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Living Planet Index: Weltweit sind die Tierbestände um 68 Prozent gesunken

Die Menschheit vernichtet ungebremst den Lebensraum der meisten Tierarten. Das zeigt der »Living Planet Index«: Er ist in nun erneut deutlich eingebrochen.
Frosch im Wasser

Alle zwei Jahre erscheint der »Living Planet Index«, der wie ein Aktienindex den Zustand der Natur beschreibt. Und alle zwei Jahre müssen die Herausgeber – der World Wildlife Fund und die Zoological Society of London – wieder Besorgnis erregende Tiefstände vermelden.

Verglichen mit dem Ausgangsjahr 1970 ist der Index nun um 68 Prozent gesunken. Das bedeutet: Im Schnitt schrumpfte eine Tierpopulation um 68 Prozent. Vor zwei Jahren verzeichnete der Index einen Rückgang von 60 Prozent. Das zeigt, dass die Biodiversitätskrise und das Artensterben sogar noch Fahrt aufgenommen haben.

Grund dafür sei in erster Linie menschliche Aktivität, schreiben die Verfasser in einem begleitenden Bericht, dem »Living Planet Report 2020«, dem nunmehr 13. in Folge. Der Klimawandel spiele dabei noch eine untergeordnete Rolle. Derzeit sind es vor allem die Zerstörung von Lebensräumen und die Übernutzung von natürlichen Ressourcen, die den Tierbeständen zusetzen. Über kurz oder lang würden aber auch die steigenden Temperaturen Auswirkungen zeigen. Gerade Tierarten, die über Jahrzehnte geschwächt wurden und in einem stark von menschlicher Aktivität zerschnittenen Ökosystem leben, könnten nur schwer oder gar nicht auf die veränderten Bedingungen reagieren.

Vor allem Süßwasserbewohner leiden unter dem Menschen, heißt es in dem Bericht. Ihre Bestände schrumpften gegenüber 1970 um durchschnittlich 84 Prozent. Die Aufschlüsselung nach Weltregionen verzeichnet die verheerendsten Rückgänge in Südamerika und der Karibik. Sie stünden »herausragend schlecht« da, sagt der Vorstand Naturschutz beim WWF, Christoph Heinrich, der Deutschen Presse-Agentur. »Sie haben über 90 Prozent ihrer Tiere verloren.«

In Europa liegt das Minus bei 25 Prozent. Das verhältnismäßig gute Ergebnis erklärt sich laut Heinrich dadurch, dass die stärksten Eingriffe in die Landschaft hier vor 1970 und damit vor Beginn des Untersuchungszeitraums geschehen seien.

Der Index errechnet sich anhand von gewichteten Daten aus Feldforschung an rund 4400 Wirbeltierarten, die 21 000 Populationen angehören. Anhand des Indexes soll sich der globale Trend ablesen lassen. Das bedeutet, dass nicht alle untersuchten Populationen zwangsläufig in vergleichbarem Maß schrumpfen. Manche sind konstant geblieben oder verzeichneten sogar einen Zuwachs, was zeigt, dass Bemühungen um den Artenschutz durchaus Wirkung zeigen können.

So vermeldeten Wildtierexperten beispielsweise erst kürzlich, dass sich die Zahl wild lebender Tiger in Asien verdoppelt hat. Und gäbe es keinen Artenschutz, wären seit 1993 wohl nicht 10, sondern bis zu 32 Vogelarten ausgestorben, und nicht 5, sondern sogar bis zu 16 Säugetierarten, ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Studie im Fachblatt »Conservation Letters«.

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