News: Wasserdampf im interstellaren Raum
Die Messungen erfolgten mit dem Langwellenspektrometer an Bord des Infrared Space Observatory (ISO), das im November 1995 von der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) unter Beteiligung der NASA gestartet wurde. Während die Astronomen den Bereich der fernen Infrarotstrahlung untersuchten, beobachteten sie das charakteristische Signal einer durch Wasserdampf hervorgerufenen Emission (Bild, 93kB). "Die von uns studierte Gaswolke ist Druckwellen ausgesetzt, welche das Gas zusammendrücken und erhitzen", sagt Martin Harwit, emeritierter Professor der Cornell University und Leiter des Teams. "Diese Druckwellen sind die Folge der heftigen frühen Phasen einer Sternengeburt, in der ein junger Stern Gas ausspeit, das mit großer Geschwindigkeit in seine Umgebung geschleudert wird. Der erhitzte Wasserdampf, den wir gesehen haben, ist das Resultat solcher Kollisionen", erläutert er.
Die hohe Wasserkonzentration in der Gaswolke könnte auch für die Frage nach dem Ursprung des Wassers im Sonnensystem von Bedeutung sein. Davon ist David Neufeld, Mitglied des ISO-Teams und Professor für Physik und Astronomie an der Johns Hopkins University, überzeugt. "Die von uns im Orion erforschte Gaswolke scheint eine große Chemiefabrik zu sein, die an einem einzigen Tag genügend Wassermoleküle erzeugt, um die Erdozeane 60mal mit Wasser aufzufüllen." Seinen Aussagen zufolge wird der Wasserdampf schließlich gefrieren und sich in kleine Eispartikel umwandeln. Ähnliche Teilchen waren vermutlich auch innerhalb jener Gaswolke zugegen, aus der sich das Sonnensystem einst herausbildete. "Es scheint sehr plausibel, daß ein Großteil des Wassers im Sonnensystem anfangs in einer riesigen Wasserdampffabrik, ähnlich der von uns im Orion beobachteten, hergestellt wurde", sagt Neufeld.
Harwit spekuliert, daß die in der Gaswolke beobachteten Druckwellen sowohl die Ursache als auch das Ergebnis einer Sternengeburt sein könnten. Ebenso könnten die Druckwellen seiner Vorstellung nach die Bildung zusätzlicher Sterne und Planeten auslösen, da sie die Gaswolke zusammenpressen. Voraussetzung ist allerdings, daß die entstehende Hitze abgestrahlt werden kann. "Wasserdampf ist im fernen Infrarotbereich ein besonders effizienter Strahler und spielt bei der Abkühlung des Gases und bei der Bildung neuer Sterne eine wichtige Rolle", bemerkt er.
Die gemessene Konzentration des Wasserdampfes in der Gaswolke lag bei 0,2 Volumenprozent. Die neuen Beobachtungen bestätigen Voraussagen der Astrophysiker in den letzten 25 Jahren, nach denen die meisten Sauerstoffatome in einer interstellaren Gaswolke zu Wasser reagieren, wenn die Temperatur etwa 95 Grad Celsius oder mehr beträgt. Die Beobachtungsdaten stimmen exakt mit den theoretischen Erwartungen überein.
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.