Interview mit Stephan Ulamec: Was passierte bei der Landung?
Gestern ist Philae nach einem zehnjährigen Flug mit der Raumsonde Rosetta auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko angekommen. Es waren spannende Stunden. Gebannt warteten alle auf die Funksignale, die melden sollten, ob Philae sich von der Muttersonde Rosetta gelöst und schließlich auf dem Kometen aufgesetzt hatte.
Sterne und Weltraum: Herr Ulamec, mal Hand auf's Herz: Wie nervös waren Sie in den letzten Tagen, ob alles gut gehen und Philae am richtigen Ort auf dem Kometen aufsetzen würde?
Stephan Ulamec: Wenn ich sagen würde, ich sei entspannt oder ruhig gewesen, würde ich damit nicht die Wahrheit sagen …
Nun ist Philae gelandet und überträgt Daten. Spüren Sie schon etwas Erleichterung?
Ich fühle mich gut, aber die Arbeit muss natürlich weitergehen.
Nach dem ersten Jubel über die Landesignale herrschte zunächst wieder Verwirrung und erneutes Bangen: Aus den Funkdaten ging hervor, dass Philae sich anders verhielt, als er es nach der Landung tun sollte.
Die Kaltgasdüsen, deren Schub die Sonde beim Aufsetzen auf den Kometen drücken sollte, haben nicht gearbeitet. Dann wurden die Harpunen nicht gefeuert, mit denen sich Philae im Untergrund festkrallen sollte. Schließlich brach mehrmals der Funkkontakt für kurze Zeit ab. Warum das so war, wissen wir noch nicht.
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Wenige Stunden nach dem Aufsetzen schien es so, als hätte Philae sich noch einmal kurz von der Kometenoberfläche gelöst und sei ein zweites Mal gelandet. Befindet er sich noch an dem vorgesehenen Landeplatz?
Inzwischen wissen wir, dass die Sonde nach der ersten Berührung mit der Kometenoberfläche zweimal "gehüpft" ist. Das erste Mal hob sie für etwa zwei Stunden ab und hat sich ziemlich weit bewegt, etwa einen Kilometer, das zweite Mal für sieben Minuten und änderte dann ihre Position, aber nur noch um wenige Zentimeter. Bis wir das herausgefunden hatten, hat es etwas gedauert. Wir haben recht bald gemerkt, dass es nicht nur eine Herausforderung ist, auf einem Kometen zu landen, sondern auch zu verstehen, was bei der Landung passiert.
Es ist das erste Mal in der Geschichte der Raumfahrt, dass eine Sonde auf einem Kometen gelandet ist. Wie unterscheidet sich eine solche Mission in ihrer Schwierigkeit zum Beispiel von Hayabusa? Diese Raumsonde landete auf dem Asteroiden Itokawa, um Oberflächenmaterial einzusammeln und auf die Erde zurückzubringen.
Ein Komet ist auf seiner Bahn sehr viel schwieriger zu erreichen, denn er bewegt sich auf einer ausgeprägten Ellipse um die Sonne. Asteroiden dagegen folgen meist Bahnen, die jenen der Planeten ähneln. Daher waren auf dem Weg zu Tschurjumow-Gerasimenko komplexe Flugmanöver notwendig. Zudem verändert sich die Oberflächenaktivität des Kometen bei dessen Annäherung an die Sonne und kann so stark werden, dass bestimmte wissenschaftliche Instrumente geschädigt werden können.
Konnte das wissenschaftliche Programm von Philae gestern Abend dennoch wie vorgesehen gestartet werden?
Acht von zehn wissenschaftlichen Instrumenten laufen inzwischen und liefern Daten.
Wie lange soll Philae den Kometen untersuchen?
Eine erste Experimentserie ist für mindestens zweieinhalb Tage vorgesehen. So lange reicht erst einmal die Batterie. Wir hoffen auch, dass wir die Sonde danach weiter mit Solarenergie betreiben können, und wollen noch zusätzliche Untersuchungen durchführen, bis Tschurjumow-Gerasimenko im März 2015 das Perihel erreicht. Allerdings hat Philae bei seiner derzeitigen Position nur 1,5 Stunden Sonnenschein pro Tag zur Verfügung, das ist zu wenig. Wir überlegen im Moment, wie wir die Sonde "manuell" in eine günstigere Lage bringen können, damit sie mehr Sonnenstrahlung abbekommt. Aber auch das kostet natürlich Energie.
Mit welchen wissenschaftlichen Fragestellungen soll es dann weitergehen?
Während sich der Komet auf dem Weg zum Perihel weiter erwärmt, können wir studieren, was dabei mit dem Material auf der Oberfläche passiert und welche Substanzen austreten. Neben den physikalischen Eigenschaften wie der Beschaffenheit des Magnetfelds und der Materialzusammensetzung interessiert uns zum Beispiel, ob es auf dem Kometen Aminosäuren gibt und welche Drehrichtung sie haben. Sie bilden die Grundlage zur Entstehung des Lebens.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
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