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News: Wenn die Meere sauer sind

Aufgrund der steigenden Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre erhöht sich auch die Löslichkeit des Treibhausgases im Meerwasser. Nun konnten Wissenschaftler zum ersten Mal zeigen, dass es dort den Kalkalgen das Leben schwer macht, denn ihre kalkigen Gehäuse sind unter den veränderten chemischen Bedingungen immer weniger stabil.
Kohlendioxid (CO2) ist das Treibhausgas Nummer Eins. Allein in Deutschland werden alljährlich 0,2 Milliarden Tonnen freigesetzt, weltweit sind es gar sechs Milliarden Tonnen. Doch das Kohlendioxid wirkt nicht nur hoch oben in der Atmosphäre, sondern auch in den Ozeanen. Und dort haben es viele planktonische Organismen zunehmend schwerer, ihre kalkigen Gehäuse zu bilden (Nature vom 21. September 2000).

Kalkalgen bilden ihre Gehäuse im wesentlichen aus Calcium- und Magnesium-Carbonaten. Dazu müssen die Ionen, aus denen die Carbonate aufgebaut sind, im Meerwasser in so hohen Konzentrationen vorliegen, dass die Lösung übersättigt ist und die Minerale ausfallen können. Steigt die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre nun an, erhöht sich auch in den oberen Schichten der Ozeane rasch die Gaslöslichkeit. Als Folge bildet sich Kohlensäure. Der pH-Wert sinkt ab, und das Wasser wird sauer. Carbonate wirken in diesem System wie Puffer, denn sie gleichen die Säurebildung aus, indem sie sich auflösen. Solange in einem System Carbonate vorhanden sind, bleibt der pH-Wert demnach relativ konstant. Dieses Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht wird sich in den nächsten 100 Jahren zugunsten der Kalklösung verschieben. Ulf Riebesell vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und seine Kollegen vermuten, dass sich die Kalkübersättigung im Laufe dieser Zeit um rund 35 Prozent verringern wird.

Für unzählige marine Organismen kann dies ungeahnte Folgen haben, denn ihre Gehäuse und Schalen bestehen aus Carbonaten. Die Hauptgruppe kalkbildender Organismen sind die Coccolithophoriden. Die kaum 30 Mikrometer großen Kalkalgen leben in den oberen Bereichen der Ozeane und sinken nach ihrem Tod auf den Meeresgrund, wo sie schließlich riesige Kalklager bilden. Auf diese Weise entstanden beispielsweise auch die Kalkfelsen von Rügen und Dover.

Riebesell konnte mit seinen Kollegen nun zum ersten Mal nachweisen, dass die erhöhten CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre auch den kalkbildenden Organismen in den Ozeanen zusetzen. Die unter erhöhten CO2-Drücken kultivierten Organismen zeigten die gleichen Missbildungen wie Exemplare aus dem Nord-Pazifik. Welche Auswirkungen dies einmal auf die marinen Ökosysteme haben wird, ist derzeit noch gar nicht absehbar.

Doch die erhöhten Kohlendioxid-Gehalte in der Atmosphäre haben auch ihr Gutes. Für Landpflanzen könnte sich daraus ein Düngeeffekt ergeben, und in den Ozeanen würde sich aufgrund der verringerten Übersättigung auch weniger Carbonat bilden – und umso mehr Kohlendioxid löst sich. Ob der Anstieg der globalen CO2-Konzentrationen auf diese Weise also ausgeglichen werden kann? Mitnichten, denn die Aufnahmefähigkeit der Ozeane wird sich in den nächsten 100 Jahren um höchstens 30 Milliarden Tonnen erhöhen. Im Vergleich zu den CO2-Mengen, die allein der Mensch in jedem Jahr in die Atmosphäre entlässt, wäre diese Kapazität jedenfalls völlig unzureichend.

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