Unbekannte Chemikalie enttarnt: Warum Heidelbergs Trinkwasser blau war
Die unbekannte Substanz, die am 7. Februar 2019 Trinkwasser im Raum Heidelberg blau färbte und zu einer stadtweiten Gefahrenwarnung führte, ist identifiziert. Wie das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis am Freitag mitteilte, handelte es sich bei dem vermeintlichen Gefahrstoff um Nanopartikel aus Kalk, die sich vermutlich durch eine kleine Schwankung der chemischen und physikalischen Bedingungen im Trinkwasser bildeten. Die Lichtstreuung an diesen Teilchen hängt sehr stark von der Wellenlänge ab, die kleinen Teilchen streuen kurzwelliges, blaues Licht viel stärker – es ist der gleiche Effekt, der den Himmel blau macht und auch die türkisblaue Farbe vieler Gebirgsflüsse erzeugt. Gesundheitsschädlich sind diese Nanoteilchen nicht.
Das Wasser aus dem Wasserwerk Entensee im Norden Heidelbergs, wo die Verfärbung zuerst auffiel, stammt aus dem Grundwasserstrom des Neckars und enthält recht viel Kalk. Vermutlich führte eine geringe Schwankung in den chemischen Eigenschaften des Wassers dazu, dass es mit Kalziumkarbonat übersättigt war, erklärt der Geowissenschaftler Tilmann Althaus, Redakteur bei »Sterne und Weltraum«. Er war der Erste, der dem unbekannten Fremdstoff auf die Spur kam. »Dann reicht eine zufällige Störung, vielleicht eine Erschütterung, und die Teilchen bilden sich«, erklärt er. Dass das Wasser nicht trübe, sondern blau wird, liegt daran, dass die Partikel so klein sind. »Das sind winzige Partikel, kaum größer als Kristallkeime. Sie bestehen vielleicht aus ein paar hundert Einheiten Kalziumkarbonat.«
Dass Kalkteilchen Wasser blau färben, ist außerdem nicht ungewöhnlich, im Gegenteil: Bei Gebirgsflüssen und -seen und Regionen mit kalkhaltigen Gesteinen sieht man das Phänomen häufig. Auch dort ist das Wasser fast vollständig mit Karbonat gesättigt, und kleine Turbulenzen erzeugten die winzigen Kristalle. Wenn der Fluss ausreichend klar ist, erscheint er durch die Nanopartikel türkisblau. In Wasserwerken passiere das normalerweise nicht, sagt Althaus, weil die chemischen Eigenschaften des Wassers streng kontrolliert werden. »Man will ja verhindern, dass sich Kristallkeime bilden und die Rohrleitungen verkalken.« Warum das im Februar 2019 trotzdem passiert ist, darüber könne man im Nachhinein nur spekulieren – möglicherweise sei es sogar eine Spätfolge des Sommers 2018: »Vielleicht ist durch die Trockenheit weniger Wasser durch den Grundwasserleiter geflossen, so dass sich das Kalziumkarbonat leicht angereichert hat.«
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