Materialwissenschaften: Gummibärchen unter Beschuss
Kinder lieben Gummibärchen – und Pharmazeuten auch. Zumindest verwenden sie gern ungesüßte Gelatine, um damit schlecht schmeckende Medikamente einzuhüllen, diese gezielt und langsam erst im Magen freizusetzen oder um die Wirkstoffe vor dem Oxidieren zu bewahren. Wie gut das Gummibärchenrohmaterial allerdings hält, kommt auf dessen Porenvolumen an – je größer, desto rascher dringt die Umwelt zum eingekapselten Stoff vor. Um die Größe und Verteilung der Nanoporen in der Gelatine exakter denn je zu bestimmen, beschossen Forscher der TU München um Christoph Hugenschmidt gezielt rote Gummibärchen mit Positronen – ausschließlich rote, um eventuelle Einflüsse durch unterschiedliche Farben zu vermeiden.
Trifft ein Positron im Gummibärchen auf sein negativ geladenes Pendant, das Elektron, entsteht für sehr kurze Zeit ein so genanntes Positronium, das unmittelbar danach zu einem Lichtblitz zerfällt – den man mit Messgeräten erfassen kann. Je nach Feuchtigkeitsgehalt des Gummibärchens überlebt ein Positronium unterschiedlich lang in der Gelatine: In trockenem Stoff überdauert es durchschnittlich nur 1,2 Nanosekunden, in feuchten Süßwaren dagegen 1,9 Nanosekunden. Aus diesen Zeiten können die Physiker zudem ermitteln, wie viele Poren sich im Material befinden und wie groß sie ausfallen. Flüssigkeit führt demnach dazu, dass sich das Material ausdehnt: Dadurch vergrößern sich auch die vorhandenen Poren beziehungsweise öffnen sich neue – das Porenvolumen nimmt deutlich zu. "Je größer das freie Volumen, desto eher kann Sauerstoff eindringen und den Wirkstoff schädigen, aber desto weniger spröde ist auch die Gelatine", so Christoph Hugenschmidt. Und mit diesem Wissen lässt sich vielleicht die Gelatineproduktion optimieren.
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