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Kreativ und dynamisch: Die guten Seiten von ADHS

Impulsiv – oder energiegeladen und spontan? Die Kernprobleme von ADHS können zugleich eine Stärke sein. Die meisten Betroffenen verbinden mit ihrer Störung auch positive Eigenschaften.
Eine Hand pinselt wilde Linien auf eine weiße Leinwand. Auf dem Boden stehen Farbtöpfe und -tuben.
Ungewöhnliche Kunst entsteht nicht in gewöhnlichen Köpfen.

Die Forschung zur Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) konzentriert sich fast ausschließlich auf die mit der Störung verbundenen Defizite. Einer neuen Studie zufolge ist diese Sicht einseitig. »Fast alle Betroffenen berichten auch von positiven Aspekten von ADHS«, schreibt die Gruppe um Lessa Schippers und Martine Hoogman von der Radboud-Universität in Nimwegen in der Fachzeitschrift »Frontiers in Psychiatry«.

Das niederländische Forschungsteam hatte für die Studie 200 Betroffene über eine Organisation für ADHS angeworben. Nur wenige unter den Befragten sahen überhaupt keine Vorteile im Zusammenhang mit ihrer ADHS-Diagnose. Die übrigen nannten insgesamt mehr als 50 verschiedene positive Eigenschaften. Sie ließen sich zu fünf Kernmerkmalen zusammenfassen: Kreativität, Dynamik, Flexibilität, sozial-emotionale Kompetenzen und kognitive Fähigkeiten.

Ob jemand der Störung mehr oder weniger Positives abgewinnen konnte, hatte weder mit dem Alter noch mit Therapieerfahrung zu tun. Allerdings wussten Frauen mehr über gute Seiten von ADHS zu berichten als Männer, vor allem im Bereich Flexibilität (51 versus 27 Prozent) und sozial-emotionale Kompetenzen (53 versus 34 Prozent).

Die Ergebnisse passen zu älteren Befunden, die ebenfalls vor allem einen Zusammenhang von ADHS und Kreativität feststellten. Aber gehören diese positiven Aspekte tatsächlich zur Störung dazu? Darüber weiß man zwar noch nicht viel, doch die Autorinnen und Autoren scheinen überzeugt davon. »Kernsymptome von ADHS wie Impulsivität können ein Problem darstellen, aber auch eine Stärke«, lautet ihr Fazit.

Sie empfehlen, diese Stärken zu erfragen und bewusst zu machen. Das könne das Selbstwertgefühl steigern, Depressionen mindern und die Lebensqualität verbessern. Auch bei der Therapie sei das zu berücksichtigen. Zum einen, um die guten Eigenschaften zu erhalten. Es gebe zwar keine Hinweise, dass Psychopharmaka gegen ADHS die Kreativität mindern, bei anderen positiven Aspekten könne das jedoch anders sein. Zum anderen wollten Betroffene womöglich deshalb auf Medikamente verzichten, weil sie ADHS nicht als Störung verstehen, sondern als eine Ausprägung auf einem »neurodiversen« Kontinuum, ähnlich wie es viele autistische Menschen tun.

Die Forschenden geben zu bedenken, dass ihre Stichprobe nicht repräsentativ für Menschen mit AHDS sei und es sich bei den Antworten um die Innensicht der Betroffenen handelte. Objektive Messungen seien nötig, um die Selbsteinschätzungen zu bestätigen und die positiven Aspekte in das Bild der Störung integrieren zu können.

Rund jedes 20. Kind leidet unter ADHS, und die Störung kann ein Leben lang andauern. Zu den wichtigsten Merkmalen zählen Hyperaktivität, Impulsivität und Aufmerksamkeitsprobleme, die deutlich stärker ausgeprägt sind, als dem jeweiligen Alter angemessen wäre. Damit verbunden kommt es oft zu kognitiven Problemen, Schwierigkeiten in der Schule oder im Beruf und manchmal auch in zwischenmenschlichen Beziehungen.

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