Direkt zum Inhalt

Mars: Weiße Flecken auf dem Roten Planeten

Lohnt es sich eigentlich, schon wieder eine teure Sonde auf dem Mars abstürzen zu lassen? Noch dazu eine, die unbeweglich am Fleck verharrt, wo doch schon zwei rüstige Hochleistungsgeräte erfolgreich von Ort zu Ort durch den roten Sand rollen? Es lohnt sich vielleicht doch - denn "Phoenix" soll dort niedergehen, wo unser Nachbarplanet am spannendsten ist.
Mars-Nordpol | Der Nordpol des Mars in 3D: 1998 hatte Mars Global Surveyor mit Laserpulsen die Geländeoberfläche erfasst. Aus diesen Daten erstellten Wissenschaftler ein räumliches Modell der bis zu drei Kilometer dicken Eiskappe, die von teils bis zu einem Kilometer tiefen Spalten und Gräben durchzogen ist. Das Eis besteht überwiegend aus Wassereis.
Schon bevor die Fernrohre endlich leistungsfähig genug waren, die vermeintlichen Kanäle auf dem Mars als Einbildung zu entlarven, waren irdischen Beobachtern andere Oberflächenmerkmale auf dem Roten Planeten aufgefallen: Die weißen, offensichtlich schneebedeckten Polkappen im Norden und Süden. Ihre Veränderungen im Wandel der Marsjahreszeiten gehören auch heute noch zu dem Eindrucksvollsten, das von der Erde aus zu erkennen ist – während des Winterhalbjahrs dehnen sie sich aus, um dann im Sommer zu schrumpfen.

Am Südpol | Dieses Bild vom Südpol des Roten Planeten im Zentrum des Bildes nahm Mars Global Surveyor im September Jahr 2001 auf. Das hier vorwiegend aus gefrorenem Kohlendioxid bestehende Eis schwindet, indem es direkt in die Gasphase übergeht, also sublimiert.
Besonders deutlich wird das bei der südlichen Polkappe, die vor allem aus gefrorenem Kohlendioxid, weniger aber aus Wassereis besteht. Das gefrorene CO2 beginnt im Frühjahr sehr schnell zu verdampfen, woraufhin der Südpol rasant eisfrei zu werden beginnt. Anders im Norden: Im Gegensatz zu ihrem südlichen Pendant enthält die Eiskappe dort hauptsächlich Wassereis, das sich hier ganzjährig halten kann, da die Temperaturen und der atmosphärische Druck auch im Sommer nicht für den Übergang des festen in den gasförmigen Zustand von H2O, die Sublimation, ausreichen. Im Spätherbst, bei sinkenden Temperaturen, beginnt dann das in der Marsatmosphäre enthaltene Kohlendioxid im Norden und Süden wieder anzufrieren und lagert sich ab.

Lebensfreundlicher Pol

Wo es Wasser gibt, ist Leben – zumindest auf der Erde. Und somit wird für alle Lebensucher auch auf dem Mars die wasserüberfrorene Polregion zum interessantesten Gebiet des Nachbarplaneten:
"An den Polen befindet sich Wassereis quasi an der Oberfläche – man kann es direkt anzapfen"
(Gerhard Neukum)
Ein Landegerät auf der Suche nach niederen Formen marsianischer Fauna und Flora müsste auf dem nördlichen Pol nur die Oberfläche ankratzen, um vielleicht Glück zu haben.

Schicht um Schicht | Mars Express machte dieses Bild vom Mars-Nordpol. Es zeigt geschichtete Lagen von Wassereis und Staub in 3D. Die Steilkanten sind dabei bis zu zwei Kilometer hoch, und bei den dunklen Ablagerungen in den Caldera-ähnlichen Strukturen könnte es sich um vulkanische Asche handeln.
Der Planetenforscher Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin erläutert die Details: "In den Äquatorregionen besteht die Schwierigkeit, dass man an das Wasser für eine Fernuntersuchung nur sehr schwer herankommt – wenn überhaupt, so liegt es dort mehrere Kilometer tief. Der einzige Weg, auf dem es an die Oberfläche kommt, sind magmatisch-vulkanische Prozesse, die das Wasser aufheizen und hydrothermal, ähnlich wie Geysire, an die Oberfläche bringen. An den Polen dagegen befindet sich das Wasser als Eis quasi an der Oberfläche. Man kann es sozusagen direkt anzapfen." Zudem, so Neukum weiter, ist der Nordpol nicht ganz so kalt wie der Südpol und liegt tiefer als das marsianische Normalnull. Der daher höhere atmosphärische Druck sorge ebenso dafür, dass Wasser vor Ort weniger schnell sublimiert.

Marsmissionen und ihre Landeplätze | Das Landegebiet der Raumsonde Phoenix liegt im Bereich der beiden Regionen Scandia und Vastitas Borealis bei rund 70 Grad nördlicher Breite. Die Farben zeigen die Topografie der Marsoberfläche an. Rot sind höhergelegene Regionen, blau sind tiefergelegene Gebiete. Phoenix soll in einem rund 250 Meter tiefen Tal landen, das einen Durchmesser von etwa 50 Kilometern besitzt. Eingezeichnet sind außerdem die Landeplätze früherer Marsmissionen.
Der NASA-Lander Phoenix, der aktuellste der irdischen Sonden-Botschafter auf dem Mars, soll also nicht ohne Grund im nördlichen Polarkreis niedergehen und arbeiten. Seine Aufgabe ist dabei noch nicht direkt die Enttarnung von Leben, eher soll er Vorexperimente durchführen um herauszufinden, ob die intensive Suche nach Leben überhaupt lohnt. Denn entdeckt Phoenix in der vergleichsweise lebensfreundlichen Polarregion keine chemischen Spuren möglicher Stoffwechselprozesse, braucht in den ausgedörrten Wüsteneien des Mars eigentlich kaum noch jemand nachzuschauen.

Vergangene Größe

Weit gereister Besucher | So stellt man sich bei der NASA die Raumsonde Phoenix auf dem Mars vor: Sie soll in der Nordpolarregion des Roten Planeten landen und dort die Entwicklungsgeschichte der Böden und Gesteine untersuchen – immer auf der Suche nach Wasser. Auch Klimamessungen stehen auf dem Programm.
Der polare Wasservorrat wird stetig durch größere Niederschläge aufgefüllt, die als Reif oder Schneegeniesel die polare Oberfläche bedecken. Auch eine Art Vulkanismus sorgt für H2O-Nachschub: Die HRSC-Kamera-Daten der europäischen Sonde Mars Express zeigten eine größere Zahl kleiner Vulkankegel, die wahrscheinlich auch heute noch aktiv sind und Wasser speien.

Die beiden Polkappen sind deutlich sichtbare Überreste aus jener Zeit kurz nach seiner Entstehung, als der Mars noch wärmer war, eine dichtere Atmosphäre besaß und damit auch erheblich mehr Wasser an seiner Oberfläche, vor allem im flüssigen Zustand.
"Das Wasser gibt sozusagen nur noch Gastspiele"
(Gerhard Neukum)
"Unsere Messungen aus der Mars Express-Mission haben nun gezeigt, dass Mars zwischen 3,8 bis 3,5 Milliarden Jahren vor unserer Zweit zwar global trockengefallen ist, jedoch regional in der Folgezeit bis zum heutigen Tage das Wasser immer wieder durch vulkanische Prozesse an die Oberfläche getrieben worden ist", erklärt Neukum." Wir können fünf solcher Episoden nachweisen – zuletzt vor 100 Millionen Jahren. Seitdem gibt das Wasser sozusagen nur noch Gastspiele."

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.