Sternentod: Was geschah beim Ausbruch von Eta Carinae?
Das Doppelsternsystem Eta Carinae im südlichen Sternbild Schiffskiel (lateinisch: Carina) enthält zwei extrem massereiche Sterne, die sich schon sehr weit entwickelt haben. Zumindest der massereichere von ihnen steht aus astronomischer Sicht kurz davor, als Supernova zu explodieren. Im 19. Jahrhundert durchlief Eta Carinae für rund 20 Jahre einen starken Helligkeitsausbruch, der ihn zeitweise zum zweithellsten Stern am Himmel nach Sirius machte. Zu dieser Zeit standen auf der Südhalbkugel keine geeigneten Messinstrumente zur Verfügung, um ein detailliertes Spektrum des Sterns aufzuzeichnen. So konnten die Astronomen bislang nur Mutmaßungen darüber anstellen, was damals mit den beiden Komponenten des Doppelsternsystems geschah. Einem Forscherteam um A. Rest vom Space Telescope Science Institute in Baltimore gelang es nun, nähere Einblicke in die damaligen Ereignisse zu gewinnen.
Der Ausbruch ereignete sich zwar bereits in den Jahren 1838 bis 1858, aber die Astronomen konnten jetzt so genannte Lichtechos der Eruption auffangen. Hier wurde das Licht des Ausbruchs an Staubwolken in der Umgebung von Eta Carinae reflektiert. Da das Licht nicht auf dem direkten Weg vom Stern zu uns gelangte, sondern einen Umweg über die Staubwolken nahm, erreicht es uns erst jetzt. Aus der Analyse der Lichtechos erstellten die Astronomen eine Lichtkurve des Ausbruchs über acht Jahre hinweg, also eine Auftragung der Helligkeit gegen die Zeit. Sie zeigt eine gute Übereinstimmung mit den zeitgenössischen Berichten über das Verhalten von Eta Carinae.
Aus der spektralen Analyse ergab sich, dass der auf 170 Sonnenmassen geschätzte Primärstern große Mengen an Gas mit einer Temperatur von rund 5000 Grad Celsius ausstieß. Offenbar waren die thermonuklearen Reaktionen in der Kernzone des massereichen Sterns aus dem Gleichgewicht geraten, und die Energieproduktion des Sterninneren vervielfachte sich. Somit wurden die äußeren Schichten des Sterns durch die Aufheizung aufgebläht und von einem starken Sternwind fortgetragen. Das Gas bildete eine Hülle um die beiden Sterne und strömte auf den mit 80 Sonnenmassen deutlich masseärmeren Begleiter. Die Forscher vermuten, dass während der Ausbruchsphase mehrere Sonnenmassen an Gas auf den kleineren Stern überströmten. Dabei wurden große Mengen an Gravitationsenergie beim Aufsammeln des Gases frei, sie war die Hauptenergiequelle des Helligkeitsausbruchs. Ein Teil der Materie wurde vom Begleiter nicht aufgenommen, sondern in Form von zwei riesigen Gasblasen in gegensätzliche Richtungen ausgestoßen. Sie bilden heute den spektakulären Homunkulus-Nebel, in dessen Inneren sich heute die beiden Sterne von Eta Carinae befinden.
Während der 20-jährigen Ausbruchsdauer wurde Eta Carinae in den Jahren 1838 und 1843 besonders hell. Rest und seine Koautoren vermuten, dass diese fünf Jahre der Umlaufdauer der beiden Sterne um ihren gemeinsamen Schwerpunkt entsprachen. Die hellsten Phasen ereigneten sich jeweils, als sich die beiden Sterne auf ihren elliptischen Bahnen besonders nahe kamen. Derzeit liegt ihre Umlaufperiode bei rund fünfeinhalb Jahren, die Veränderungen gehen auf den Materieverlust und auf die Übertragung von Masse vom größeren Stern auf den kleineren zurück. Die Forscher um Rest möchten die Lichtechos noch über mehrere Jahre hinweg verfolgen, um die Lichtkurve des Ausbruchs weiter zu vervollständigen und mit den zeitgenössischen Berichten abzugleichen. Sie erhoffen sich daraus die endgültige Aufklärung der Vorgänge bei dieser Eruption und die Bestätigung ihres Modells.
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