Land unter: Welche Städte am schnellsten versinken
Weltweit rückt das Meer an die Küsten vor – und in manchen Regionen ist der Klimawandel derzeit nicht einmal das größte Problem. Viele Küstenstädte versinken ganz buchstäblich, weil der Boden unter ihnen zusammensackt. Eine Arbeitsgruppe um Cheryl Tay von der Nanyang Technological University in Singapur hat sich nun einen globalen Überblick über das Ausmaß des Problems verschafft. Wie das Team in »Nature Sustainability« berichtet, sind schnell wachsende Megastädte in Asien am stärksten betroffen. In Städten wie Tianjin, Ho-Chi-Minh-Stadt, Chittagong, Rangun oder Jakarta übertrifft der relative Meeresspiegelanstieg durch den zusammensackenden Boden den globalen Anstieg durch den Klimawandel um das Sechs- bis Zehnfache.
Dass eine Stadt versinkt, kann mehrere Ursachen haben. Küstenstädte stehen meist auf weichen, relativ wasserreichen Sedimenten, die unter ihrem eigenen Gewicht langsam zusammensacken. Wenn nicht regelmäßig von oben neues Sediment aufgespült wird, zum Beispiel durch Flusshochwasser, sinkt das Land ab. Zu diesem Prozess tragen auch Gebäude bei, deren Gewicht den Untergrund zusammendrückt. Außerdem sinkt der Boden ab, wenn Grundwasser abgepumpt wird – in vielen schnell wachsenden Städten mit hohem Wasserbedarf die wichtigste Ursache. Auch Ölförderung kann Land absinken lassen.
Die Arbeitsgruppe nutzte Daten des Radarinterferometers InSAR des Satelliten Sentinel-1, um die Bodenbewegungen in den 48 bevölkerungsreichsten Küstenstädten weltweit mit hoher Auflösung zu messen. Dadurch erhielt sie statt einer einzelnen Punktmessung, wie sie in vielen Untersuchungen aus Pegelmessungen errechnet werden, eine Übersicht über die Bodenbewegungen im gesamten Stadtgebiet. Die angegebene Absinkrate entspricht dem Mittelwert der am schnellsten absinkenden Regionen. Dabei gebe es einen Zusammenhang zwischen Sinkgeschwindigkeit und der betroffenen Landfläche. Je schneller die am stärksten betroffenen Stadtteile absinken, desto größere Teile der Stadt sinken ab.
Insbesondere aber offenbaren die Daten, wie stark die Absinkraten sowohl zwischen den Städten als auch im Stadtgebiet selbst schwanken. So ist die Schwankungsbreite zwischen Städten ein Vielfaches der im 6. IPCC-Bericht angegebenen Schätzung. Das Team um Tay weist außerdem darauf hin, dass die stärksten Absinkraten meist nur kleine Teile der Stadt betreffen. Entsprechend dürften sich Schutzmaßnahmen nicht an Mittelwerten für das gesamte Stadtgebiet orientieren, sondern sollten ganz spezifisch auf das betroffene Gebiet zugeschnitten werden.
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