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Paläoanthropologie: Weiter Zweifel am Flores-Menschen

Mikrozephalie
Die Existenz der im Oktober 2004 neu beschriebenen Menschenart Homo floresiensis wird weiter angezweifelt. Robert Martin, Kurator für biologische Anthropologie am Field-Museum in Chicago und einer der schärfsten Kritiker der Entdecker, geht weiterhin davon aus, dass der Zwerg von der indonesischen Insel Flores nichts weiter war als ein anatomisch moderner Homo sapiens, der an Mikrozephalie litt.

Mikrozephaler Mann | Schädel und Abdruck des Gehirns eines anatomisch modernen Menschen, der unter Mikrozephalie litt, aus der Sammlung des Royal College of Surgeons in London: Nach Ansicht von Robert Martin ähnelt der Schädel dem Fossilienfund LB1, der als neue Art Homo floresiensis beschrieben wurde.
Zusammen mit seinen Kollegen begründet der Anthropologe seine Ansicht mit anatomischen Merkmalen des Typusexemplars LB1: Das Skelett weise zahlreiche Eigenschaften auf, die für Mikrozephalie, also der abnormen Kleinheit des Schädels, typisch sind. Neben dem mit 400 Kubikzentimeter geradezu winzigen Schädel des nur einen Meter großen Individuums wären auch die verhältnismäßig großen Zähne bei mikrozephalischen Menschen zu finden. Es gäbe über 400 Typen dieser Krankheit mit unterschiedlichen Symptomen. Unter welcher Form LB1 gelitten hatte, sei jedoch auf Grund der wenigen Funde nicht festzustellen.

Mikrozephale Frau | Auch der Schädel sowie der Hirnabdruck einer 32 Jahre alten Frau aus Lesotho ähnelt dem Fund LB1 von Flores. Die Frau erreichte lediglich die Körpergröße eines 12-jährigen Kindes.
Auch die Tatsache, dass neben LB1 inzwischen weitere Fossilien kleinwüchsiger Individuen auf Flores auftauchten, ist für Martin kein Argument. Schließlich werde Mikrozephalie rezessiv vererbt und könne daher in kleinen abgeschlossenen Popukationen durchaus mehrfach auftreten.

Die Steinwerkzeuge, die bei Homo floresiensis gefunden worden sind, deuten nach Ansicht von Martin ebenfalls in Richtung Homo sapiens: Derart komplexe Werkzeuge könnten niemals von Homo erectus – von dem der Flores-Mensch abstammen soll – geschaffen worden sein.

Seitdem Wissenschaftler um Peter Brown von der Universität von New England ihren aufsehenerregenden Fund der Öffentlichkeit vorgestellt haben, herrscht unter Anthropologen ein erbitterter Streit. Die Vorstellung, dass bis vor 18 000 Jahren – also lange nach dem Aussterben des Neandertalers – eine zweite Menschenart existiert habe, wird von vielen Forschern als äußerst unwahrscheinlich angesehen. Erst im August dieses Jahres hatte ein Team aus Indonesien, Australien und den USA erneute Zweifel angemeldet.

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