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Sternentwicklung: Wasser im Umfeld um Weißen Zwerg nachgewiesen

Ein Weißer Zwerg zerreißt einen Asteroiden (künstlerische Darstellung)

Um den rund 160 Lichtjahre von uns entfernten Weißen Zwerg GD 61 stieß ein Forscherteam um Jay Farihi von der britischen University of Cambridge auf eine zirkumstellare Scheibe, in der sich größere Mengen an Wasser befinden. Dies äußert sich in einem erhöhten Gehalt an Sauerstoff in den Spektren des ausgebrannten Sternüberrests. Die Forscher führen diesen Befund auf einen zerstörten Kleinplaneten zurück. Er wurde durch die Gezeitenkräfte des Weißen Zwergs zerrissen und enthielt offenbar größere Mengen an Wasser, bis zu etwa einem Viertel seiner Masse.

Ein Weißer Zwerg zerreißt einen Asteroiden | Ein an Wassereis reicher Kleinplanet wird bei einer dichten Annäherung an einen Weißen Zwerg durch die enormen Gezeitenkräfte zerrissen. Dabei kommen die in seinem Inneren befindlichen Eisschichten nach und nach zum Vorschein (künstlerische Darstellung).

Normalerweise sollten sich im ultravioletten Spektrum des Weißen Zwergs nur die Linien von Wasserstoff und Helium zeigen. Sie befinden sich in der Atmosphäre und Oberfläche des Sternrests. Jegliche dort befindlichen schwereren Elemente verschwinden wegen der enormen Oberflächenschwerkraft rasch ins Innere des Weißen Zwergs, wenn dessen Oberflächentemperatur unter 25 000 Grad Celsius sinkt. Dies ist bei älteren Objekten dieser Art der Fall. Aus anderen Messdaten leiten die Astronomen ein Alter von rund 200 Millionen Jahren für GD 61 ab. Zuvor war das Objekt ein Hauptreihenstern mit etwa der dreifachen Masse unserer Sonne.

Wenn also solche älteren Weißen Zwerge Linien schwererer Elemente aufweisen, dann müssen sie durch aufprallendes Material vor relativ kurzer Zeit verunreinigt worden sein. Tatsächlich beobachteten Astronomen schon bei rund 30 kühlen Weißen Zwergen flache Scheiben aus Gas und Staub, die aus zerstörten Kleinplaneten hervorgegangen waren. Allerdings zeigte keiner dieser Sternreste Hinweise auf wasserreiches Material in seiner Scheibe.

Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscher den für das Ultraviolette entworfene Cosmic Origins Spectrograph an Bord des Weltraumteleskops Hubble. Sie konnten dabei die Gehalte gesteinsbildender Elemente bestimmen oder wenigstens deren untere Grenze. Es sind in diesem Fall Sauerstoff, Magnesium, Aluminium, Silizium, Kalzium und Eisen. Da vermutlich alle genannten Metalle vor dem Abregnen auf den Weißen Zwerg in Form von Oxiden vorlagen, zum Beispiel Silizium als SiO2 (Quarz) oder Aluminium als Al2O3 (Korund), wird im Strahlungsbad des Sternrests auch Sauerstoff frei. Die gemessene Mengenverteilung zeigt aber mehr Sauerstoff als aus den Oxiden freigesetzt werden konnte: Nachdem die beobachteten Metallgehalte als Mineraloxide verrechnet waren, und unter der Voraussetzung, dass diese wasserfrei sind, blieb eine große Menge, rund 26 bis 28 Prozent an Sauerstoff übrig. Dieser geht nach Ansicht der Forscher auf Wasserdampf zurück, der unter den extremen Bedingungen im unmittelbaren Umfeld des Weißen Zwergs wie auch die Oxide in seine Atome zerlegt wurde.

Aus den Spektren bestimmten die Forscher die im Weißen Zwerg enthaltenen Mengen an schweren Elementen und kommen dabei auf eine Gesamtmasse von 1,3 x 1021 Gramm. Dies entspricht einem aus silikatischem Felsgestein bestehenden Kleinplaneten mit rund 90 Kilometer Durchmesser. Allerdings ist dies nur eine untere Grenze, da wir nicht wissen, wann dieser Himmelskörper zerstört wurde. Da schwere Elemente im Inneren des Weißen Zwergs beständig absinken, könnte er somit auch wesentlich massereicher gewesen sein.

Die Astronomen um Farihi vermuten, dass das Objekt etwa die Größe und Masse des Kleinplaneten Vesta (Durchmesser: rund 520 Kilometer) in unserem Sonnensystem erreicht haben könnte. Es stammt noch aus der Zeit von GD 61 als klassischem Stern und hatte dessen Entwicklung zum Roten Riesen überlebt. Die Forscher nehmen an, dass der Himmelskörper durch einen bislang noch nicht nachgewiesenen Begleiter des Weißen Zwergs aus seiner Bahn geworfen wurde. Er konnte sich somit diesem so nah annähern, dass er schließlich von den enormen Gezeitenkräften in der Nähe von GD 61 zerrissen wurde. Daraufhin sammelten sich seine Trümmer in einer flachen Scheibe um den kompakten Sternrest an, von der aus Material auf dessen Oberfläche herabfällt.

Zur Frage, wo sich in einem solchen Kleinplaneten bis zu 26 Massenprozent an Wasser verstecken könnten, präsentieren die Forscher zwei Szenarien: Eine Möglichkeit wäre, dass unterhalb der aus Gestein bestehenden Oberfläche große Mengen an Wasser als Eisschicht oder sogar flüssig vorlagen, die durch die Kruste vor der Hitze des Sterns gut geschützt waren. Ein Beispiel aus dem Sonnensystem wäre der Zwergplanet (1) Ceres, der ebenfalls größere Mengen an Wasser enthalten soll. Das Wasser des zerstörten Kleinplaneten wurde somit erst bei dessen Desintegration frei. Die zweite Erklärung geht davon aus, dass bedeutende Mengen an Wasser in so genannten hydratisierten Mineralen enthalten waren, die sich erst bei hohen Temperaturen zersetzen und dann ihr Wasser freigeben.

Auf jeden Fall zeigt die Arbeit von Jay Farihi und seinen beiden Koautoren auf, dass Wasser innerhalb eines Kleinplaneten selbst die enorme Hitze bei der Ausdehnung eines sonnenähnlichen Sterns zu einem Roten Riesen überleben kann. Die Autoren spekulieren, das Wasservorkommen im System ließe auch ehemalige erdähnliche Planeten um GD 61 zu, die er dann in seiner Rote-Riesen-Phase verschlungen hat.

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