Immunologie: Wehret den Anfängen!
Ein ausgeklügeltes Immunsystem gilt als Privileg höherer Wirbeltiere; Wirbellose können sich nur unspezifisch gegen Krankheitserreger zur Wehr setzen - so die gängige Lehrmeinung. Doch ein primitiver "Fisch" zeigt schon alle Fassetten der gezielten Abwehr.
Das spezifische Immunsystem der Wirbeltiere gehört wohl zu erstaunlichsten "Erfindungen" der Evolution: Sobald Krankheitserreger, seien es Viren, Bakterien oder Parasiten, sich im Körper breitzumachen versuchen, setzt der angegriffene Organismus Antikörper ein, die sich gegen den Eindringling – und nur gegen diesen – richten. Der besondere Trick: Die Antikörper besitzen eine hochspezifische Region, die auf bestimmte Proteine – den Antigenen – des Eindringlings wie ein Schlüssel zum Schloss passen.
Produziert werden diese biologischen Wunderwaffen von einer Gruppe weißer Blutkörperchen aus dem Knochenmark, den B-Lymphozyten. In deren Name verbirgt sich die "Bursa Fabricii", ein lymphatisches Organ der Vögel, in dem diese Zellen ursprünglich entdeckt worden sind.
Doch damit nicht genug. Ein zweite Gruppe weißer Blutkörperchen, die T-Lymphozyten aus dem Thymus, stürzen sich direkt auf den Krankheitserreger. Auf der Oberfläche der T-Zellen sitzen spezifische Rezeptoren, die an die fremden Antigene binden und somit diese wie die Antikörper erkennen. Die aktivierten T-Zellen wandeln sich zu Killerzellen, die den Eindringling vernichten; weitere angelockte Immunzellen erledigen den Rest.
Für Evolutionsbiologen stellt das spezifische Immunsystem eine harte Nuss dar. Denn bereits Knorpelfische an der Basis der Wirbeltiere verfügen über B- und T-Zellen; der große Rest der Wirbellosen kann sich dagegen nur mit einem unspezifischen Immunsystem zur Wehr setzen – so die gängige Lehrbuchmeinung.
Doch inzwischen hat sich herausgestellt, dass auch die etwas schlichter gebauten Seescheiden zumindest über Vorstufen einer spezifischen Immunabwehr verfügen. Die fest sitzenden Meerestiere sind zwar mit uns Wirbeltieren verwandt, gehören aber noch nicht dazu.
Doch im Jahr 2004 entdeckten Wissenschaftler aus den USA antikörperartige Gebilde beim Meerneunauge (Petromyzon marinus): Die Lymphozyten der Tiere produzieren Rezeptoren mit so genannten leucinreichen Wiederholungen (leucin-rich repeats), die in ihrer Variabilität den Antikörpern der höheren Wirbeltiere erstaunlich ähneln.
Kein Wunder, dass sich Max Cooper und seine Kollegen vom Emory Vaccine Center in Atlanta dem Meerneunauge erneut widmeten. Als die Forscher die Genaktivitäten in den Blutzellen der Tiere analysierten, ließen sich die bereits bekannten variablen Lymphozyten-Rezeptoren (variable lymphocyte receptors, VLR) aufspüren. Diese VLRB genannten Proteine wirken wie Antikörper gegen Krankheitserreger; die VLRB-Lymphozyten scheinen den B-Zellen der höheren Wirbeltiere zu entsprechen.
Doch auch das zweite Standbein des spezifischen Immunsystems fanden Cooper und Co beim Neunauge: VLRA-Lymphozyten bilden wie T-Zellen Zytokine, welche die Immunantwort des Körpers koordinieren. Diese Blutzellen reifen jedoch nicht im Thymus – auf dieses lymphatische Organ verzichten Neunaugen –, sondern wahrscheinlich in den Kiemen, wo die Forscher besonders viele dieser Lymphozyten aufspüren konnten.
Haben die kieferlosen Wirbeltiere damit den Prototyp des spezifischen Immunsystems geschaffen? Vermutlich nicht. Denn bei allen Ähnlichkeiten, bleiben doch Differenzen: Für die VLRs kodieren ganz andere Gene als für unsere Antikörper, und auch im Aufbau unterscheiden sich die Abwehrmoleküle erheblich.
Demnach könnte die Evolution zweimal auf die gleiche Idee gesetzt haben: eine Batterie hochvariabler Proteine als anpassungsfähige Waffe gegen jedweden Eindringling. Die Anfänge dieser Idee bleiben weiter im Dunkeln.
Produziert werden diese biologischen Wunderwaffen von einer Gruppe weißer Blutkörperchen aus dem Knochenmark, den B-Lymphozyten. In deren Name verbirgt sich die "Bursa Fabricii", ein lymphatisches Organ der Vögel, in dem diese Zellen ursprünglich entdeckt worden sind.
Doch damit nicht genug. Ein zweite Gruppe weißer Blutkörperchen, die T-Lymphozyten aus dem Thymus, stürzen sich direkt auf den Krankheitserreger. Auf der Oberfläche der T-Zellen sitzen spezifische Rezeptoren, die an die fremden Antigene binden und somit diese wie die Antikörper erkennen. Die aktivierten T-Zellen wandeln sich zu Killerzellen, die den Eindringling vernichten; weitere angelockte Immunzellen erledigen den Rest.
Für Evolutionsbiologen stellt das spezifische Immunsystem eine harte Nuss dar. Denn bereits Knorpelfische an der Basis der Wirbeltiere verfügen über B- und T-Zellen; der große Rest der Wirbellosen kann sich dagegen nur mit einem unspezifischen Immunsystem zur Wehr setzen – so die gängige Lehrbuchmeinung.
Doch inzwischen hat sich herausgestellt, dass auch die etwas schlichter gebauten Seescheiden zumindest über Vorstufen einer spezifischen Immunabwehr verfügen. Die fest sitzenden Meerestiere sind zwar mit uns Wirbeltieren verwandt, gehören aber noch nicht dazu.
Zu den besonders urtümlichen Wirbeltieren zählen dagegen die kieferlosen Neunaugen – aalförmige Wesen, die keineswegs neun Augen, dafür aber neben den Augen sieben punktförmige Kiemenöffnungen besitzen und ihren Lebensunterhalt mit dem Aussaugen echter Fische bestreiten. Und diese Urwirbeltiere, die seit etwa 500 Millionen Jahren eigene evolutionäre Pfade beschreiten, galten noch bis vor wenigen Jahren als gänzlich antikörperfrei.
Doch im Jahr 2004 entdeckten Wissenschaftler aus den USA antikörperartige Gebilde beim Meerneunauge (Petromyzon marinus): Die Lymphozyten der Tiere produzieren Rezeptoren mit so genannten leucinreichen Wiederholungen (leucin-rich repeats), die in ihrer Variabilität den Antikörpern der höheren Wirbeltiere erstaunlich ähneln.
Kein Wunder, dass sich Max Cooper und seine Kollegen vom Emory Vaccine Center in Atlanta dem Meerneunauge erneut widmeten. Als die Forscher die Genaktivitäten in den Blutzellen der Tiere analysierten, ließen sich die bereits bekannten variablen Lymphozyten-Rezeptoren (variable lymphocyte receptors, VLR) aufspüren. Diese VLRB genannten Proteine wirken wie Antikörper gegen Krankheitserreger; die VLRB-Lymphozyten scheinen den B-Zellen der höheren Wirbeltiere zu entsprechen.
Doch auch das zweite Standbein des spezifischen Immunsystems fanden Cooper und Co beim Neunauge: VLRA-Lymphozyten bilden wie T-Zellen Zytokine, welche die Immunantwort des Körpers koordinieren. Diese Blutzellen reifen jedoch nicht im Thymus – auf dieses lymphatische Organ verzichten Neunaugen –, sondern wahrscheinlich in den Kiemen, wo die Forscher besonders viele dieser Lymphozyten aufspüren konnten.
Haben die kieferlosen Wirbeltiere damit den Prototyp des spezifischen Immunsystems geschaffen? Vermutlich nicht. Denn bei allen Ähnlichkeiten, bleiben doch Differenzen: Für die VLRs kodieren ganz andere Gene als für unsere Antikörper, und auch im Aufbau unterscheiden sich die Abwehrmoleküle erheblich.
Demnach könnte die Evolution zweimal auf die gleiche Idee gesetzt haben: eine Batterie hochvariabler Proteine als anpassungsfähige Waffe gegen jedweden Eindringling. Die Anfänge dieser Idee bleiben weiter im Dunkeln.
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