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Psychologie: Warum es sich neben einer Kiste besser denkt

Neben der Box

Beim Nachdenken "öfter mal über den Tellerrand zu schauen" oder "sich nicht im Kreis zu drehen" sind nicht nur verbreitete, sondern offenbar auch ganz nützliche Tipps, um die Kreativität zu fördern – zumindest dann, wenn der Angesprochene die Aufforderung wörtlich nimmt. Das ergab jetzt die Studie eines internationalen Forscherteams, bei der Freiwillige solche Metaphern wortwörtlich in die Tat umsetzen sollten.

Neben der Box | "Denke außerhalb der Kiste!" – "Think outside the box!" – rät der Engländer, wenn es um kreative Problemlösungen geht. Wie Wissenschafter nun zeigten, hilft es womöglich, den Rat wortwörtlich zu nehmen.

Angela Leung von der Singapore Management University und Kollegen konzentrierten sich dabei auf Metaphern, die im englischen Sprachgebrauch verbreitet sind, darunter "to think outside the box" ("außerhalb der Kiste denken"). Würden Versuchspersonen, die neben einer Kiste sitzen, bessere Antworten finden als solche, die darin sitzen?

Das wollten die Forscher mit einem Experiment klären. Sie konstruierten eine geräumige Kiste und baten über 100 Freiwillige, entweder direkt daneben Platz zu nehmen oder sich mitten hineinzusetzen. Ergebnis: Die kreativsten Problemlösungen lieferten die Probanden, wenn sie "außerhalb der Kiste dachten". Insgesamt waren sie dabei aber nur ein bisschen besser – der förderliche Effekt war eher klein und zeigte sich erst bei einer statistischen Auswertung und Mittelung der Einzelresultate. Die Ergebnisse der Studie sind daher bis zu einer unabhängigen Bestätigung noch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen.

Einen naheliegenden Einwand konnten die Forscher jedenfalls entkräften: Die Unterschiede lassen sich nicht dadurch erklären, dass das ungewohnte In-der-Kiste-Sitzen die Antworten verschlechterte. Die kreativen Leistungen der eingekapselten Probanden waren in etwa genau so gut, wie wenn sie in einem neutralen Raum saßen.

In folgenden Experimenten konnten die Forscher noch weitere Metaphern auf ihren Effekt abklopfen. Je nachdem, welche Denkleistung die jeweilige Redensart herausstellte, zeigten sich sogar unterschiedliche Verbesserungen. Entsprechend dem Ausspruch "putting two and two together" ("zwei und zwei zusammenfügen") mussten die Versuchspersonen zwei Minuten lang die beiden Hälften auseinandergeschnittener Bierdeckel zusammenlegen. Erwartungsgemäß förderte dies nur diejenige Aufgabe, bei der gedanklich Zusammengehöriges gefunden werden musste – etwa den gemeinsamen inhaltlichen Nenner dreier Begriffe. Sollten sie hingegen zu einer abstrakten Figur aus Legosteinen möglichst vielfältige Interpretationen suchen, machte es keinen Unterschied, ob sie die Bierdeckel wie von der Redensart verlangt zusammengesetzt oder nur umhergeräumt hatten.

Auch andere Metaphern – also im übertragenen Sinn gebrauchte Beschreibungen eines konkreten Vorgangs – können die Wahrnehmung subtil beeinflussen, wenn sie wörtlich genommen inszeniert werden, ergaben frühere Studien. Emotionale "Wärme" lässt sich etwa dadurch verstärken, dass man Probanden einen heißen Kaffeebecher in die Hände gibt oder die Zimmertemperatur erhöht.

  • Quellen
Psychol. Science, im Druck

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