24 Stunden Verwüstung: Warum Hurrikan Dorian stecken blieb
Am Montag Abend deutscher Zeit war es so weit: Der tropische Wirbelsturm Dorian, der schon zuvor mit kaum zwei Kilometern pro Stunde nach Westen gedriftet war, blieb endgültig stehen. Niemals zuvor ist ein Hurrikan dieser Stärke so lange an einem Punkt stecken geblieben – und die Ursache war ironischerweise zu wenig Wind. Die obere Atmosphäre ist einfach zu ruhig. Tropische Wirbelstürme bewegen sich nicht von allein, sondern driften passiv in den als »steering currents« bezeichneten Höhenwinden in etwas über 5000 Meter Höhe. Die entstehen, wenn Luft aus einem Gebiet höheren Luftdrucks zu einer Region mit niedrigerem Druck fließt – und das passiert derzeit schlicht nicht. Bisher hatte ein Hochdruckrücken über dem Atlantik den Sturm Richtung Westen gedrückt. Doch seit dem Wochenende zieht ein Tiefdruckgebiet über der Ostküste der USA den Sturm entgegen dem Strömungsmuster des Hochdruckrückens nach Norden. Die beiden Effekte neutralisierten sich am Montag gegenseitig.
Hurricane #Dorian has barely moved over the last 24 hours, continues to hammer Grand Bahama Island. Still a CAT 3 with 120 mph max sustained winds. pic.twitter.com/chQ9OyCeKY
— NWS Paducah (@NWSPaducah) 3. September 2019
Seither fehlt Hurrikan Dorian einfach der Antrieb – und die Pause fand an einem der denkbar schlechtesten Orte statt. Am frühen Morgen war der Sturm als Hurrikan der höchsten Kategorie 5 auf das nur 150 Kilometer lange und 25 Kilometer breite Grand Bahama Island getroffen, 18 Stunden später befand sich das Auge, der Bereich stärkster Winde, immer noch teilweise über der Insel. Fast einen ganzen Tag traktierte Dorian die mehr als 50 000 Menschen auf Grand Bahama mit Windgeschwindigkeiten von über 350 Stundenkilometern und einer laut Berichten sechs Meter hohen Sturmflut – die höchste Erhebung der Insel ist zwölf Meter hoch.
Inzwischen ist Dorian etwas schwächer geworden und hat – endlich – Grand Bahama Richtung Norden verlassen. Doch immer noch bewegt sich der Wirbelsturm extrem langsam, denn weiterhin fehlt ein großräumiger Einfluss, der ihn entschieden in eine Richtung treiben könnte. Das macht auch die Vorhersagen über seinen weiteren Weg so kompliziert. Die Computermodelle sind sich einig, dass das Tiefdruckgebiet im Norden langfristig den Kampf gewinnen wird – und Dorian deswegen weiter nach Norden zieht. Bis dahin aber driftet Dorian und ist ohne großräumige Steuerung anfällig für kleine Störungen, die normalerweise keine Rolle spielen.
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