News: Wasser- oder Süßstoff
Der Wasserstoff ist allerdings nur so "sauber" wie der Prozess, der ihn hervorbringt, und genau da liegt das Problem: In der Regel gewinnt man das Gas in umständlichen Verfahren bei hohen Temperaturen aus fossilen Energieträgern wie zum Beispiel Erdgas. Dabei wird normalerweise mehr Energie verbraucht, als bei der Verbrennung von Wasserstoff wieder freigesetzt wird – ein unprofitables Geschäft.
Randy Cortright und seine Kollegen von der University of Wisconsin-Madison widmeten ihre Forschungen deshalb einer anderen Wasserstoffquelle, deren Nachschub langfristig sicher sein dürfte: dem Zucker. Jede Pflanze speichert Sonnenenergie mit Hilfe der Photosynthese in dieser Form. Auch in punkto Gefährlichkeit sticht er vermutlich jede andere Energiequelle aus, denn er ist nicht giftig, nicht brennbar und kann problemlos auch über weite Strecken transportiert werden.
Wenngleich Idee und Rohstoff keineswegs neu sind, liegt der Schlüssel zur Effizienz der Wasserstoffgewinnung im verwendeten Verfahren. Nach genauen Untersuchungen hat Cortright mit seinen Kollegen einen Reaktor konstruiert, in dem die chemischen Reaktionen in wässriger Lösung und in Anwesenheit eines Platinkatalysators erstmals schon bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen von 227 Grad Celsius und einem Druck von 27 bis 54 Bar ablaufen. Die Forscher vermuten, dass der Wasserstoff als Nebenprodukt entsteht, während die Bindungen zwischen Kohlenstoffatomen oder zu benachbarten Sauerstoffatomen gebrochen und neu geknüpft werden. Die dabei anfallenden Zwischenprodukte reagieren offenbar mit dem umgebenden Wasser zu Wasserstoff.
Herkömmliche Verfahren benötigen wesentlich höhere Temperaturen, was natürlich deutlich in den Herstellungskosten zu Buche schlägt. Außerdem fällt bei den Bedingungen in Cortrights Reaktor fast gar kein Kohlenmonoxid an, sodass der Wasserstoff nicht aufwendig gereinigt werden muss. Denn CO ist Gift für Brennstoffzellen, weil es deren Elektroden beschädigt.
Ist Cortrights Reaktor erst einmal in Gang, entstehen neben Wasserstoff – mit einer hohen Ausbeute von über 50 Prozent – auch noch Kohlendioxid und gasförmige Kohlenwasserstoffe. Damit das Verfahren die Bezeichnung "umweltfreundlich" auch wirklich verdient, muss die Kohlendioxid-Belastung allerdings so gering wie möglich bleiben. Nach eigenen Angaben erreichen die Wissenschaftler hier eine ausgeglichene CO2-Bilanz, denn es entstehe nur so viel Treibhausgas, wie die Pflanzen in der Anbauphase aus der Luft auch aufnehmen und binden könnten.
Neben Anbauprodukten, wie beispielsweise Zuckerrüben, kann der Energieträger auch problemlos aus Stärke gewonnen werden, die noch in zahlreichen anderen Pflanzen, wie zum Beispiel Kartoffeln, in großen Mengen als Speicherform für Glucose dient. Darüber hinaus stehen zuckerhaltige pflanzliche oder tierische Abfallprodukte zur Verfügung, wie sie in unzähligen Prozessen – von der Papierproduktion bis hin zur Käseherstellung – anfallen. Allerdings müsste der Zucker in diesen Fällen zusätzlich daraus isoliert werden.
Weitere Herstellungskosten ließen sich zudem sparen, wenn man die anfallenden gasförmigen Alkan-Nebenprodukte direkt wieder zur Energiegewinnung nutzen würde, indem sie beispielsweise an Ort und Stelle einen Verbrennungsmotor zur Stromgeneration antreiben.
Obwohl die Wissenschaftler überzeugt sind, dass sich mit ihrem Verfahren auch jetzt schon aus billigem Bioabfall kosteneffizient Strom erzeugen lässt, streben sie noch eine weitere Optimierung der Prozessbedingungen an. Weil ihr Katalysator teures Platin enthält, lohnt es sich besonders hier nach Alternativen zu suchen.
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