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News: Wenn der Körper nachts aufsteht, der Geist aber liegen bleibt

Wenn Sie körperlich aktiv sind, geistig aber gar nicht anwesend, dann ist es entweder zwei Uhr mittags und Sie verdauen gerade Ihr Mittagessen, oder Sie schlafwandeln. Denn wenn sich Schlafwandler nachts im Bett aufsetzen, an ihrer Decke zupfen und Unverständliches murmeln, dann ist ihr Körper aktiv, während der Geist sich dessen gar nicht bewusst ist. Im Unterschied zu 'normalen' Schläfern sind bei ihnen zwei Bereiche im Gehirn wach, die ansonsten während der Schlafphase abgeschaltet sind.
Manche Menschen stehen nachts auf, wandeln umher und wissen gar nichts von ihren nächtlichen Aktivitäten, außer sie werden von anderen dabei beobachtet oder gestört. Das Phänomen des Schlafwandelns wird während der so genannten "non-rapid eye movement"-Phase eingeleitet, in der ein von der Großhirnrinde abgeleitetes Elektroenzephalogramm (EEG) charakteristische langsame Wellen zeigt. Die Patienten stehen gewöhnlich auf und wandeln ruhig und ziellos umher. Gelegentlich beunruhigen sie sich aber auch, schreien, rennen und zeigen aggressives Verhalten. Dass der Geist schläft, während der Körper aktiv durch die Nacht wandelt, liegt in der Trennung geistiger und körperlicher Erregung.

Um einen Blick auf die nächtliche Aktivität im Gehirn eines Schlafwandlers zu werfen, haben Claudio Bassetti und seine Kollegen vom Department of Neurology im Inselspital in Bern einen 16-jährigen jungen Mann untersucht. Typischerweise stand er nachts ein bis zwei Mal auf und berichtete auch von erschreckenden Episoden, die allerdings nur selten auftraten. Im Wachzustand zeigten sein EEG und die Kernspintomographie keinen Unterschied zu den Gehirnaktivitäten von Menschen mit "normalem" Schlaf. In einer schlafwandlerischen Phase des Patienten konnten die Wissenschaftler allerdings eine diffuse, rhythmische Aktivität der delta-Wellen nachweisen.

Die Aktivität verschiedener Gehirnbereiche wurde anhand ihrer Durchblutung gemessen, welche die Neurobiologen mit einer so genannten single photon emission computed tomography (SPECT) verfolgten. Hierbei zeigten sich Unterschiede zwischen der Gehirnaktivität normaler Probanden und des Schlafwandlers, wenn er nachts sein Bett verließ. Bei denjenigen, die fest und selig schliefen, waren sowohl der präfrontale (im vorderen Gehirnbereich) wie auch der cingulate Cortex und der Thalamus deaktiviert, also durch einen geringeren Blutstrom versorgt. Wachte der Körper des Schlafwandlers allerdings auf, so zeigten auch der cingulate Cortex – der das Verhalten bei emotionalen Prozessen bestimmt – und der Thalamus Aktivität. Der präfrontale Cortex allerdings blieb auch bei ihm in diesem Zustand deaktiv. Die höchsten Anstiege der Blutversorgung während des Schlafwandelns – im Vergleich zu den ruhigen Schlafphasen – zeigten das vordere Kleinhirn (anterior cerebellum) und die hintere cingulate Großhirnrinde (posterior cingulate Cortex) (The Lancet vom 5. August 2000, Abstract).

Letztendlich scheinen Menschen, die nachts unbewusst ihr Bett verlassen und durch die Gegend wandern, Sklaven ihrer eigenen Gehirnaktivität zu sein. Während bei normalen Schläfern nachts alle Gehirnbereiche auf Sparflamme fahren, laufen bestimmte Areale bei Schlafwandlern immer noch auf Hochtouren, auch wenn sie am nächsten Morgen davon nichts mehr wissen.

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