwerkraft wieder kollabieren würde. Auf der Suche nach einer Antwort kamen Wissenschaftler zu dem überraschenden Schluss, dass die Expansion in den letzten Milliarden Jahren nicht immer langsamer, sondern immer schneller geworden ist. Das stand jedoch in krassem Gegensatz zu allen Theorien. Vielleicht hilft die Annahme einer 'dunklen Energie' aus dem Dilemma. Mit den bisherigen Erkenntnissen steht das neue Modell in Einklang, aber wird es auch zukünftige Beobachtungen erklären können?
Es war der wissenschaftliche Durchbruch des Jahres 1998: Zwei voneinander unabhängige Arbeitsgruppen hatten bei ihren Studien an Typ Ia-Supernovae festgestellt, dass unser Universum sich immer schneller ausdehnt, statt langsamer zu expandieren, was Astronomen eigentlich vermutet hatten. Anscheinend sorgte irgendeine mysteriöse "dunkle Energie" für immer stärkere Abstoßung zwischen den Massen. Die Wissenschaftler wandten sich daraufhin dem Modell der Quintessenz zu. Demnach durchzieht ein besonderes Feld den gesamten Raum, dessen Abstoßungskraft nach mehreren unterschiedlichen Theorien für jeden Punkt berechnet werden kann. Das Problem dabei ist jedoch, so erläutert Andreas Albrecht von der University of California in Davis, allen astronomischen Beobachtungen gerecht zu werden. Dafür musste die Abstoßung während der meisten Lebenszeit des Weltalls schwach gewesen und dann auf einmal deutlich hervorgetreten sein. Dieser plötzliche Umschwung zwingt die Theoretiker, den Parametern ihrer Gleichungen willkürliche Werte zuzuweisen, nur damit sie irgendwie zu den Beobachtungsdaten passen. "Man zaubert einfach Nummern aus dem Hut", meint Albrecht.

Zusammen mit Constantinos Skordis erstellte er eine neue Klasse von Energiefunktionen oder Potentialen für das Quintessenz-Feld. Darin kommen nur Parameter vor, die einfache Kombinationen fundamentaler Naturkonstanten sind: das plancksche Wirkungsquantum, die Lichtgeschwindigkeit und die Gravitationskonstante (Physical Review Letters vom 6. März 2000). Albrecht und Skordis wiesen nach, dass ein solches Feld lange nach dem Urknall auf einmal gegenüber Materie und anderen Energieformen dominant werden und eine Phase mit beschleunigter Expansion antreiben könnte. Außerdem passt die exponentielle Form der Potentiale hervorragend zu neuen Erkenntnissen der Superstring-Theorie, mit welcher Wissenschaftler alle vier grundlegenden Kräfte der Natur zugleich erklären wollen.

Das Quintessenz-Modell basiert auf Konzepten aus den achtziger Jahren, mit denen die mittlerweile weithin akzeptierte Theorie des inflationären Universums entstand. Albrecht sieht seine neue Arbeit demzufolge als eine natürliche Fortsetzung des Gedankens. Scherzhaft meint er: "Sie könnten uns natürlich auch Einfallslosigkeit vorwerfen."

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