Quantenphysik: Wenn Bosonen zu Fermionen werden
Manche sind gesellig, andere eher Einzelgänger: Was wir von unseren Mitmenschen kennen, gilt auch in der Welt der Teilchen. Doch wenn es dort ultrakalt wird, sollten auch die kontaktfreudigen Gesellen auseinander rücken, so eine 40 Jahre alte Idee. Jetzt wurde sie erstmalig realisiert.
In der Natur existieren zwei fundamentale Arten von Teilchen, so genannte Bosonen und Fermionen. Treffen mehrere Bosonen oder mehrere Fermionen aufeinander, so zeigen sie ein ausgeprägt unterschiedliches "Sozialverhalten": Während Bosonen eher geselliger Natur sind und sich am liebsten so nahe wie möglich beieinander aufhalten, sind Fermionen Einzelgänger, die den Kontakt zu ihresgleichen meiden.
Das "Sozialverhalten" der Atome oder subatomaren Teilchen hängt dabei allein von ihrem Eigendrehimpuls, dem so genannten Spin, ab. Dieser gibt an, wie schnell sich ein Teilchen um sich selbst dreht. Bosonen weisen einen ganzzahligen Spin auf, und gemäß der Quantenmechanik besetzen identische Bosonen bevorzugt denselben Quantenzustand bei tiefen Temperaturen. Solch ein kollektives Verhalten führt zu spektakulären Phänomenen wie der Bose-Einstein-Kondensation oder der Erzeugung von Laserlicht. Alle anderen Teilchen – eben die Fermionen – besitzen dagegen einen halbzahligen Spin. Sie können sich daher gemäß der Quantenmechanik nicht im selben Quantenzustand aufhalten. Dieses "Ausschlussprinzip" erklärt unter anderem die Besetzung der diskreten Energieniveaus eines Atoms mit Elektronen, die einen Spin von ½ besitzen, sowie die Eigenschaften von elektrischen Leitern.
Ein solch typisches fermionisches oder bosonisches Verhalten kann jedoch komplett verändert werden, wenn starke Wechselwirkungen zwischen den Atomen vorliegen. Kürzlich konnten zum Beispiel zeigen, dass sich Fermionen mit einer attraktiven Wechselwirkung untereinander zu Bosonen vereinigen können. Dies führt zu einer erstaunlichen Änderung der Quanteneigenschaften und zu makroskopischen Quantenphänomenen, wie der Supraleitung oder der jüngst entdeckten Bose-Einstein-Kondensation von Molekülen aus fermionischen Atomen.
Nun konnten Forscher des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik um Belén Paredes, Ignacio Cirac und Theodor Hänsch gemeinsam mit Kollegen der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz um Immanuel Bloch zeigen, dass Bosonen sich unter speziellen Bedingungen wie Fermionen verhalten können. Mit ihren Resultaten haben die Forscher zum ersten Mal einen neuen Quantenzustand der Materie erzeugt, der vor nahezu 40 Jahren von dem amerikanischen Physiker Marvin Girardeau vorausgesagt worden ist und als Tonks-Girardeau-Gas bezeichnet wird. In einem solchen Gas aus Bosonen können sich die Teilchen nur entlang einer Raumrichtung bewegen. Zusätzlich wirkt zwischen ihnen eine starke abstoßende Wechselwirkung. Diese verhindert, dass sich zwei Atome nahe kommen können und imitiert damit das Ausschlussprinzip für Fermionen.
Um diesen verblüffenden neuen Quantenzustand der Materie zu erreichen, mussten die Forscher mit einem ultrakalten Quantengas aus Bosonen, einem Bose-Einstein-Kondensat, beginnen, dessen Temperatur nur wenige hundert Nano-Kelvin betrug. In einem solchen Bose-Einstein-Kondensat besetzen alle bosonischen Atome einen einzigen Quantenzustand. Dies wurde von Albert Einstein (1879-1955) und Satyendra Nath Bose (1894-1974) im Jahr 1925 vorausgesagt. Die erstmalige Realisierung eines Bose-Einstein-Kondensats im Jahr 1995 wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Die Forscher erzeugten zunächst mit Hilfe von Laserlicht eine Falle aus mikroskopischen Potenzialröhren, um die Bewegung der Atome auf eine Raumrichtung zu beschränken. Dies wird erreicht, indem man am Ort des Bose-Einstein-Kondensats mehrere Laserstrahlen überlagert, deren Interferenzmuster ein Gitter aus Lichtröhren bewirkt. Wird die Intensität des Laserlichts nun langsam erhöht, so verteilen sich die Atome des Bose-Einstein-Kondensats auf mehrere tausend dieser Lichtröhren. In jeder dieser eng einschließenden Mikrofallen können sich die Atome nur entlang der Röhre bewegen, da die radiale Bewegung bei den ultrakalten Temperaturen komplett ausgefroren ist. So kann die Bewegung der Atome auf eine Dimension eingeengt werden – diese können sich nicht seitwärts bewegen, sondern nur entlang einer Raumrichtung, ganz anders, als wir dies aus unserer dreidimensionalen Umwelt gewohnt sind.
Die üblichen abstoßenden Wechselwirkungen zwischen den bosonischen Atomen sind jedoch noch zu schwach, um zu einem fermionischen Verhalten zu führen. Um die Wechselwirkungen weiter zu erhöhen, haben die Forscher eine neue Methode entwickelt und umgesetzt: Mit Hilfe eines dritten schwachen periodischen Potenzials entlang der Röhren verhalten sich die Atome wie effektiv schwerere Teilchen, da sie nun in ihrer Bewegung entlang der Röhren zusätzlich die Berge und Täler überwinden müssen. Hierdurch kann die Bewegungsenergie der Teilchen gegenüber der Wechselwirkungsenergie herabgesetzt werden. Die Wechselwirkungen spielen unter diesen Bedingungen eine dominierende Rolle für die Dynamik der Atome und sorgen auf diese Weise für die Fermionisierung der Bosonen.
Hier muss man jedoch in der Bosonen-Fermionen-Maskerade keineswegs Halt machen, für zukünftige Experimente haben Belén Paredes und Ignacio Cirac vorausgesagt, dass sich solche "fermionisierten" Bosonen zu Paaren zusammenschließen können, welche sich wiederum wie Bosonen verhalten – ähnlich wie Cooper-Paare in einem Supraleiter, was die Forscher in neuen Experimenten untersuchen wollen.
Das "Sozialverhalten" der Atome oder subatomaren Teilchen hängt dabei allein von ihrem Eigendrehimpuls, dem so genannten Spin, ab. Dieser gibt an, wie schnell sich ein Teilchen um sich selbst dreht. Bosonen weisen einen ganzzahligen Spin auf, und gemäß der Quantenmechanik besetzen identische Bosonen bevorzugt denselben Quantenzustand bei tiefen Temperaturen. Solch ein kollektives Verhalten führt zu spektakulären Phänomenen wie der Bose-Einstein-Kondensation oder der Erzeugung von Laserlicht. Alle anderen Teilchen – eben die Fermionen – besitzen dagegen einen halbzahligen Spin. Sie können sich daher gemäß der Quantenmechanik nicht im selben Quantenzustand aufhalten. Dieses "Ausschlussprinzip" erklärt unter anderem die Besetzung der diskreten Energieniveaus eines Atoms mit Elektronen, die einen Spin von ½ besitzen, sowie die Eigenschaften von elektrischen Leitern.
Ein solch typisches fermionisches oder bosonisches Verhalten kann jedoch komplett verändert werden, wenn starke Wechselwirkungen zwischen den Atomen vorliegen. Kürzlich konnten zum Beispiel zeigen, dass sich Fermionen mit einer attraktiven Wechselwirkung untereinander zu Bosonen vereinigen können. Dies führt zu einer erstaunlichen Änderung der Quanteneigenschaften und zu makroskopischen Quantenphänomenen, wie der Supraleitung oder der jüngst entdeckten Bose-Einstein-Kondensation von Molekülen aus fermionischen Atomen.
Nun konnten Forscher des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik um Belén Paredes, Ignacio Cirac und Theodor Hänsch gemeinsam mit Kollegen der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz um Immanuel Bloch zeigen, dass Bosonen sich unter speziellen Bedingungen wie Fermionen verhalten können. Mit ihren Resultaten haben die Forscher zum ersten Mal einen neuen Quantenzustand der Materie erzeugt, der vor nahezu 40 Jahren von dem amerikanischen Physiker Marvin Girardeau vorausgesagt worden ist und als Tonks-Girardeau-Gas bezeichnet wird. In einem solchen Gas aus Bosonen können sich die Teilchen nur entlang einer Raumrichtung bewegen. Zusätzlich wirkt zwischen ihnen eine starke abstoßende Wechselwirkung. Diese verhindert, dass sich zwei Atome nahe kommen können und imitiert damit das Ausschlussprinzip für Fermionen.
Unter solchen Bedingungen zeigen die Bosonen ausgeprägte fermionische Eigenschaften. So würde beispielsweise eine Messung des Dichteprofils des gefangenen Gases keine Unterschiede zwischen Fermionen und Bosonen aufweisen. Interessanterweise ist das Verhalten der stark wechselwirkenden Bosonen jedoch nicht vollständig fermionischer Natur. Wie Fermionen versuchen die "fermionisierten" Bosonen sich weit voneinander wegzubewegen. Sie sind andererseits aber nicht ganz so wählerisch wie ihre fermionischen Kollegen, und es macht ihnen nichts aus, den gleichen Geschwindigkeitszustand zu besetzen. Dies führt zu einer charakteristischen Geschwindigkeitsverteilung der "fermionisierten" Bosonen in einem Tonks-Girardeau-Gas, die weder der eines Bose-Einstein-Kondensats noch der eines Gases aus Fermionen entspricht.
Um diesen verblüffenden neuen Quantenzustand der Materie zu erreichen, mussten die Forscher mit einem ultrakalten Quantengas aus Bosonen, einem Bose-Einstein-Kondensat, beginnen, dessen Temperatur nur wenige hundert Nano-Kelvin betrug. In einem solchen Bose-Einstein-Kondensat besetzen alle bosonischen Atome einen einzigen Quantenzustand. Dies wurde von Albert Einstein (1879-1955) und Satyendra Nath Bose (1894-1974) im Jahr 1925 vorausgesagt. Die erstmalige Realisierung eines Bose-Einstein-Kondensats im Jahr 1995 wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Die Forscher erzeugten zunächst mit Hilfe von Laserlicht eine Falle aus mikroskopischen Potenzialröhren, um die Bewegung der Atome auf eine Raumrichtung zu beschränken. Dies wird erreicht, indem man am Ort des Bose-Einstein-Kondensats mehrere Laserstrahlen überlagert, deren Interferenzmuster ein Gitter aus Lichtröhren bewirkt. Wird die Intensität des Laserlichts nun langsam erhöht, so verteilen sich die Atome des Bose-Einstein-Kondensats auf mehrere tausend dieser Lichtröhren. In jeder dieser eng einschließenden Mikrofallen können sich die Atome nur entlang der Röhre bewegen, da die radiale Bewegung bei den ultrakalten Temperaturen komplett ausgefroren ist. So kann die Bewegung der Atome auf eine Dimension eingeengt werden – diese können sich nicht seitwärts bewegen, sondern nur entlang einer Raumrichtung, ganz anders, als wir dies aus unserer dreidimensionalen Umwelt gewohnt sind.
Die üblichen abstoßenden Wechselwirkungen zwischen den bosonischen Atomen sind jedoch noch zu schwach, um zu einem fermionischen Verhalten zu führen. Um die Wechselwirkungen weiter zu erhöhen, haben die Forscher eine neue Methode entwickelt und umgesetzt: Mit Hilfe eines dritten schwachen periodischen Potenzials entlang der Röhren verhalten sich die Atome wie effektiv schwerere Teilchen, da sie nun in ihrer Bewegung entlang der Röhren zusätzlich die Berge und Täler überwinden müssen. Hierdurch kann die Bewegungsenergie der Teilchen gegenüber der Wechselwirkungsenergie herabgesetzt werden. Die Wechselwirkungen spielen unter diesen Bedingungen eine dominierende Rolle für die Dynamik der Atome und sorgen auf diese Weise für die Fermionisierung der Bosonen.
Um nachzuweisen, dass tatsächlich ein solches Tonks-Girardeau-Gas erzeugt wurde, haben die Forscher eine theoretische Voraussage über die Geschwindigkeitsverteilung der Atome in den Potenzialröhren errechnet, die auf der Annahme von "fermionisierten" Bosonen beruht. Diese Voraussagen haben die Forscher mit den experimentell gemessenen Verteilungen verglichen und hierbei eine bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment festgestellt.
Hier muss man jedoch in der Bosonen-Fermionen-Maskerade keineswegs Halt machen, für zukünftige Experimente haben Belén Paredes und Ignacio Cirac vorausgesagt, dass sich solche "fermionisierten" Bosonen zu Paaren zusammenschließen können, welche sich wiederum wie Bosonen verhalten – ähnlich wie Cooper-Paare in einem Supraleiter, was die Forscher in neuen Experimenten untersuchen wollen.
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