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News: Weltwirtschaft weiterhin labil

Nach den erneuten Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten im zweiten Halbjahr 1998 hat sich die Expansion der Weltwirtschaft wie des Welthandels infolge der Krisen in Asien, in Rußland und in Lateinamerika weiter verlangsamt. Etwa zwei Fünftel der Welt befinden sich in einer Rezession, darunter das wirtschaftlich gesehen zweitwichtigste Land der Welt, Japan, schreibt das HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung-Hamburg in seinem jüngsten Bericht zur Lage der Weltkonjunktur.
Die Weltproduktion nahm 1998 mit etwa 2 % gegenüber dem Vorjahr zu. Das war nur noch halb so viel wie im Jahr zuvor. Von einer rezessiven Entwicklung blieben vor allem die USA und die Mitgliedsländer der Europäischen Währungsunion (EWU) infolge einer robusten Inlandsnachfrage verschont. Doch auch hier wurde die Konjunktur durch einen Einbruch der Exporte in die Krisenregionen deutlich gedämpft.

Die Inlandsnachfrage erwies sich jedoch zumindest bis zum vergangenen Herbst als relativ robust. Frühindikatoren sowie die Entwicklung des wirtschaftlichen Klimas deuten indes daraufhin, daß sich die konjunkturelle Expansion auch hier merklich verlangsamt. Von der Finanz- und Wirtschaftskrise in einer Reihe von Schwellenländern gehen aber auch Einflüsse aus, die die Inlandsnachfrage in den westlichen Industrieländern stützen. So haben die weiter gesunkenen Rohstoffpreise die Produktionskosten der Unternehmen gesenkt und die Realeinkommen, und damit den privaten Verbrauch, gestärkt. Zudem fielen die Kapitalmarktzinsen infolge einer Umlenkung des Kapitals in sichere Anlagen, insbesondere in Anleihen der USA und westeuropäischer Länder, und weiter sinkender Teuerungserwartungen, aber auch einer weltweit schwächeren Kapitalnachfrage deutlich.

Insbesondere seit dem Herbst wurde der Rückgang der langfristigen Zinsen auch durch Senkungen der Leitzinsen in den USA und in den Ländern der EWU unterstützt. Beide Zentralbanken dürften an dem gegenwärtigen leicht expansiv ausgerichteten geldpolitischen Kurs festhalten. Sollte sich jedoch ein nachhaltiger Abschwung abzeichnen oder ergäben sich erneut größere Risiken für die Konjunktur, etwa infolge weiterer Turbulenzen an den internationalen Finanz- und Devisenmärkten, wäre eine zusätzliche Senkung der Leitzinsen wahrscheinlich. Zur allgemeinen Lockerung der Geldpolitik kam im vergangenen Jahr in den Ländern der EWU eine zumindest nicht mehr dämpfend wirkende Finanzpolitik hinzu. In diesem und im nächsten Jahr dürfte die Finanzpolitik etwa konjunkturneutral ausgerichtet bleiben. Gleiches gilt für die USA, wo das gesamtstaatliche Budget, begünstigt durch den langen Aufschwung, wieder einen Überschuß aufweist. Dagegen hat die japanische Regierung den expansiven Kurs in der Finanzpolitik, der allerdings erst Anfang vergangenen Jahres die zuvor ausgeprägt restriktive Ausrichtung ersetzt hatte, im November massiv verstärkt. Auch in mehreren ostasiatischen Schwellenländern wurde die Geld- und Finanzpolitik merklich gelockert.

Unter diesen Umständen erwarten wir kein Abgleiten der Weltwirtschaft in eine Rezession. Von den insgesamt erheblich günstigeren makropolitischen Rahmenbedingungen und den weiter gesunkenen Kapitalmarktzinsen gehen insbesondere in den Industrieländern im weiteren Verlauf dieses Jahres merkliche Anregungen auf Nachfrage und Produktion aus. Zudem werden die dämpfenden Einflüsse aus der übrigen Welt schwächer. Zwar wird in Rußland der rasante Rückgang von Nachfrage und Produktion bei unverändert großen Reformdefiziten anhalten, und in Lateinamerika wird sich die wirtschaftliche Aktivität nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten Brasiliens weiter deutlich abflachen. Aber in den ostasiatischen Krisenländern sind Anzeichen für eine Stabilisierung der Produktion unverkennbar.

In den USA wird sich die bisher rasche Expansion der Inlandsnachfrage jedoch verlangsamen. Der private Verbrauch dürfte erheblich schwächer zunehmen, schon weil die auf Null gesunkene Sparquote wohl wieder steigen wird. Dies dürfte auch die Investitionsneigung dämpfen. Das reale Bruttoinlandsprodukt wird dort unter diesen Umständen in diesem und auch im nächsten Jahr merklich langsamer ausgeweitet werden als 1998. In der EWU wird die Investitionsneigung zwar durch die in den letzten Monaten gesunkene Auslandsnachfrage ebenfalls gedämpft. Insbesondere die günstigen monetären Rahmenbedingungen dürften die Beeinträchtigung jedoch in engen Grenzen halten, zumal der Leistungsaustausch mit der übrigen Welt im Vergleich zur Inlandsnachfrage gering ist. Zudem wird sich der private Verbrauch bei einer nicht zuletzt stabilitäts- und beschäftigungsbedingt merklichen Steigerung des Realeinkommens unverändert deutlich erhöhen.

Die Preise dürften in den westlichen Industrieländern im weiteren Jahresverlauf wieder steigen, wenn auch nur leicht, schon weil die Löhne zumeist wohl etwas stärker als im vergangenen Jahr erhöht werden. Im Zuge der sich wieder erholenden Weltkonjunktur dürfte auch der Rückgang der Weltmarktpreise für Rohstoffe auslaufen.

Die Leistungsbilanzsalden werden sich schon wegen des anhaltenden Konjunkturgefälles weiter verschieben. Von außenwirtschaftlichen Impulsen geht für die Krisenländer ein wichtiger Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung aus. Die Passivierungstendenzen in den Leistungsbilanzen sind dabei von den USA und Westeuropa hinzunehmen, zumal sich auf längere Sicht über Wechselkursanpassungen und eine Rückkehr zum Wachstum in den Krisenländern wieder gegenläufige Tendenzen durchsetzen werden. Protektionistische Maßnahmen würden hingegen eine Erholung der Weltwirtschaft erschweren.

Die Prognose ist mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet; es geht weit über die "normalen" Schwierigkeiten bei der Bestimmung von Wendepunkten und des anschließenden Entwicklungstempos hinaus. In einer Reihe von Schwellenländern, aber auch in Japan sind umfassende grundlegende strukturelle und institutionelle Schwächen zu bewältigen. Dies gilt nicht zuletzt für deren Finanzsektoren, die infolge unrealistischer Bewertungen von Forderungen, Überschuldung und Unterkapitalisierung tendenziell instabil sind. Nach den seit nunmehr zwei Jahren wiederholt und teilweise drastisch nach unten revidierten Prognosen für die Weltwirtschaft besteht jedoch auch die Möglichkeit, daß es zu einer zügigeren Erholung kommt als hier für wahrscheinlich gehalten. Namentlich in den ostasiatischen Krisenländern könnte die der Stabilisierung folgende Aufwärtstendenz stärker sein. Insgesamt ist die Gefahr einer ungünstigeren Entwicklung als prognostiziert aber erheblich größer.

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