Mittelalterschwert: Was bedeutet diese rätselhafte Inschrift?
"Helft uns, diese Inschrift zu entschlüsseln", bittet die British Library auf ihrem Blog. Ein Schwert ihrer Ausstellung anlässlich des diesjährigen Jubiläums der Magna Carta trägt die höchst mysteriöse Inschrift:
+NDXOXCHWDRGHDXORVI+
Das nach dem Fundort, dem Fluss Witham in Lincolnshire, benannte Schwert stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert und gehörte einem wohlhabenden Ritter. Nur Begüterte konnten sich solche Spezialwaffen leisten. Das Schwert wurde mutmaßlich von einem Schmied aus dem heutigen Deutschland angefertigt und steht mit seiner kryptischen Aufschrift nicht allein da: "Beschriftete Schwerter waren der letzte Schrei um das Jahr 1200", schreibt Marc van Hasselt von der Universität Utrecht in einer Antwort auf den Blogbeitrag.
Eine Anzahl solcher Waffen sind erhalten geblieben, sie zeigen allesamt schwer bis gar nicht zu durchschauende Buchstabenketten. Experten für mittelalterliche Inschriften beißen sich seit Jahrzehnten die Zähne an ihrer Enträtselung aus. Im Allgemeinen gehe man davon aus, dass der Inschrift ein lateinischer Text zu Grunde liegt, heißt es in dem Beitrag. Die einzelnen Buchstaben könnten etwa Anfangsbuchstaben lateinischer Wörter darstellen – "ND" stünde beispielsweise für "Nomine Domini", im Namen Gottes, das häufige "XOX" könnte eine Art Symbol für die heilige Dreifaltigkeit sein. Leider haben Experten bislang noch keine gängigen lateinischen Phrasen oder Gebete gefunden, die sich mit den Inschriften in Verbindung bringen ließen. Deutungsansätze für die Inschriften anderer Schwerter wie +BENEDOXOFTISSCSDRRISCDICECMTINIUSCSDNI+ und +DIOXMTINIUSESDIOMTINIUSCSDICCCMTDICIIZISI+ liefert van Hasselt auf den Seiten der British Library.
Merkwürdig ist allerdings die Verwendung des Buchstabens "W" auf dem River-Witham-Schwert. Dieser Buchstabe existiert im klassischen Latein nicht. Hier könnte eventuell ein Wort oder Personenname aus einer der damaligen Volkssprachen Eingang gefunden haben. Möglicherweise handelt es sich bei den Inschriften um ein Erbe magischer Praktiken, christianisierte Versionen germanischer Zaubersprüche blieben beispielsweise noch bis ins Mittelalter in Gebrauch. Mit Hilfe der Inschrift könnte sich der Träger des Schwerts vielleicht göttlichen Beistands versichert haben.
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