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Scheidenmikrobiom: Warum Stereochemie in der Vagina wichtig ist

Ob sich eine Frau beim Sex mit Chlamydien infiziert, hängt offenbar davon ab, welche Art Milchsäurebakterien ihre Scheidenflora dominiert.
Frau hält sich ein Fragezeichen-Schild vor den Unterleib

Milchsäure produzierende Bakterien in der Vagina schützen Frauen vor einer Infektion mit Krankheitserregern wie Chlamydien. Doch offenbar gibt es davon »bessere« und »schlechtere« Stämme. Bei der Untersuchung der Stoffwechselprodukte der Milchsäurebildner fiel einem Team um Jacques Ravel von der University of Maryland School of Medicine ein kleiner, aber entscheidender Unterschied auf. Laktobazillen, die ausschließlich rechtsdrehende Milchsäure herstellen, schützen die Scheidenschleimhaut offenbar weniger gut vor dem Befall durch Chlamydien als Stämme, die ihren Zucker hauptsächlich zu linksdrehender Milchsäure vergären. Vor allem die linksdrehende D-Form der Milchsäure hemmte das Wachstum vaginaler Zellkulturen und machte die Schleimhautzellen damit widerstandsfähiger gegen Chlamydien, berichtet das Team nun im Fachjournal »MBio«.

Bisher dachte man, dass es hauptsächlich der saure pH-Wert der Milchsäure ist, der den weiblichen Geschlechtstrakt vor sexuell übertragbaren Keimen wie Chlamydien schützt. Das hieße, je mehr Milchsäure produzierende Laktobazillen in der Scheide leben, desto besser wären die Frauen vor einer Chlamydieninfektion geschützt. Zusammen mit Kollegen aus den Niederlanden fiel Ravel bereits früher auf, dass die Sache komplizierter ist. Die Forscher beobachteten, dass Probandinnen, deren Scheidenflora von der Spezies Lactobacillus iners dominiert wurde, in mehr als doppelt so vielen Fällen von Chlamydien befallen wurden wie andere Frauen. Und das, obwohl diese insgesamt ähnlich viele Laktobazillen mit sich herumtrugen. Warum manche Stämme Frauen besser vor dem Keim schützen als andere, blieb dem Team zunächst unklar. Darum nahm es nun die Stoffwechselprodukte verschiedener in der Scheide lebender Laktobazillen-Stämme genauer unter die Lupe.

Ravel und seine Kollegen stellten fest, dass der Stamm Lactobacillus crispatus, der in ihren Kulturen eine Infektion der Zellen effektiv verhinderte, viermal mehr D-Milchsäure als L-Milchsäure gebildet hatte. Der Stamm Lactobacillus iners produzierte hingegen nur rechtsdrehende L-Milchsäure und zeigte kaum eine Wirkung gegen die Erreger. Auch in künstlich zugesetzter Form hemmte D-Milchsäure die Chlamydien ähnlich gut wie die Sekrete von Lactobacillus crispatus. Um herauszufinden, was die linksdrehende Milchsäure bewirkt, beobachteten die Forscher, wie sich die Zellkulturen im Verlauf von 22 Stunden veränderten. Dabei zeigte sich, dass diese Variante der Milchsäure offenbar die Schleimhautzellen am Wachsen und Vermehren hindert. Und das scheint für die Chlamydien schlecht zu sein: »Ausgebremste« Zellen können sie weniger gut befallen. So bekämpfen die Laktobazillen die Eindringlinge zwar nicht direkt, tragen aber über bestimmte Stoffwechselprodukte zum Schutz der Scheidenschleimhaut bei. Das Mikrobiom der Vagina zu untersuchen und gezielt zu verändern, könne helfen, Frauen vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen, meint das Team um Ravel.

Infektionen mit Chlamydia trachomatis gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen weltweit. Nicht nur Frauen, auch Männer können sich mit dem Bakterium infizieren. Meist geschieht das über ungeschützten Vaginal- und Analverkehr. Junge, sexuell aktive Menschen sind am häufigsten betroffen. Weil die Infektion in Deutschland nicht meldepflichtig ist und oft völlig symptomlos verläuft, gibt es eine hohe Dunkelziffer. Wird eine Infektion nicht rechtzeitig erkannt und durch Antibiotika bekämpft, können die Chlamydien jedoch in manchen Fällen in den Körper aufsteigen, Entzündungen verursachen und sogar zu Unfruchtbarkeit führen. Bei Frauen erhöht sich zudem das Risiko für Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter. Eine Impfung, möglichst vor dem ersten sexuellen Kontakt, wie sie sich bereits gegen andere Erreger wie Humane Papillomviren etabliert hat, ist gegen Chlamydien noch nicht verfügbar. Doch immerhin gibt es inzwischen einen Kandidaten, der einen ersten Verträglichkeitstest am Menschen überstanden hat: In seiner klinischen Phase-I-Studie mit 35 gesunden Frauen habe der Stoff CTH522 wie erwartet eine Antwort des Immunsystems hervorgerufen und sei zudem gut vertragen worden, schreibt ein Team um Peter Andersen vom Statens Serum Institut in Kopenhagen nun im Fachjournal »The Lancet Infectious Diseases«. Um herauszufinden, ob der Impfstoff Chlamydieninfektionen und ihre Folgen tatsächlich verhindern kann, sind jedoch weitere Studien mit mehr Probandinnen und Probanden notwendig.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels bezeichneten wir L-Milchsäure fälschlicherweise als linksdrehend. Tatsächlich ist sie aber rechtsdrehend, während die D-Milchsäure polarisiertes Licht gegen den Uhrzeigersinn, also nach links dreht. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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