Geschenke: Was wir uns eigentlich wünschen
Viele gut gemeinte Gaben wandern nach Weihnachten auf Nimmerwiedersehen in den Keller. Wer den Geschmack der Beschenkten berücksichtigt, wird solche Fehlgriffe zwar vermeiden können. Allerdings verpasst man auf diese Weise eine Chance, wie Ökonomen von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh im »Journal of Consumer Psychology« zeigen. Denn so würden Präsente gewählt, die oberflächlich gesehen den Vorlieben der Beschenkten entsprechen, aber weniger emotionale Bedeutung hätten.
Im ersten Teil ihrer Studienreihe mit knapp 1000 Teilnehmern baten Julian Givi und Jeff Galak einen Teil der Probanden, ein Abschiedsgeschenk für einen Freund auszusuchen. Sie stellten zwei Varianten zur Wahl: entweder ein gemeinsames Foto von ihnen und dem Freund oder eine hochwertige Fotografie von dessen Lieblingsmusiker. Eine zweite Gruppe Versuchspersonen sollte angeben, welche der beiden Alternativen sie von einem Freund zum Abschied lieber bekommen würden. In der Rolle der Empfänger wählten 95 Prozent das gemeinsame Foto, in der Rolle der Geber aber nur 76 Prozent. Eine weitere Gruppe von Versuchspersonen bekam ein Mitbringsel für ihre Partner angeboten. In dieser Situation wollte sogar nur knapp jeder Vierte lieber etwas mit emotionalem Wert mitbringen als die Alternative, einen 25-Dollar-Gutschein für den Lieblingsshop des Partners. Aber unter den betreffenden Partnern selbst zog immerhin jeder Dritte das sentimentale Mitbringsel vor.
Warum entscheiden sich Menschen in der Rolle des Schenkenden und des Beschenkten unterschiedlich? Givi und Galak fanden diesen beobachteten »mismatch« vor allem deshalb so bemerkenswert, weil die meisten Menschen dazu neigen, von sich auf andere zu schließen. Bei der Auswahl von Geschenken scheint das jedoch seltener der Fall zu sein. Ihre Vermutung: Ein Geschenk, das »nur« einen sentimentalen Wert hat, stelle ein größeres Risiko dar.
Die Angst vor dem Fehlgriff
Um diese Hypothese zu prüfen, manipulierten die Forscher die Risikofreude weiterer Probanden mittels Priming, einer gängigen psychologischen Methode, mit der sich kurzzeitig die Informationsverarbeitung beeinflussen lässt. Ein Teil der Versuchspersonen sollte sich an eine riskante Entscheidung mit schlechtem Ausgang erinnern, ein anderer Teil an ein Risiko mit gutem Ende. Mit dem Erfolgserlebnis im Gedächtnis entschied sich jeder Zweite dafür, einem guten Freund etwas Sentimentales zu schenken; mit dem eigenen Scheitern im Hinterkopf war es nur jeder Dritte. Die Forscher schließen daraus, dass die Scheu vor gefühlsbetonten Geschenken zumindest teilweise auf Unsicherheit zurückgehe.
Die Angst vor einem Fehlgriff allein genügt allerdings nicht, um die unterschiedliche Sicht von Schenkenden und Beschenkten zu erklären. Galak und seine Kollegen erläuterten schon 2016 in der Fachzeitschrift »Current Directions in Psychological Science«: »Der Fokus des Gebers liegt vor allem auf dem Moment der Übergabe, der des Empfängers auf dem späteren Nutzen des Geschenks.« Viele Geber wollten vor allem kurzfristig Überraschung und Begeisterung auslösen und ignorierten dafür Wünsche, mit deren Erfüllung sie langfristige Freude bescheren könnten. Dabei diene Letzteres vielmehr dem eigentlichen Sinn der Sache: die Beziehung zum Beschenkten dauerhaft zu stärken. »Ein Geschenk mit sentimentalem Wert kann dem Beschenkten noch Jahre später Freude bereiten.«
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.