Laser-Ranging: Weltraumschrott lässt sich auch tagsüber orten
Unmengen von Weltraumschrott umkreisen unsere Erde: alte, nicht mehr aktive Satelliten, Oberstufen von Raketen, Teile von explodierten Satelliten, Trümmer von Kollisionen. Experten gehen davon aus, dass sich mehr als 5000 Objekte mit einer Größe von mindestens einem Meter im Erdorbit befinden. Weniger als 1500 davon sind aktive Satelliten. Um diese vor Zusammenstößen mit dem Müll zu bewahren, orten Wissenschaftler zunehmend die genaue Position der Trümmer- und Schrottteile und berechnen ihre Umlaufbahn.
Ein Verfahren, das zum Einsatz kommt, ist das Laser-Ranging. Dabei ermitteln Forscher zunächst mit Hilfe eines Teleskops die Position eines Objekts am Himmel. Abschließend strahlen sie das Ziel mit einem speziellen Laser an und berechnen auf Basis der Zeit, die das von dem Objekt reflektierte Licht zurück zu einem Detektor benötigt, die Entfernung des Objekts. Das Verfahren hat allerdings einen Haken: Es kann nur während der Dämmerung zuverlässig eingesetzt werden, wenn die Messstation auf der Erde im Dunkeln liegt, der Weltraummüll aber nach wie vor von der Sonne beleuchtet wird. Und genau diese Schwachstelle will ein Team um Michael A. Steindorfer vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz nun behoben haben.
22 statt 6 Stunden Beobachtungszeit
Die Forscher verfeinerten die Einstellungen von Teleskop, Detektor und Filter, um den Kontrast der Objekte auch vor taghellem Himmel zu erhöhen. Außerdem entwickelten die eine Echtzeit-Zielerkennungssoftware, mit deren Hilfe sich ungenaue Vorhersagen bezüglich der Position der Objekte leichter korrigieren lassen. Steindorfer und seine Kollegen demonstrierten, dass sich so auch im hellen Tageslicht Weltraummüll zuverlässig orten lässt, indem sie die Position von vier Raketenteilen bestimmten. Das erhöhe die Zeit, in der sich Weltraumschrott etwa an der Space-Laser-Ranging-Station in Graz aufspüren lässt, von 6 auf 22 Stunden täglich, wie die Forscher im Fachmagazin »Nature Communications« schreiben.
Weltraumschrott ist inzwischen zu einer großen Herausforderung für die Raumfahrt geworden. Er gefährdet nicht nur militärische Spähaktionen, sondern zum Beispiel auch wissenschaftliche Missionen, Navigations- und Kommunikationssatelliten. Um ihn zu beseitigen – oder am besten gar nicht erst weiterhin entstehen zu lassen – haben Wissenschaftler bereits mit allerhand kreativen Ideen aufgewartet. So schlugen sie etwa unter anderem vor, die Internationale Raumstation (ISS) mit einer Laserkanone auszustatten, um den Weltraumschrott aus dem Orbit zu pusten. Im Mai 2020 plädierte ein Team um Matthew Burgess von der University of Colorado in Boulder dafür, die Zahl der ausgemusterten technischen Geräte im Erdorbit durch die Einführung einer Art »orbitaler Nutzungsgebühr« zu reduzieren. Einigen konnte man sich bislang allerdings auf keine dieser Lösungen.
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