Raumfahrt: Weltraummüll beschädigt Lasersatellit
Zum zweiten Mal in der Geschichte der Raumfahrt wurde ein aktiv genutzter Satellit durch ein Stück Weltraummüll schwer beschädigt: Am 22. Januar 2013 kollidierte ein winziges Trümmerstück mit dem russischen Laserreflektorsatelliten BLITS (Ball lens in the space). Dabei wurde die große Halbachse des bislang auf einer Kreisbahn in 820 Kilometer Höhe umlaufenden Satelliten um 120 Meter reduziert. Ferner verschob sich die Rotationsachse des Satelliten, und seine Rotationsperiode verkürzte sich von zuvor 5,6 Sekunden auf 2,1 Sekunden.
Wegen der veränderten Bahn- und Lageeigenschaften konnten die russischen Forscher des International Laser Ranging Service (ILRS) den Satelliten nicht mehr zu Vermessungszwecken nutzen – bis zu dem Vorfall hatten sie seine Bahn mit Laserstrahlen auf Millimeter genau verfolgt, um das Schwerefeld der Erde zu vermessen.
Anfang Februar wandten sich die russischen Forscher deshalb an das "Center for Space Standards and Innovation" (CSSI) in den USA, um ihrem Verdacht nachzugehen, dass eine Kollision mit Weltraummüll ihren Satelliten beschädigt haben könnte. Anhand der Radardaten des US-Militärs, das Trümmerstücke im erdnahen Weltraum und darüber hinaus erfasst, katalogisiert und verfolgt, stellte sich heraus, dass am 22. Januar das Trümmerstück mit der Katalogbezeichnung NORAD 30760 um 08:56 Uhr MEZ bis auf 3,1 Kilometer dem Satelliten BLITS nahe gekommen sein musste. Dies schien zunächst eine Kollision auszuschließen. Allerdings lagen der Zeitpunkt der größten Annäherung und der Zeitpunkt, zu dem die Bahn- und Lageänderung von BLITS erfolgt sein musste, höchstens zehn Sekunden auseinander. Daher ist es doch wahrscheinlich, dass NORAD 30670 der Übeltäter war.
Aus den Bahndaten von BLITS nach dem 22. Januar konnten die Forscher eine Geschwindigkeitsänderung von 62 Millimetern pro Sekunde ermitteln. Bei einer Masse von BLITS von 7,53 Kilogramm und einer Relativgeschwindigkeit von 9,68 Kilometern pro Sekunde folgt daraus eine Masse für das Trümmerstück von etwa 0,08 Gramm.
Die Kollision ist besonders ärgerlich, denn NORAD 30670 ist ein Fragment des mutwillig zerstörten chinesischen Satelliten Fengyun 1C. Er wurde am 11. Januar 2007 durch eine chinesische Satellitenabwehrrakete, die vom Erdboden aus zu Demonstrationszwecken startete, völlig auseindergerissen. Dabei entstanden mehr als 40 000 Trümmerstücke größer als ein Zentimeter und Millionen noch kleinerer Partikel, die sich im weiteren Umfeld der Bahn von Fengyun 1C verteilten und seitdem andere Satelliten bedrohen.
Unabhängig von diesem Ereignis kollidierte am 10. Februar 2009 der aktive US-Kommunikationssatellit Iridium 33 mit dem ausgedienten russischen Satelliten Kosmos 2251. Dabei wurden beide Satelliten völlig zerstört und erzeugten ebenfalls große Trümmerwolken.
Der nun weitgehend unbrauchbare BLITS ist ein rein passiver Satellit und besteht aus speziellen Glassorten. Er gliedert sich in zwei gläserne hohle Halbkugeln mit einem Durchmesser von 17 Zentimetern, von denen eine an der Außenwand mit einer hellen Reflexionsschicht überzogen ist. Im Zentrum des Satelliten befindet sich bündig anschließend eine massive Glaskugel aus hochbrechendem Glas. Reflektor und Glaskugel sollen auftreffende Laserstrahlen zum Absender zurückwerfen, worauf dieser den Abstand zum Satelliten auf Millimeter genau vermessen kann. BLITS diente unter anderem zur Vermessung des Erdschwerefelds und seiner Veränderungen.
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