Covid-19-Antigen-Schnelltests : Wie sicher sind die Ergebnisse von Schnelltests?
Seit Anfang 2021 sind Corona-Schnelltests für den Hausgebrauch zugelassen: Man nimmt einen Abstrich aus der Nase oder spuckt in einen Behälter und behandelt die Probe wie in der Anleitung vorgeschrieben weiter. Nach einer viertel bis halben Stunde kommt das Ergebnis: Sars-CoV-2-positiv oder -negativ. Aber wie sicher kann man sich sein, dass das Ergebnis richtig ist?
Selbst- und professionelle Schnelltests funktionieren nach demselben Prinzip. Sie weisen in den Sekreten der Atemwege bestimmte Proteine in der Virushülle nach, so genannte Antigene. Anders der bewährte Standard-Labortest mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR): Er sucht nach Erbmaterial des Virus und erkennt auch kleine Mengen. Den Antigentests gelingt das weniger zuverlässig, wenn die Probe wenig Viren enthält, zum Beispiel zu Beginn oder Ende der Erkrankung oder wenn man kurz vor einer Speichelprobe etwas getrunken hat. Umgekehrt kann auch ein positives Ergebnis im Antigentest falsch sein; deshalb sollte ein PCR-Test folgen. Erst dann wird ein positiver Fall offiziell registriert.
Ab Mai 2022 sollen die Antigentests in unabhängigen Labors überprüft geben. Derzeit dürfen sich die Hersteller für eine Zulassung in Europa noch selbst zertifizieren, das heißt: Sie bescheinigen ihren Tests die Fähigkeit, ein vorliegendes Virus zu erkennen. Eine als Preprint veröffentlichte Studie kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis: 26 der 122 überprüften Tests genügten nicht einmal den Minimalanforderungen. Den deutschlandweiten Laboruntersuchungen zufolge wurde in mindestens einem Viertel der Fälle sogar eine sehr hohe Viruslast übersehen.
Wie gut funktionieren Antigen-Schnelltests bei Kindern?Hier die Ergebnisse von Studien aus acht Ländern
Damit hat mehr als jeder fünfte Test die Voraussetzung für zuverlässige Ergebnisse nicht erfüllt, berichtet die Gruppe um Heinrich Scheiblauer vom Paul-Ehrlich-Institut. Das Kriterium ist eine Sensitivität von 75 Prozent. Der Test muss mindestens in 75 Prozent der Fälle Alarm schlagen, wenn in der Probe eine bestimmte Virusmenge vorliegt. Die Menge wird definiert durch den Ct-Wert: Er gibt an, wie oft eine Probe im Labor vermehrt werden muss, bis das Erbgut von Sars-CoV-2 nachweisbar ist. Bei einem Ct-Wert von 25 oder darunter ist die Viruslast »sehr hoch« – und die betreffende Person sehr ansteckend. Proben mit einem Ct-Wert von 25 bis 30 bescheinigten die Forschenden eine »hohe« und jenen zwischen 30 und 36 eine »moderate« Viruslast.
Knapp 80 Prozent schlugen auf drei von vier Proben mit sehr hoher Viruslast an und hatten damit bestanden, wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, unter anderem vom Robert Koch-Institut und der Berliner Charité, berichten. 60 Prozent der Tests entdeckten sogar sämtliche hochinfektiösen Proben.
Ab einem Ct-Wert von mehr als 25 nahm die Empfindlichkeit ab. Aber 4 der 122 Tests reagierten so sensibel, dass sie 86 Prozent aller infizierten Proben entdeckten. Fazit der Gruppe: »Die Mehrheit der Antigentests erkennt eine hohe Viruslast mit einer Sensitivität von mehr als 75 Prozent, was die Anwendung in der frühen symptomatischen Phase rechtfertigt.«
Aktualisierte Liste der Testergebnisse
Im Dezember hat das Paul-Ehrlich-Institut neue Zahlen zur Sensitivität von Antigen-Schnelltests veröffentlicht.
Zu einem ähnlichen Schluss kam bereits 2020 ein Review des unabhängigen Wissenschaftsnetzwerks Cochrane: Antigentests könnten im Fall von Symptomen nützlich sein, um den Verdacht auf Covid-19 zu klären. Doch Autorin Jacqueline Dinnes von der University of Birmingham warnte zugleich: »Diese Tests scheinen bei Menschen, die keine Symptome von Covid-19 haben, nicht so gut zu funktionieren.« Deshalb müssten sich Menschen mit negativem Testergebnis klar machen, dass sie trotzdem infiziert sein können.
So steht es auch auf der Corona-Website des Bundesgesundheitsministeriums: »Bei infizierten Personen, die bereits Symptome aufweisen, zeigen die erhältlichen Selbsttests dies zuverlässig an.« Eine infizierte Person könne aber ein negatives Ergebnis haben, obwohl sie ansteckend ist. Denn beim Selbsttest sei eine größere Menge an Viren erforderlich, um ein positives Ergebnis anzuzeigen. Infektiös werden Betroffene allerdings schon etwa zwei Tage vor den ersten Symptomen, wenn die Viruslast oft noch zu gering ist, als dass ein Selbsttest die Infektion erkennen könnte.
Dennoch helfen die Schnelltests, Infektionsketten zu durchbrechen und die Pandemie einzudämmen: Besser man findet drei von vier Fällen als überhaupt keinen. Wer sich sicher sein will, andere nicht anzustecken, kann sich auf das Ergebnis eines Schnelltests allerdings nicht verlassen.
Immerhin sind Fachleute optimistisch, dass die Antigentests auch auf die neue Variante Omikron (B.1.1.529) anschlagen. Die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel meldete zwar, dass laut ersten Untersuchungen einige der Sars-CoV-2-Antigentests nicht empfindlich genug auf die Omikron-Variante reagieren. Vor allem in den ersten zwei Tagen zeigten Antigentests auch hohe Viruskonzentrationen nicht zuverlässig an. Das ergab eine kleine Studie an fünf US-Krankenhäusern, die ihr Personal täglichen Antigen- und PCR-Tests unterzogen. Eine größere Studie kam kurz darauf zu einem besseren Ergebnis: Zwar erkannte der Test des Herstellers Abbott im Mittel nur gut 50 Prozent jener Infizierten, die keine Symptome hatten oder erst seit wenigen Tagen erkrankt war. Doch bei hoher Viruslast waren es schon 90 bis 95 Prozent.
Das PEI geht davon aus, dass die meisten der in Deutschland angebotenen und positiv bewerteten Antigentests eine Omikron-Infektion entdecken, weil sie das Nukleo-Protein (N-Protein) des Coronavirus nachweisen, während die Mutationen der Omikron-Variante vor allem das S-Protein beträfen. Allerdings warnt das PEI, dass Antigentests allein Personen mit einer hohen Viruslast identifizieren – und auch das nur, wenn sie exakt nach Vorschrift angewendet werden. Eine Überprüfung mit dem echten Virus im Labor stehe aus. Laut Gesundheitsminister Karl Lauterbach soll das Paul-Ehrlich-Institut eine Liste jener Tests vorbereiten, die besonders geeignet sind, Omikron zu erkennen.
Anm. d. Red.: Wir haben den Artikel am 10.01. und 13.01.2022 um einen Hinweis auf aktuelle Testergebnisse und neue Erkenntnisse zum Nachweis der Omikron-Variante ergänzt.
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