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News: Wenig Rückhalt

Sind die gesamten europäischen Landlebensräume samt ihrer Bewohner eine Quelle oder eine Senke für das Klimagas Kohlendioxid? Und eignen sie sich für Klimaschutzmaßnahmen? Die erste europäische Kohlenstoff-Gesamtbilanz nennt ernüchternde Zahlen.
Seit Jahren steht fest, dass die terrestrische Biosphäre – also die gesamten von Lebewesen besiedelte Festlandsbereiche vom Boden bis in die Atmosphäre – auf der Nordhalbkugel der Erde außerhalb der Tropen Kohlendioxid aufnimmt und so zur Stabilisierung des globalen Klimas beiträgt. Die geographische Verteilung dieses als "Kohlenstoff-Senke" bezeichneten Prozesses zwischen Nordamerika, Europa und Sibirien ist jedoch noch immer umstritten.

Eine europäische Forschergruppe, darunter Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena, hat jetzt erstmals mit einer umfassenden Kohlenstoffbilanz gezeigt, dass Europas Biosphäre sehr wahrscheinlich nur eine vergleichsweise kleine Kohlenstoffsenke ist. Die Wissenschaftler verwendeten dazu den Trick, die Werte von zwei Seiten einzugrenzen. Dabei werden zwei unterschiedliche Berechnungen völlig unabhängig voneinander durchgeführt, um trotz noch vorhandener methodischer Schwierigkeiten und unzureichender Daten eine zuverlässige Bilanz zu erstellen. Denn die Unsicherheiten sowohl in Atmosphärenstudien als auch in Hochrechnungen von Ökosystemstudien oder Forstinventaren sind noch so hoch, dass keiner der beiden Ansätze allein Europa als Quelle oder Senke sicher bestimmen könnte. Werden die Messdaten jedoch verglichen und kommen beide Herangehensweisen zu ähnlichen Ergebnissen, ist diese Aussage mit großer Wahrscheinlichkeit richtig.

Im Ergebnis haben die Wissenschaftler eine Kohlenstoffsenke in Europas Biosphäre von 135 und 205 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr errechnet. Dies entspricht sieben bis zwölf Prozent der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen in Europa. Nur zum Vergleich: Weltweit nimmt die Biosphäre bis zu einem Drittel der vom Menschen verursachten Kohlenstoff-Emissionen wieder auf.

Die Spannbreite der Schätzung für Europa ist allerdings immer noch sehr breit: So würde laut den Atmosphärenstudien doppelt so viel Kohlenstoff gespeichert, als die Summe aus Hochrechnungen von verschiedenen Ökosystemtypen ergab. Dabei sind heute die Hochrechnungsverfahren bereits viel komplexer als die einfachen, kaum überprüfbaren Anrechnungsverfahren für Kohlenstoffsenken, die unter dem Kyoto-Protokoll verwendet werden dürfen und die somit leicht zu Fehleinschätzungen führen können. Annette Freibauer, an der Studie beteiligte Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, sagt deshalb: "Nur der in unserer Studie verwendete Ansatz, alle Quellen und Senken der Biosphäre zu bilanzieren, ist durch Atmosphärenstudien verifizierbar und sollte deshalb auch in zukünftigen Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll aufgegriffen werden."

Die Hochrechnungen der Wissenschaftler ergaben, dass Wälder und möglicherweise auch Grünland CO2 aufnehmen, während Äcker und genutzte Feuchtgebiete CO2 in ähnlicher Größenordnung wieder abgeben. Und da praktisch die gesamte europäische Landfläche heute der menschlichen Nutzung unterliegt, haben Land- und Forstwirtschaft einen entscheidenden Einfluss auf die Kohlenstoffbilanz Europas. Eine gezielte Bewirtschaftung könnte deshalb die Kohlenstoffsenke für die nächsten Jahrzehnte verstärken, indem die Kohlenstoffaufnahme in den Wäldern gefördert und die Kohlenstoffabgabe aus Äckern und genutzten Feuchtgebieten reduziert wird.

"Doch damit könnte man nur kurzfristig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten", erklärt Freibauer. "Bereits nach wenigen Jahrzehnten wäre die Speicherkapazität der Biosphäre gesättigt beziehungsweise würde durch Klimawandel oder veränderte Landnutzung wieder zu einer Kohlenstoffquelle. Die Kohlenstoffspeicherung in der Biosphäre ist in Europa zeitlich begrenzt und mengenmäßig gering im Vergleich zu den anthropogenen CO2-Emissionen. Sie kann daher keinesfalls Maßnahmen zur Emissionsminderung in Europa ersetzen."

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