Mars Reconnaissance Orbiter: Was fließt in manchen Marskratern?
Der rote Planet Mars erscheint, abgesehen von atmosphärischen Erscheinungen eher statisch. Nur selten konnten die den Planeten ständig beobachtenden Raumsonden Veränderungen an seiner Oberfläche registrieren wie Staublawinen oder Hangrutschungen. Nun stieß eine Forschergruppe um Alfred S. McEwen an der University of Arizona bei einer systematischen Durchmusterung hochaufgelöster Bilder der Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter auf kleinskalige Veränderungen in Kratern auf der Südhalbkugel, die sich offenbar im Rhythmus der Jahreszeiten ereignen.
Sie erscheinen an den steilen Hängen von Einschlagkratern als schmale dunkle Streifen mit Breiten von einem halben Meter bis zu fünf Metern und erreichen Längen von bis zu mehreren hundert Metern. Sie werden von den Forschern Recurring Slope Lineae (RSL)), englisch für wiederkehrende Hangstriche, bezeichnet. Wiederkehrend deshalb, weil sich in Raumsonden-Bildern, die im Abstand von Wochen, Monaten oder gar Jahren aufgenommen wurden, immer wieder Veränderungen zeigen. Manche RSL sind länger geworden, neue sind hinzugekommen, andere dagegen verblasst.
Ihre schmale Form und enge Begrenzung spricht dafür, dass es hier zu Fließvorgängen kommt, nur ist die Frage: Was fließt hier? Eine Möglichkeit ist, dass es sich um äußerst feinen Staub handelt, der von den Kraterhängen herunterstürzt und sich mit dem in ihm befindlichen Gasen der Marsatmosphäre wie eine Flüssigkeit verhält. Solche Fließvorgänge lassen sich häufig auch in irdischen Wüstengebieten beobachten.
Das Forscherteam um McEwen favorisiert eine andere Erklärung, nämlich dass fließendes, stark salzhaltiges Wasser für die Entstehung und Veränderung der RSL verantwortlich ist. Das Team veröffentlichte seine Erkenntnisse in der Wissenschaftszeitschrift Science vom 5. August 2011 und präsentiert dazu einen Film:
Dass es Wasser auf dem Mars gibt, ist schon seit den ersten globalen Erkundungen der Raumsonde Mariner 9 im Jahr 1972 klar, aber die unter den Planetenforschern vorherrschende Meinung ist, dass es fest gefroren als Eis vorliegt und nur in der frühen geologischen Vergangenheit über die Marsoberfläche floss. Flüssiges Wasser hat an der Oberfläche des Mars bei den jetzt dort herrschenden Druck- und Temperaturbedingungen schlechte Karten, es würde sofort verdampfen, obwohl die Durchschnittstemperatur des Roten Planeten deutlich unter 0 Grad Celsius liegt.
Dennoch geht das Forscherteam von derzeit auf dem Mars fließenden Wasser aus, das in den Gesteinen der Kraterwände als Grundwasser vorkommt. Damit es nicht beim Austritt an die Oberfläche sofort verkocht, nehmen die Forscher an, dass es stark salzhaltig ist und eher an die Flüssigkeit erinnert, die sich beispielsweise im Toten Meer befindet. Zudem senkt ein hoher Salzgehalt den Schmelzpunkt von Wasser um bis zu 70 Grad Celsius und reduziert seinen Dampfdruck, so dass es an der Marsoberfläche länger als reines Wasser existieren könnte. Somit wäre es denkbar, dass es als Flussmittel der dunklen RSL dient.
Die Forscher führen dafür ins Feld, dass die RSL nur an Kraterwänden auf der Südhalbkugel auftreten, die in Richtung des Äquators ausgerichtet sind. Sie verändern sich nur im südlichen Frühling, Sommer und Frühherbst auf dem Mars, wenn das Sonnenlicht dort besonders intensiv einfällt. Im Winter neigen die Streifen dazu auszubleichen, um im darauf folgenden Frühjahr wieder zu erscheinen. Auf der Nordhalbkugel fehlen diese RSL, weil sich im Nordsommer der Mars auf seiner stark elliptischen Umlaufbahn in Sonnenferne befindet und die Temperaturen dann nicht so hoch ansteigen können wie im Südsommer.
Dagegen können in den geschützten Lagen in den Kratern auf der Südhalbkugel im Sommer die Temperaturen stundenweise zwischen –25 und +20 Grad Celsius betragen, was die Entstehung flüssigen Wassers zumindest denkbar erscheinen lässt. Die Forscher vermuten, dass im Winter die wasserhaltigen Gesteine gefrieren, so dass das salzige Grundwasser in dieser Zeit an den Kraterhängen nicht austreten kann und sich deshalb ansammelt. Im Frühjahr und Sommer heizt dann die Sonne die Kraterhänge so weit auf, dass die Eispfropfen auftauen und geringe Mengen des stark salzhaltigen Wassers austreten. Dort vermischen sie sich mit dem überall auf dem Mars befindlichen Feinstaub und fließen die Hänge herunter.
Die Herkunft der dunklen Farbe der RSL ist unklar, fest steht jedoch, dass es nicht etwa feuchter Sand ist, sondern es sich um eine Eigenschaft des in den Streifen befindlichen Staubs handelt. Ein direkter Nachweis von Wasser oder Salzen in den RSL gelang dem Team um McEwen und seinen Koautoren nicht, zudem konnten sie bisher nicht das aktive Fließen eines RSL direkt im Bild festhalten. Was hier im Detail vor sich geht, können wohl erst weitere Untersuchungen mit weiterentwickelten Instrumenten künftiger Marssonden klären.
Tilmann Althaus
Sie erscheinen an den steilen Hängen von Einschlagkratern als schmale dunkle Streifen mit Breiten von einem halben Meter bis zu fünf Metern und erreichen Längen von bis zu mehreren hundert Metern. Sie werden von den Forschern Recurring Slope Lineae (RSL)), englisch für wiederkehrende Hangstriche, bezeichnet. Wiederkehrend deshalb, weil sich in Raumsonden-Bildern, die im Abstand von Wochen, Monaten oder gar Jahren aufgenommen wurden, immer wieder Veränderungen zeigen. Manche RSL sind länger geworden, neue sind hinzugekommen, andere dagegen verblasst.
Ihre schmale Form und enge Begrenzung spricht dafür, dass es hier zu Fließvorgängen kommt, nur ist die Frage: Was fließt hier? Eine Möglichkeit ist, dass es sich um äußerst feinen Staub handelt, der von den Kraterhängen herunterstürzt und sich mit dem in ihm befindlichen Gasen der Marsatmosphäre wie eine Flüssigkeit verhält. Solche Fließvorgänge lassen sich häufig auch in irdischen Wüstengebieten beobachten.
Das Forscherteam um McEwen favorisiert eine andere Erklärung, nämlich dass fließendes, stark salzhaltiges Wasser für die Entstehung und Veränderung der RSL verantwortlich ist. Das Team veröffentlichte seine Erkenntnisse in der Wissenschaftszeitschrift Science vom 5. August 2011 und präsentiert dazu einen Film:
Dass es Wasser auf dem Mars gibt, ist schon seit den ersten globalen Erkundungen der Raumsonde Mariner 9 im Jahr 1972 klar, aber die unter den Planetenforschern vorherrschende Meinung ist, dass es fest gefroren als Eis vorliegt und nur in der frühen geologischen Vergangenheit über die Marsoberfläche floss. Flüssiges Wasser hat an der Oberfläche des Mars bei den jetzt dort herrschenden Druck- und Temperaturbedingungen schlechte Karten, es würde sofort verdampfen, obwohl die Durchschnittstemperatur des Roten Planeten deutlich unter 0 Grad Celsius liegt.
Dennoch geht das Forscherteam von derzeit auf dem Mars fließenden Wasser aus, das in den Gesteinen der Kraterwände als Grundwasser vorkommt. Damit es nicht beim Austritt an die Oberfläche sofort verkocht, nehmen die Forscher an, dass es stark salzhaltig ist und eher an die Flüssigkeit erinnert, die sich beispielsweise im Toten Meer befindet. Zudem senkt ein hoher Salzgehalt den Schmelzpunkt von Wasser um bis zu 70 Grad Celsius und reduziert seinen Dampfdruck, so dass es an der Marsoberfläche länger als reines Wasser existieren könnte. Somit wäre es denkbar, dass es als Flussmittel der dunklen RSL dient.
Die Forscher führen dafür ins Feld, dass die RSL nur an Kraterwänden auf der Südhalbkugel auftreten, die in Richtung des Äquators ausgerichtet sind. Sie verändern sich nur im südlichen Frühling, Sommer und Frühherbst auf dem Mars, wenn das Sonnenlicht dort besonders intensiv einfällt. Im Winter neigen die Streifen dazu auszubleichen, um im darauf folgenden Frühjahr wieder zu erscheinen. Auf der Nordhalbkugel fehlen diese RSL, weil sich im Nordsommer der Mars auf seiner stark elliptischen Umlaufbahn in Sonnenferne befindet und die Temperaturen dann nicht so hoch ansteigen können wie im Südsommer.
Dagegen können in den geschützten Lagen in den Kratern auf der Südhalbkugel im Sommer die Temperaturen stundenweise zwischen –25 und +20 Grad Celsius betragen, was die Entstehung flüssigen Wassers zumindest denkbar erscheinen lässt. Die Forscher vermuten, dass im Winter die wasserhaltigen Gesteine gefrieren, so dass das salzige Grundwasser in dieser Zeit an den Kraterhängen nicht austreten kann und sich deshalb ansammelt. Im Frühjahr und Sommer heizt dann die Sonne die Kraterhänge so weit auf, dass die Eispfropfen auftauen und geringe Mengen des stark salzhaltigen Wassers austreten. Dort vermischen sie sich mit dem überall auf dem Mars befindlichen Feinstaub und fließen die Hänge herunter.
Die Herkunft der dunklen Farbe der RSL ist unklar, fest steht jedoch, dass es nicht etwa feuchter Sand ist, sondern es sich um eine Eigenschaft des in den Streifen befindlichen Staubs handelt. Ein direkter Nachweis von Wasser oder Salzen in den RSL gelang dem Team um McEwen und seinen Koautoren nicht, zudem konnten sie bisher nicht das aktive Fließen eines RSL direkt im Bild festhalten. Was hier im Detail vor sich geht, können wohl erst weitere Untersuchungen mit weiterentwickelten Instrumenten künftiger Marssonden klären.
Tilmann Althaus
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