Dunkle Materie: Weniger Dunkle Materie dafür mehr Sterne
Aufnahmen des Weltraumteleskops Herschel enthüllten, wie viel Dunkle Materie nötig ist, damit sich neue Galaxien mit aktiven Sternentstehungsregionen bilden. Die Ergebnisse sind ein Meilenstein in der Erforschung des frühen Universums und tragen zum Verständnis bei, wie Dunkle Materie die Geburt massereicher Galaxien beeinflusste. Die von Herschel entdeckten, in Staub eingehüllten Galaxien scheinen weit weniger Dunkle Materie zu benötigen als bisher angenommen, um Gas anzusammeln und Sternbildung zu ermöglichen.
300 Milliarden Sonnenmassen Dunkler Materie genügen, wie eine in Nature veröffentlichte Studie von Alexander Amblard von der University of California und seinen Kollegen ergab. Dies klingt zwar nach einer riesigen Menge, ist aber im Vergleich zur gängigen Theorie bedeutend weniger. Bis dahin hatten die Theoretiker geglaubt, dass Galaxien gar 5000 Milliarden Sonnenmassen an Dunkler Materie bräuchten, um eine große Anzahl an Sternen zu bilden – mehr als das Zehnfache der neuen Resultate.
Hinter dem größten Anteil der Galaxienmassen wird die mysteriöse Dunkle Materie vermutet. Die Existenz dieser unsichtbaren Substanz, die unser Universum durchdringen soll, beruht allein auf der Theorie. Die Astronomen glauben, dass eine Dunkle Materie existieren muss, die mit ihrer Gravitationswirkung rotierende Galaxien davor bewahrt, sich selbst auseinander zu reißen. Riesige Klumpen Dunkler Materie wirken als Gravitationsquellen und ziehen mit ihrer Masse Gas und Staub an. Wenn ein Gemisch aus Gas und Staub in eine solche massereiche Quelle hineinfällt, kondensiert es, kühlt ab und ermöglicht die Bildung neuer Sterne. Im Laufe der Zeit entstehen genügend Sterne und eine Galaxie ist geboren. Ist zu wenig Dunkle Materie vorhanden, so "versandet" die Entwicklung der Galaxie. Zu viel führt hingegen dazu, dass das Gas nicht genug abkühlt und sich statt einer großen Galaxie bloß viele kleinere Sternsysteme entwickeln.
Galaxien sammeln sich in Gruppen
Das Herschel-Teleskop der europäischen Weltraumbehörde ESA befindet sich in einem Gleichgewichtspunkt des Erde-Sonne-Systems und durchmustert den Himmel im infraroten Strahlungsbereich. Das abgebildete Lichtmuster, die kosmische Hintergrundstrahlung, überzieht den Himmel wie ein Netz. Herschels Daten schufen die ersten detaillierten Karten des kosmischen Infrarothintergrunds. Amblard und seine Kollegen untersuchten das gesammelte Infrarotlicht junger massereicher Galaxien, die zehn bis elf Milliarden Lichtjahre entfernt sind. Die Strahlung dieser weit entfernten Galaxien gibt Einblick in die ihrer Entstehung zugrunde liegenden Prozesse und deckt den Einfluss der Dunklen Materie auf.
Die Infrarotkarte zeigte, dass sich Galaxien häufiger in Gruppen ansammeln als bisher geglaubt. Die Zahl von Galaxienanhäufungen hängt von der Dunklen Materie ab. Mittels komplizierter numerischer Simulationen konnten die Astronomen exakt bestimmen, wie viel Dunkle Materie für eine einzelne sich entwickelnde Galaxie benötigt wird; nämlich 300 Milliarden Sonnenmassen – weniger als gedacht. Eine Analyse der Helligkeitsflecken auf der Infrarotkarte brachte eine weitere Neuigkeit zum Vorschein: Die Rate der Sternentstehung ist drei- bis fünfmal höher als vorher aus ähnlichen Beobachtungen des Hubble-Teleskops und anderer Teleskope im sichtbaren Lichtbereich geschlossen. Galaxien mit einigen hundert Sonnenmassen wachsen also rasant, da die Geburt der Sterne überraschend schnell verläuft.
Rahel Heule
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