Erosion: Warum ein verstecktes Gebirge ewig jung bleibt
Eigentlich dürfte es das Gamburtsev-Gebirge in der Antarktis gar nicht mehr geben – zumindest nicht in der zerklüfteten Aufmachung, die man heute noch auf Radaraufnahmen des Massivs unter dem antarktischen Eispanzer ausmachen kann. Denn eigentlich sollten die Gletscher die Grate und Gipfel der Gamburtsevs während der letzten 35 Millionen Jahre abgehobelt haben, seit die Vereisung begann. Dennoch sieht das Gebirge noch heute eher wie die Alpen aus und nicht wie die rundhügeligen Appalachen, die wie die Gamburtsevs ebenfalls vor 250 Millionen Jahren entstanden und seitdem von der Erosion stark bearbeitet wurden. Nun legten Timothy Creyts vom Lamont-Doherty Earth Observatory und seine Kollegen eine Erklärung für das Phänomen vor. "Das Eis wirkt wie eine Antialterungscreme. Es bewirkt eine Reihe thermodynamischer Prozesse, die das Gamburtsev-Gebirge fast perfekt erhalten haben", so der Geowissenschaftler.
Entscheidend war demnach nicht nur, dass das Eisschild damals relativ schnell entstand, so dass Frostsprengung kaum das Gestein bearbeiten konnte. Wenn Schnee auf die Gletscheroberfläche fällt, sorgt er dafür, dass die Temperaturen in der Nähe der Gebirgskämme sinken – ein Prozess, den die Wissenschaftler als "Divergent Cooling" bezeichnen. Gleichzeitig sorgt die Reibung, der hohe Druck und Wärme aus dem Erdinneren, dass das Eis an der Basis der Gletscher schmilzt. Das entstehende Wasser sammelt sich in Seen und Flüssen unter dem Schild. Das extreme Gewicht der Gletscher sorgt allerdings dafür, dass ein Teil auch an den Hängen bergaufwärts gedrückt wird, wo es schließlich wieder in sehr kalte Regionen gelangt und dort erneut friert. Dieser Eispanzer schirmt dann das Gestein vor der abschleifenden Gletscherbewegung weit gehend ab. Die ältesten Gesteine der Gamburtsevs sind etwa eine Milliarde Jahre alt; aus dieser Zeit stammt das Gebirge jedoch nicht. Es faltete sich erst wieder auf, als der damalige Superkontinent Gondwana auseinanderbrach und erneut geotektonische Prozesse in Gang kamen, die die Gamburtsevs neu hoben. Viele Forscher vermuten, dass in dem Gebirge einer der Kernpunkte der beginnenden Vereisung der Antarktis lag. Der Mechanismus, der das Gebirge vor dem Abtrag schützte, könnte auch in anderen Regionen der Erde gewirkt haben, so Creyts – etwa in Skandinavien oder auf der kanadischen Labradorinsel. Auch dort gebe es zerklüftete Felsformationen, obwohl dort riesige Gletscher während der Eiszeit lagen.
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