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Persönlichkeit: Was wir an uns ändern würden

Die meisten Menschen sehen durchaus Optimierungsbedarf bei ihrem eigenen Charakter. Doch einen ganz bestimmten Bereich blenden sie dabei gerne aus.
Freundschaft

Weniger Angst haben, dafür kreativer, produktiver und geselliger sein: Bei den meisten Menschen gibt es etwas, was sie gerne an sich und ihrer Persönlichkeit ändern würden. In einem Bereich scheinen wir dabei jedoch gewissermaßen einen blinden Fleck zu haben. Denn kaum jemand steckt sich das Ziel, sich künftig fairer und moralischer zu verhalten. Darauf lässt eine Studie schließen, die Jessie Sun von der University of California in Davis und Geoffrey P. Goodwin von der University of Pennsylvania im Fachmagazin »Psychological Science« veröffentlichten.

Für ihre Untersuchung befragten die Forscher insgesamt 800 Probanden zu deren Charaktereigenschaften. Dabei klopften sie unter anderem die berühmten »Big Five« ab, also die Persönlichkeitsmerkmale Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit, Offenheit für (neue) Erfahrungen sowie die emotionale Stabilität der Teilnehmer. Außerdem ergänzten sie die Liste noch um ein paar Charakterzüge, die auf moralisches Verhalten hindeuten, etwa Ehrlichkeit und Fairness. Für jedes Merkmal sollten die Versuchspersonen angeben, wie stark es in ihren Augen bei ihnen selbst ausgeprägt war und wie gerne sie etwas daran ändern würden. Außerdem benannten sie Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder, die sie auf ähnliche Weise von außen einschätzen sollten.

Ängstlichkeit zu reduzieren hat für viele Priorität

Am stärksten waren die Probanden daran interessiert, Charaktereigenschaften zu verändern, die mit negativen Emotionen einhergehen. So wünschte sich fast die Hälfte der Teilnehmer, weniger ängstlich zu sein; rund 40 Prozent wollten gerne seltener niedergeschlagen sein. Jeder vierte Befragte wäre zudem gerne kontaktfreudiger, jeder fünfte emotional stabiler und produktiver. Vergleichsweise zufrieden waren die Versuchspersonen hingegen mit ihrem moralischen Kompass: Etwa lediglich neun Prozent strebten an, mitfühlender zu sein, und nur drei Prozent wünschten sich, sie würden sich ganz grundsätzlich moralischer verhalten.

Ein ähnliches Muster konnten die Forscher interessanterweise auch bei den Antworten beobachten, die Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder gegeben hatten. Diese sahen zwar insgesamt weniger Anlass dafür, dass ihre Lieben sich ändern sollten, doch auch bei ihnen spielten moralische Charakteraspekte im Vergleich zu anderen Zügen eine deutlich untergeordnete Rolle.

Sun und Goodwin vermuten, dass die meisten Menschen unter anderem deshalb nichts an Merkmalen wie Ehrlichkeit oder Fairness ändern möchten, weil sie sich ohnehin schon für ziemlich moralisch halten. Das kann die Ergebnisse allerdings nicht vollständig erklären, wie die Daten der Forscher zeigen. Eine andere wahrscheinliche Erklärung sei, dass Menschen primär versuchten, jene Aspekte ihrer Persönlichkeit zu ändern, die ihrer Ansicht nach einen besonders großen Einfluss auf ihre eigene Zufriedenheit haben. Und in der Hinsicht liege weniger Angst eben eher auf der Hand als mehr Mitgefühl. Außerdem seien unsere Moralvorstellungen besonders eng mit dem Kern unserer Persönlichkeit verknüpft: Sie machen stärker aus, wer wir sind. Und deshalb sehen sowohl wir selbst als auch andere an diesem Punkt vermutlich weniger Änderungsbedarf.

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