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Genetik: Warum sind fast alle roten Katzen männlich?

Eine rote Fellfärbung wie Garfield hat meist nur ein Kater, rot-schwarze oder dreifarbige Katzen sind hingegen fast immer weiblich. Nun wurde der Grund dafür gefunden.
Vier wahnsinnig süße kleine rote Langhaar-Katzenbabies, super niedlich, sitzen vor dunklem Hintergrund.
Bei roten Katzen muss man das Geschlecht eigentlich nicht prüfen – es handelt sich fast immer um Männchen.

Seit mehr als 60 Jahren suchen Fachleute nach dem Gen, das die rote Fellfarbe von Katzen verursacht. Anders als bei Menschen hängt die Färbung der Haustiere mit ihrem Geschlecht zusammen: Während es sich bei roten Stubentigern fast ausschließlich um Kater handelt, tauchen rot-schwarze oder dreifarbige Fellpartien nahezu nur bei weiblichen Tieren auf. Nun haben zwei Forschungsteams unabhängig voneinander die Genmutation ausgemacht, welche die rote Fellfarbe erzeugt – und sind dabei auf ein unerwartetes Protein gestoßen. Die noch nicht begutachteten Arbeiten wurden Ende November 2024 auf »BioRxiv« veröffentlicht.

Wenn eine rote und eine schwarze Katze Nachwuchs haben, können entweder schwarz-rot gefärbte (beziehungsweise dreifarbige) Junge entstehen oder einfarbige. Erstere sind meist weiblich, während Männchen so gut wie immer einfarbig sind. Das deutet darauf hin, dass die Genvarianten für schwarzes und rotes Fell Teil des X-Chromosoms sind. Da weibliche Katzen zwei X-Chromosomen erhalten, können ihre Zellen entscheiden, welches der Chromosomen aktiviert wird – verschiedene Fellbereiche können deswegen unterschiedliche Farben haben. Ein Kater aus diesem Wurf ist hingegen meist einfarbig, da er ja nur ein X-Chromosom von einem der beiden Elternteile erhält.

Bei den meisten Säugetieren, auch beim Menschen, verursacht eine Mutation im Protein MC1R (ein Melanocortinrezeptor) die rote Farbe in Fell oder Haaren. Bei Katzen scheint das aber anders zu sein. Das Gen, das dieses Protein enthält, ist bei ihnen nicht auf dem X-Chromosom angesiedelt. Zudem weisen die meisten roten Katzen keine Mutation von MC1R auf. »Es war ein genetisches Rätsel«, sagte der Genetiker Greg Barsh von der Stanford University zu »Science«, der an einer der neuen Arbeiten beteiligt war.

Ein ungeahntes Protein

Er und sein Team haben Hautproben von vier roten und nichtroten Katzenembryonen in Kastrationskliniken gesammelt. Dabei haben sie untersucht, wie viel RNA die jeweiligen Melanozyt-Pigmentzellen erzeugen und zu welchem Gen sie gehören. Die roten Katzen bildeten etwa 13-mal mehr RNA eines Gens namens ARHGAP36, das auf dem X-Chromosom liegt – ein deutlicher Hinweis darauf, dass dieses die rote Fellfärbung verursacht.

Eine Forschungsgruppe um den Entwicklungsbiologen Hiroyuki Sasaki von der japanischen Universität Kyushu fand ähnliche Hinweise, als sie weltweit gesammelte Genome von mehr als 280 Katzen untersuchten. Offenbar erzeugt das Gen ARHGAP36 einen Überschuss an RNA – aber nicht durch eine Mutation. Die DNA, die ARHGAP36 erzeugt, sieht bei allen Katzen gleich aus. Stattdessen scheint bei roten Katzen ein benachbarter DNA-Abschnitt zu fehlen, der die RNA-Produktion steuert. Deshalb erzeugen sie viel mehr davon als nichtrote Artgenossen.

»Katzen haben offenbar etwas Besonderes an sich«Carolyn Brown, Genetikerin

Bislang hatte niemand einen Zusammenhang zwischen ARHGAP36 und der Färbung von Haut oder Haarzellen vermutet. Zudem sei es ungewöhnlich, dass eine Gendeletion (die fehlenden regulierenden DNA-Abschnitte) gewisse Gene aktiver macht, statt sie zu schwächen, sagte die Genetikerin Carolyn Brown von der University of British Columbia zu »Science«, die nicht an den Studien beteiligt war. »Katzen haben offenbar etwas Besonderes an sich.«

  • Quellen

10.1101/2024.11.19.624036v1

10.1101/2024.11.21.624608v1

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