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News: Wenn Wirbel weich werden

Supraleiter transportieren Strom ohne 'Verluste'. Wie groß der Strom allerdings maximal sein darf, hängt vom Material und der Temperatur ab. Außerdem treten unter bestimmten Bedingungen kleine Verwirbelungen des Stroms auf, kleine Kreisströme, die den Stromfluss ebenfalls begrenzen können. Diese Wirbel bilden häufig eine eigene Gitterstruktur aus, unabhängig davon, was die Atome für eine Kristallstruktur vorgeben. Nun konnten Wissenschaftler zeigen, dass das Gitter der Wirbelchen regelrecht schmelzen und einfrieren kann - ganz wie es bei einem richtigen Kristallgitter der Fall ist.
Supraleiter sind ideale elektrische Leiter. Sie zeigen keinen Widerstand, sofern man sie unterhalb ihrer Sprungtemperatur abkühlt. Wenn ein sehr großer Strom durch den Supraleiter fließt oder ein starkes Magnetfeld anliegt, können sich jedoch viele kleine Wirbelströme im Material bilden, die das Phänomen Supraleitung unterdrücken können: "Wenn Wirbel vorhanden sind, ist ein Supraleiter kein Supraleiter mehr", meint Jeffrey Lynn vom National Institute of Standards and Technology dazu. Tatsächlich verursachen die Stromwirbel einen elektrischen Widerstand, wenn sie sich durch das Material bewegen. Nur wenn sie fest an einem Ort sitzen, kann Supraleitung auftreten. In der Realität verfangen sich die Wirbelchen aber auch schnell an Störstellen – Baufehlern im Kristallgitter des Materials –, sodass sich in normalen Materialien eine feste Gitterstruktur aus Wirbeln ausbildet und dem widerstandslosen Stromtransport nichts im Wege steht.

Physiker vermuteten bereits, dass auch ein anderer Effekt auf die Stromwirbel und deren Gitterstruktur zurückzuführen sei, die Hinweise waren aber bislang eher indirekter Natur: Wird ein Supraleiter erwärmt, dann sinkt die kritische Stromstärke; das ist die Stromstärke, bei der noch Supraleitung möglich ist. In einem bestimmten Temperaturbereich steigt sie jedoch wieder an, um dann wieder zu fallen – eine Spitze in der kritischen Stromstärke. Forscher nahmen bislang an, dass ein Aufweichen der Wirbelstruktur bei höheren Temperaturen für dieses Verhalten verantwortlich ist. Demnach könnten in einer aufgeweichten, gallertartigen Struktur die Wirbel einfacher zu Defekten im Kristall wandern und sich dort festsetzen, wodurch das Material mehr Strom transportieren kann.

Bislang haben Wissenschaftler allerdings keinen "Schmelzvorgang" einer Wirbelstruktur beobachten können, obwohl sie seit vierzig Jahren intensiv auf dem Gebiet forschen. Nun aber haben Sean Ling von der Brown University in Providence und seine Kollegen einen Weg gefunden, den Vorgang sichtbar zu machen. Dafür kombinierten sie die so genannte Neutronenbeugung, bei der Neutronen an der Probe gestreut werden und so Aufschluss über die Struktur geben, mit Messungen der magnetischen Suszeptibilität. Letztere ist ein Maß dafür, wie leicht sich Materie magnetisieren lässt, sie hängt außerdem direkt mit der kritischen Stromstärke zusammen. Die Physiker bauten ein Suszeptometer, mit dem es möglich war, genau den interessanten Bereich um den Spitzeneffekt einzustellen, während die Neutronenbeugung die Wirbelstruktur abbildete.

So war es den Wissenschaftlern möglich, bei einem Tieftemperatur-Supraleiter, dem Niob, den Bereich um das Maximum des kritischen Stroms zu untersuchen. Gleichzeitig beobachteten sie mittels Neutronenbeugung, wie der Wirbel zu schmelzen begann. Sie demonstrierten das, was Ling als Kennzeichen eines Phasenübergangs bezeichnet: Das Unterkühlen einer Flüssigkeit und das Überhitzen eines Festkörpers. Genau wie sehr reines Wasser unterhalb des Gefrierpunkts flüssig sein kann – bis eine kleine Erschütterung oder Verunreinigungen für Kristallisation sorgt – zeigte das Team, dass auch unterkühlte Wirbel "fest" werden, wenn sie ein oszillierendes Magnetfeld störte.

George Crabtree von den Argonne National Laboratory in Illinois hält die Entdeckung für einen Meilenstein auf diesem Forschungsgebiet. "Es ist das erste überzeugende Experiment, das zwei getrennte strukturelle Zustände zeigt, die man reproduzierbar erzeugen kann, und so deutlich auf einen Phasenübergang hinweisen." Da der Phasenübergang sogar unempfindlich gegenüber Komplikationen ist, die bei gewöhnlichen Festkörpern und Flüssigkeiten auftreten, wäre das System auch ideal für die Erforschung jeglicher anderer Schmelzphänomene, meint Crabtree.

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