Hochenergie-Astrophysik: "Weihnachts-Gammablitz" noch längst nicht enträtselt
Weihnachten 2010 entdeckten Astronomen am Nachthimmel einen ungewöhnlichen Lichtblitz. Zwar erinnerte dieser an einen Gammastrahlenausbruch, doch seine Eigenschaften passen zu keiner gängigen Theorie für solche Explosionen. Nun versuchen sich gleich zwei Forschergruppen darin, die Beobachtungen mit alternativen Modellen zu erklären. Demnach könnte die Ursache in einer Kombination aus Gammablitz und Supernova liegen oder aber in einem kleinen Himmelskörper, der auf einen Neutronenstern stürzte.
Ein Komet oder Asteroid nähert sich darin einem alleinstehenden Neutronenstern auf weniger als 5000 Kilometer, worauf ihn die auftretenden Gezeitenkräfte zerrissen. Ein Teil der Trümmer fiel auf die Oberfläche des Sterns, was zu dem beobachteten Strahlungsausbruch führte. Der Rest sammelte sich in einer temporären Materiescheibe um den Neutronenstern an, die ebenfalls Strahlung freisetzte. Um die Daten zu reproduzieren, sollte es sich um einen hundert Millionen Milliarden Kilogramm schweren Himmelskörper – dies entspricht etwa der halben Masse des Zwergplaneten Ceres – gehandelt haben, der einem Neutronenstern in der Milchstraße zu nahe kam [1].
Einen konventionelleren Ansatz wählen Christina Thöne vom Instituto de Astrofísica de Andalucía in Granada, Spanien, und ihre Mitarbeiter. Ihnen zufolge sorgte das Verschmelzen von einem Riesenstern, möglicherweise einem Heliumstern, und einem Neutronenstern in einem engen Doppelsystem für den eigentlichen Gammablitz. Denn in diesem Zuge sollte ein ultraschneller gebündelter Materiestrahl entstehen, von dem ausgehend – wie auch bei gewöhnlichen Exemplaren – intensive Gammastrahlung Richtung Erde entweicht. Allerdings musste sich der Materiejet in diesem Fall durch die vorher vom Riesenstern ins Umfeld des Systems ausgestoßene und ungewöhnlich dichte Staubmasse drängen, wodurch sich das ungewöhnliche Energiespektrum ergab.
Beide Hypothesen seien zwar plausibel und erklärten die zahlreichen und komplexen Daten, doch mindestens eine sei falsch, kommentiert Enrico Costa vom Istituto di Astrofisica Spaziale e Fisica Cosmica in Rom, Italien, in einem begleitenden Kommentar. Leider fehle eine eindeutige Entfernungsbestimmung des Gammablitzes als wichtige Entscheidungshilfe. Zudem ließen beide Modelle noch viele Fragen offen. Letztlich weiß man also nicht viel mehr über den Ursprung des "Weihnachts-Gammablitzes" als zuvor – außer vielleicht, dass es sich tatsächlich um ein seltenes Phänomen handelt.
Maike Pollmann
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