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News: Wellenreiter

Lärchenwickler-Raupen fressen in den Alpen ganze Wälder kahl - mit schöner Regelmäßigkeit etwa alle neun Jahre. Wann und wo die Plage auftritt, ist keineswegs zufällig, wie ein Modell nun bestätigt.
Traurige braune Baumgerippe sind alles, was übrig bleibt, wenn die Raupen des Lärchenwicklers (Zeiraphera diniana) ihren Hunger an den frischen Nadeln der Europäischen Lärche (Larix decidua) gestillt haben. Statt grüner Hänge sehen manche Alpentäler dann aus, als wäre gerade der Herbst hereingebrochen – würde nicht die restliche Flora den Frühling verkünden.

Das Massenauftreten der Schädlinge wiederholt sich alle neun Jahre, und zwar schön regelmäßig seit über einem Jahrhundert. Die Plage beginnt in den Westalpen und breitet sich zunehmend nach Osten aus. Etwa drei Jahre lang fressen die Raupen die Bäume kahl, dann jedoch hält ein Parasit sie in Schach: Eine Wespe, die ihre Eier in den Raupenkörper ablegt. Die sich daraus entwickelnden Larven fressen den Schmetterlingsnachwuchs von innen auf, und statt einem Falter schlüpft letzendlich – eine Wespe. Die Plage bricht zusammen, und die Wälder können sich erholen. Bis zum nächsten Mal.

1964 begann Werner Baltensweiler, damals noch an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, akribisch Jahr für Jahr das Ausmaß der Schäden und die räumliche Ausdehnung aufzuzeichnen, um der dahinter steckenden Dynamik auf die Spur zu kommen. Mithilfe von Hochleistungsrechnern ist das Ottar Bjørnstad von der Pennsylvania State University und seinen Kollegen nun gelungen: Sie entwickelten aus den 135 zur Verfügung stehenden Zeitreihen ein Modell des Geschehens.

Und ihr Modell gab tatsächlich das aus dem Freiland bekannte Muster wieder: Das Massenvorkommen der Raupen breitet sich wellenartig nach Nordosten aus, und zwar um knapp 220 Kilometer pro Jahr. Zu diesem Ergebnis kamen die Forscher aber erst, als sie den Tieren einräumten, eine bestimmte Ausbreitungsrichtung zu bevorzugen, oder unterschiedliche Lebensraumqualität berücksichtigten. Ließen sie den Lärchenwicklern im Modell freie Wahl für die zukünftige Heimstatt oder genügte das neue Zuhause, egal wo, immer den Ansprüchen, zeigten sich keine gerichteten Wellen. Stattdessen traten die Plagen dann räumlich in einem chaotischen Muster auf oder dehnten sich nicht in gerichteten, sondern in kreisförmigen Wellen reihum aus.

Der Nachteil des Modells ist, dass es momentan noch hoch spezifisch ist: Mehr als die Entwicklung von Lärchenwickler-Plagen kann es bisher nicht vorhersagen. Bjørnstad und seine Kollegen arbeiten aber daran, eine allgemeinere Grundlage zu schaffen. Denn ein solches Instrument ist nur nur in der Schädlingsbekämpfung interessant, sondern auch in der Epidemiologie: Krankheitsepidemien wie Masern oder Pocken breiten sich auf ganz ähnliche Weise aus. Und ob nun ein Baum unter Raupen leidet und Hilfe von einem Parasiten bekommt oder Kinder durch Viren erkranken und Medikamente sie wieder auf die Beine bringen – letztendlich ist da kaum ein Unterschied.

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