Mars: Weiße Flecken auf dem Roten Planeten
Lohnt es sich eigentlich, schon wieder eine teure Sonde auf dem Mars abstürzen zu lassen? Noch dazu eine, die unbeweglich am Fleck verharrt, wo doch schon zwei rüstige Hochleistungsgeräte erfolgreich von Ort zu Ort durch den roten Sand rollen? Es lohnt sich vielleicht doch - denn "Phoenix" soll dort niedergehen, wo unser Nachbarplanet am spannendsten ist.
Schon bevor die Fernrohre endlich leistungsfähig genug waren, die vermeintlichen Kanäle auf dem Mars als Einbildung zu entlarven, waren irdischen Beobachtern andere Oberflächenmerkmale auf dem Roten Planeten aufgefallen: Die weißen, offensichtlich schneebedeckten Polkappen im Norden und Süden. Ihre Veränderungen im Wandel der Marsjahreszeiten gehören auch heute noch zu dem Eindrucksvollsten, das von der Erde aus zu erkennen ist – während des Winterhalbjahrs dehnen sie sich aus, um dann im Sommer zu schrumpfen.
Besonders deutlich wird das bei der südlichen Polkappe, die vor allem aus gefrorenem Kohlendioxid, weniger aber aus Wassereis besteht. Das gefrorene CO2 beginnt im Frühjahr sehr schnell zu verdampfen, woraufhin der Südpol rasant eisfrei zu werden beginnt. Anders im Norden: Im Gegensatz zu ihrem südlichen Pendant enthält die Eiskappe dort hauptsächlich Wassereis, das sich hier ganzjährig halten kann, da die Temperaturen und der atmosphärische Druck auch im Sommer nicht für den Übergang des festen in den gasförmigen Zustand von H2O, die Sublimation, ausreichen. Im Spätherbst, bei sinkenden Temperaturen, beginnt dann das in der Marsatmosphäre enthaltene Kohlendioxid im Norden und Süden wieder anzufrieren und lagert sich ab.
Lebensfreundlicher Pol
Wo es Wasser gibt, ist Leben – zumindest auf der Erde. Und somit wird für alle Lebensucher auch auf dem Mars die wasserüberfrorene Polregion zum interessantesten Gebiet des Nachbarplaneten:
"An den Polen befindet sich Wassereis quasi an der Oberfläche – man kann es direkt anzapfen"
(Gerhard Neukum)
Ein Landegerät auf der Suche nach niederen Formen marsianischer Fauna und Flora müsste auf dem nördlichen Pol nur die Oberfläche ankratzen, um vielleicht Glück zu haben. (Gerhard Neukum)
Der Planetenforscher Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin erläutert die Details: "In den Äquatorregionen besteht die Schwierigkeit, dass man an das Wasser für eine Fernuntersuchung nur sehr schwer herankommt – wenn überhaupt, so liegt es dort mehrere Kilometer tief. Der einzige Weg, auf dem es an die Oberfläche kommt, sind magmatisch-vulkanische Prozesse, die das Wasser aufheizen und hydrothermal, ähnlich wie Geysire, an die Oberfläche bringen. An den Polen dagegen befindet sich das Wasser als Eis quasi an der Oberfläche. Man kann es sozusagen direkt anzapfen." Zudem, so Neukum weiter, ist der Nordpol nicht ganz so kalt wie der Südpol und liegt tiefer als das marsianische Normalnull. Der daher höhere atmosphärische Druck sorge ebenso dafür, dass Wasser vor Ort weniger schnell sublimiert.
Der NASA-Lander Phoenix, der aktuellste der irdischen Sonden-Botschafter auf dem Mars, soll also nicht ohne Grund im nördlichen Polarkreis niedergehen und arbeiten. Seine Aufgabe ist dabei noch nicht direkt die Enttarnung von Leben, eher soll er Vorexperimente durchführen um herauszufinden, ob die intensive Suche nach Leben überhaupt lohnt. Denn entdeckt Phoenix in der vergleichsweise lebensfreundlichen Polarregion keine chemischen Spuren möglicher Stoffwechselprozesse, braucht in den ausgedörrten Wüsteneien des Mars eigentlich kaum noch jemand nachzuschauen.
Vergangene Größe
Der polare Wasservorrat wird stetig durch größere Niederschläge aufgefüllt, die als Reif oder Schneegeniesel die polare Oberfläche bedecken. Auch eine Art Vulkanismus sorgt für H2O-Nachschub: Die HRSC-Kamera-Daten der europäischen Sonde Mars Express zeigten eine größere Zahl kleiner Vulkankegel, die wahrscheinlich auch heute noch aktiv sind und Wasser speien.
Die beiden Polkappen sind deutlich sichtbare Überreste aus jener Zeit kurz nach seiner Entstehung, als der Mars noch wärmer war, eine dichtere Atmosphäre besaß und damit auch erheblich mehr Wasser an seiner Oberfläche, vor allem im flüssigen Zustand.
"Das Wasser gibt sozusagen nur noch Gastspiele"
(Gerhard Neukum)
"Unsere Messungen aus der Mars Express-Mission haben nun gezeigt, dass Mars zwischen 3,8 bis 3,5 Milliarden Jahren vor unserer Zweit zwar global trockengefallen ist, jedoch regional in der Folgezeit bis zum heutigen Tage das Wasser immer wieder durch vulkanische Prozesse an die Oberfläche getrieben worden ist", erklärt Neukum." Wir können fünf solcher Episoden nachweisen – zuletzt vor 100 Millionen Jahren. Seitdem gibt das Wasser sozusagen nur noch Gastspiele." (Gerhard Neukum)
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