Hormone: Warum uns Hunger impulsiver macht
Bei leerem Magen kurbelt die Schleimhaut dort die Produktion des Hormons Ghrelin an – und weckt damit unseren Hunger. Es sorgt unter anderem dafür, dass Essen leckerer aussieht, so dass wir es eher verspeisen. Doch leider bleibt es nicht nur bei dieser Reaktion, denn Ghrelin hat auch ein paar eher unerfreuliche Nebenwirkungen. Unter anderem stört es unsere Fähigkeit zur Selbstkontrolle und macht uns impulsiver, so eine Studie von Rozita Anderberg von der Universität Göteburg und ihrem Team. Das Hungerhormon beeinflusst demnach die Aktivität der Area tegmentalis ventralis im Mittelhirn, die Freude und andere Emotionen reguliert und wohl auch eine wichtige Rolle für die Entstehung vom Suchtverhalten spielt. Wie es auf das Hirn wirkt, haben die Wissenschaftler an Ratten getestet, die drei Selbstkontrolltests absolvieren sollten.
Die (satten) Tiere wurden beispielsweise darauf trainiert, einen Knopf zu drücken, nachdem sie eine gewisse Zeit gewartet hatten. Als Belohnung winkte ihnen eine süße Leckerei. Oder sie erhielten diese, wenn ihnen ein Signal erlaubte, den Schalter zu betätigen. Im dritten Versuch sollten sie sich in Geduld üben können: Gelang ihnen dies, erhielten sie mehr Zucker, als wenn sie sofort den Schalter drückten, um an die Nascherei zu gelangen. In den meisten Fällen hatten sich die Nager dabei irgendwann gut im Griff. Dann spritzten ihnen die Forscher Ghrelin, dass bei den Ratten auch rasch Wirkung zeigte. Sie hatten sich schlechter unter Kontrolle, pressten schneller die Knöpfe und wollten zügiger an Belohnungen, auch wenn ihnen dadurch die größeren Mengen entgingen. Sie handelten impulsiver. Das Ganze wiederholten Anderberg und Co nochmals mit hungrigen Ratten, ohne dass diesen das Hormon verabreicht worden war – das Resultat blieb das gleiche. Injizierten sie den Tieren jedoch Mittel, die die Wirkung von Ghrelin unterbinden, kehrten die Ratten zu ihrem kontrollierten Verhalten zurück.
Das erklärt also wohl, warum wir beim Einkaufen mehr in den Warenkorb packen als nötig, wenn wir hungrig sind. Doch darüber hinaus weckt die Erkenntnis auch Möglichkeiten bestimmte Essstörungen oder psychische Störungen der Impulskontrolle zu behandeln. Die Ghrelin-Rezeptoren im Hirn spielen dabei womöglich eine größere Rolle als gedacht und könnten daher das Ziel von medikamentösen Therapieansätzen sein, so die Autoren.
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