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Sporternährung: Essen für Sieger

Es ist sinnvoll, die Ernährung auf den Sport abzustimmen. Empfehlenswert: Orangensaft und Rühreibrot. Proteinshakes – eher nicht. Bleibt die Frage nach Nahrungsergänzungsmitteln.
Die meisten Menschen treiben Sport, um gesund zu bleiben. Im Idealfall unterstützt die Ernährung das Ziel.

Die Muskeln arbeiten auf Hochtouren, das Herz schlägt schneller als sonst, die Lunge atmet am Limit: Beim Sport mobilisiert der Körper alle Systeme, um leistungsfähig zu bleiben. Das erfordert eine Menge Energie und ganz bestimmte Nährstoffe. Spitzensportler wissen das. Um Höchstleistungen abrufen zu können, legen sie nicht nur Wert auf hartes Training, sondern auch auf eine gesunde Ernährung. Fastfood? Kommt nicht auf den Teller. Denn Burger, Pommes und Ähnliches wären der falsche Treibstoff für einen Sportlerkörper.

»Sport und Ernährung hängen eng miteinander zusammen«, sagt Anja Carlsohn, Professorin für Ernährungswissenschaft und Ökotrophologie an der HAW Hamburg. »Die meisten Menschen treiben Sport, um gesund zu bleiben oder eine bestimmte Leistung zu erreichen. Im Idealfall unterstützt die Ernährung das jeweilige Ziel, und das erreicht man nicht mit Pommes und Schokolade.«

Nun könnten Sportler sagen, sie dürften essen, was immer sie wollen – schließlich verbrennen sie so viele Kalorien. »Das mag zutreffen, wenn man die Ernährung auf die Energiebilanz reduziert«, sagt Carlsohn, die auch Leiterin der AG Sporternährung des Deutschen Olympischen Sportbunds ist. »Doch Ernährung ist mehr als Kalorienzählen. Auf die Qualität kommt es an.« Und auf das Timing. Denn mit dem Körper ist es ein bisschen wie mit dem Motor eines Autos: Die beste Leistung bringt er, wenn er zur richtigen Zeit den richtigen Treibstoff bekommt. Mit dem falschen Sprit gerät er ins Stottern.

Wer Muskeln aufbauen will, sollte auf die Gesamtenergie achten

Je nach Ziel und Sportart sollten Athleten bei der Ernährung andere Schwerpunkte setzen, rät Carlsohn: »Will ich abnehmen oder Muskeln aufbauen, schneller oder kräftiger werden?« Ausdauersportler bräuchten eher Kohlenhydrate und mehr Flüssigkeit als Nichtsportler. Kraftsportler, die an Muskelmasse zulegen möchten, benötigen Eiweiß. »Wobei man diesen Eiweißmythos nicht zu sehr füttern sollte«, sagt die Ernährungswissenschaftlerin: »Weil die Allermeisten über die normale Ernährung schon genug Proteine zu sich nehmen, müssen sie Eiweiß nicht zusätzlich zuführen.« Wer Muskeln aufbauen wolle, dürfe neben einer hohen Proteinzufuhr die Gesamtenergie nicht außer Acht lassen, ergänzt Helen Bauhaus von der Abteilung Sporternährung der Deutschen Sporthochschule Köln. »Ohne eine mindestens ausgeglichene Energiebilanz funktioniert der Muskelaufbau nicht«, sagt sie, »dazu gehört dann auch eine ausreichende Zufuhr an Fett und Kohlenhydraten.«

»Wir empfehlen keine Proteinshakes, sondern eher natürliche Lebensmittel«Anja Carlsohn

Ohne Kohlenhydrate und Proteine klappt es zudem nicht mit der Erholung: Für eine gelungene Regeneration nach dem Sport ist Eiweiß unerlässlich. »Wir Ernährungswissenschaftler empfehlen jedoch keine Proteinshakes oder Eiweißriegel, sondern eher natürliche Lebensmittel«, sagt Anja Carlsohn. Sie rät nach dem Sport beispielsweise zu einem Vollkornbrot mit Käse und einem Glas Milch, einem Salat mit 100 Gramm Putenbrust oder Brot mit Rührei. »Wer das isst, führt dem Körper nicht nur Eiweiß, sondern zusätzlich Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe zu.«

Fastfood fördert Entzündungen

All diese Nährstoffe sind zudem wichtig, um Infekte zu vermeiden: Ist der Körper nach dem Sport richtig ausgepowert, haben Viren und andere Krankheitserreger für eine Weile leichtes Spiel. Athleten schließen das »open window«, wenn sie innerhalb der ersten ein bis zwei Stunden nach Belastungsende Kohlenhydrate zu sich nehmen. »Ein bisschen Obst reicht schon, um das Infektrisiko zu verringern«, sagt Carlsohn. Fastfood dagegen, das hat eine Studie Bonner Wissenschaftler bewiesen, fördert Entzündungen und macht das Immunsystem regelrecht aggressiv.

So gelingt Hobbysportlern das richtige Timing:

  • Vor dem Sport: Starten Sie weder mit leerem noch mit zu vollem Magen ins Training. Vor allem vor längeren Trainingseinheiten sollten die Kohlenhydratspeicher gut gefüllt sein – Low-Carb-Diäten sind für ambitionierte Sportler eher ungeeignet. »Nehmen Sie in den letzten vier Stunden vor Beginn der Belastung ein paar kohlenhydratreiche Snacks zu sich«, rät Helen Bauhaus und empfiehlt Bananen, fettarme Müsliriegel oder ein selbst gemachtes Porridge.
  • Während des Sports: Wer weniger als eine Stunde Sport treibt, muss dabei nichts essen. »Ab einer Stunde Dauer jedoch sollten Leistungssportler Kohlenhydrate zuführen, damit der Körper die Belastung aufrechterhalten kann«, erklärt Bauhaus. Freizeitsportler, die beim Sport vor allem abnehmen wollen, sollten während einer Trainingseinheit eher auf eine zusätzliche Energiezufuhr verzichten. Bei langen Ausdauerbelastungen ab zwei Stunden gehört Natrium ins Getränk, um einer Hyponatriämie vorzubeugen, einer lebensgefährlichen Elektrolytstörung. »Eine Prise Salz pro Liter reicht«, sagt Ernährungsexpertin Anja Carlsohn. »Übertreiben sollte man es nicht, da die meisten schon mehr als genug Salz zu sich nehmen und bei Freizeitsportlern sonst der blutdrucksenkende Effekt des Sports reduziert werden kann.«
  • Nach dem Sport: Binnen ein bis zwei Stunden nach dem Sport sollten Hobbysportler ihre leeren Speicher wieder auffüllen. »Kakao beispielsweise vereint Kohlenhydrate und Eiweiß, was die Regeneration unterstützt«, sagt Helen Bauhaus. »Alternativen sind Quark mit Obst und Haferflocken oder ein Brot mit Hummus, fettarmem Käse oder Schinken.« Die Kohlenhydratspeicher des Körpers wieder aufzufüllen, sei vor allem wichtig, »wenn am nächsten Tag wieder Training ansteht«.
»Ein großes Glas Orangensaft oder eine halbe Paprika decken bereits den Bedarf – dafür muss niemand in die Apotheke rennen«Anja Carlsohn, Ernährungswissenschaftlerin

Die Heilung von Sportverletzungen lässt sich – anders als manche meinen – durch eine bestimmte Ernährung nicht beschleunigen. »Ein paar Studien empfehlen zwar Omega-3-Fettsäuren gegen Entzündungen oder Vitamin C für eine bessere Kollagenproduktion«, berichtet die Hamburger Ernährungswissenschaftlerin Anja Carlsohn. »Viel kann man mit der Ernährung aber nicht gegen einen Muskelfaserriss tun.«

Nahrungsergänzungsmittel

Und wie sieht es mit Nahrungsergänzungsmitteln aus? Jeder dritte Erwachsene nimmt welche, im Jahr 2018 kauften Menschen rund 225 Millionen Packungen. Vor allem Vitamin C und Magnesium sind bei den Deutschen beliebt, ergab eine Marktanalyse von Insight Health im Auftrag des Lebensmittelverbands Deutschland.

Das Problem ist nur, dass Nahrungsergänzungsmittel in den allermeisten Fällen nicht notwendig sind. »Ein großes Glas Orangensaft oder eine halbe Paprika decken bereits den Bedarf – dafür muss niemand in die Apotheke rennen«, sagt Carlsohn. Nur bei vom Arzt festgestellten Mangelzuständen seien manchmal Ergänzungen erforderlich, wenn eine Ernährungsumstellung nicht geholfen hat. Carlsohns Kollegin Helen Bauhaus bestätigt: »Sportler, die sich bewusst und vielseitig überwiegend von Grundnahrungsmitteln ernähren, brauchen keine Magnesiumtabletten.« Wissenschaftler sind sich einig, was Vitaminpillen, Elektrolytpulver oder Kapseln mit Spurenelementen angeht: Wer sich gesund ernährt, braucht keine.

Ernährungsmythen und warum sie nicht stimmen

Nach einer halben Stunde joggen habe ich mir die Pizza verdient.

Vor allem wer abnehmen will, sollte bedenken, dass Sport allein dafür nicht reicht. Um ein Kilogramm Fett loszuwerden, muss man etwa 9000 Kilokalorien verbrennen. Zum Vergleich: Eine 65 Kilogramm schwere Frau, die eine halbe Stunde joggt, verbrennt je nach Tempo 200 bis 300 Kilokalorien. Eine Pizza Salami hat 837 Kilokalorien.

Wenn man Durst hat, ist es schon zu spät.

»Vor 20 Jahren dachte man, das Durstgefühl werde beim Sport unterdrückt«, sagt Anja Carlsohn von der HAW Hamburg. Heute sei bekannt, dass das nicht stimmt. »Sportler müssen nicht so viel wie möglich trinken.« Im Gegenteil: Das kann gefährlich werden, wenn es zur Hyponatriämie kommt. Von ständigem Trinken beim Sport raten Experten ab. Das Durstgefühl sagt uns schon, wann der Körper Flüssigkeit braucht.

Die Ernährungsempfehlungen ändern sich ständig.

Das ist falsch. Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und des Bundeszentrums für Ernährung sind seit Jahren ziemlich solide. Im Internet kursieren jedoch Ratschläge von Bloggern oder zweifelhaften Institutionen, die einen anderen Eindruck vermitteln. Hier ist Vorsicht geboten.

Die ketogene Diät hilft beim Abnehmen.

Hartnäckig hält sich der Glaube an die ketogene Diät im Kraftsport, mit der Leute Fett verbrennen wollen, indem sie auf Kohlenhydrate verzichten. Die Ernährungswissenschaftlerin Carlsohn betont: »Das funktioniert nicht. Studien belegen, dass man dadurch eher fettfreie Masse verliert.« Was Sportler bedenken sollten: Wer weniger als 50 Gramm Kohlenhydrate am Tag isst, kann nicht auf die empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse kommen.

Eine vegane Ernährung macht Sportler fitter.

Aus ethischen und Klimaschutzgründen ist es zwar sinnvoll, tierische Produkte zu meiden, »zum besseren Sportler wird dadurch aber niemand«, sagt Helen Bauhaus. Die Ernährung selbst derart drastisch umzubauen, berge zudem das Risiko einer Mangelernährung. Das wiederum kann bei hoher Trainingsbelastung die Infekt- und Verletzungsanfälligkeit steigern. Athleten, die sich vegan ernähren wollen, »brauchen Knowhow und eine gute Planung und sollten sich entsprechend beraten lassen«, sagt Bauhaus.

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