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Spezielle Atemtechnik: Warum die Boa beim Würgen noch Luft bekommt

Wenn Würgeschlangen ihre Beute zu Tode quetschen, lastet der volle Druck auf ihrem Brustkorb. Dank einer ausgefeilten Atemtechnik vermeiden die Tiere, sich selbst zu ersticken.
Ein Python hat zwei Schlingen seines Körpers um das Beutetier gelegt und drückt es nun, bis dessen Kreislauf kollabiert.

Würgeschlangen wie Boa constrictor haben ein Problem: Sie töten ihre Beutetiere, indem sie sie umschlingen und buchstäblich zu Tode pressen. Doch der tödliche Druck lastet – actio gleich reactio – gleichermaßen auf dem Brustkorb der Schlange. Und anders als Säugetiere haben Schlangen kein Zwerchfell: Sie atmen, indem sie ihre Rippenbögen bewegen. Ein Team um John G. Capano von der Brown University in Providence in den USA hat nun Experimente durchgeführt, um diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen. Wie die Arbeitsgruppe im »Journal of Experimental Biology« berichtet, umgeht die Würgeschlange das Problem, indem sie gezielt einzelne Rippen in nicht blockierten Teilen des Brustkorbs bewegt. Dadurch funktionieren kleine Bereiche der Lunge wie ein Blasebalg und saugen Luft in die blockierten Zonen.

Mit Riemen, die normalerweise zum Abbinden des Arms bei der Blutabnahme genutzt werden, umwickelte die Arbeitsgruppe in ihren Versuchen den Körper mehrerer Boa constrictor. Dadurch verhinderten die Fachleute, dass die Würgeschlangen in diesem Bereich den Brustkorb dehnten – und maßen mit kleinen Masken den Atemstrom. Wie das Team berichtet, erwiesen sich die Schlangen als Maskenskeptiker, was die Messungen erschwerte. Dennoch zeigten die so gewonnenen Daten, dass die Schlangen trotz der Einschränkung noch atmen konnten. Röntgenbilder bestätigten den Befund. Darauf ist zu sehen, dass sich Teile des Brustkorbs der Schlange auch dann noch ausdehnen können, wenn andere Teile schon unbeweglich sind.

Das schafft das Tier, weil es die Muskeln in verschiedenen Bereichen des Brustkorbs unabhängig voneinander aktivieren kann. Um das nachzuweisen, maß die Arbeitsgruppe das Potenzial an Nerven, die verschiedene Muskelgruppen entlang des Brustkorbs ansteuern. Dabei wurde deutlich, dass die Schlangen gar nicht erst versuchten, mit dem eingeschränkten Bereich ihres Brustkorbs zu atmen. Stattdessen aktivierten sie nur die Muskeln an Rippen, die sich noch bewegen konnten. Wie die Fachleute vermuten, trat diese Fähigkeit früh in der Evolution dieser Tiere auf und half ihnen zuerst dabei, immer größere Beutetiere zu verschlingen, ohne zu ersticken. Erst später nutzten dann einige Arten die besondere Atemkontrolle für die spezielle Jagdtechnik der Würgeschlangen.

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